Noch ist die hausärztliche, wohnortnahe Versorgung auf der Höri gesichert. Doch schon in einigen Jahren könnte sich das ändern. Denn die Hausärzte der Region werden immer älter, und sie finden nur noch schwer einen Nachfolger für ihre Praxis. Schuld am Hausarztmangel sind laut Jürgen Mäder und seine Kollegen Michael Otto, Thomas Allgäuer, Helga Grimme, Marie-Luise Mäder, Johannes Unterberg, Sonja Hinder – alles Ärzte, die auf der Höri tätig sind – die immer schlechter werdenden Arbeitsbedingungen.

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Bundesweite Protest-Kampagne

Um auf diesen Umstand aufmerksam zu machen, hat der Virchowbund zusammen mit dem Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (Spifa) und an­deren eine Kampagne „Praxis in Not“ gestartet. Die Höri-Ärzte haben sich mit einem Informationsstand vor der Arztpraxis von Mäder in Gaienhofen gleich neben dem örtlichen Einkaufsladen beteiligt.

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„Als ich 1998 angefangen hatte, gab es auf der Höri noch neun Arztpraxen, jetzt gibt es nur noch drei“, erinnert sich der Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, Jürgen Mäder. Und auch da sind die Zukunftsaussichten ungewiss. Die beiden Öhninger Hausärzte Michael Otto und Thomas Allgäuer sind bereits jetzt schon auf der Suche nach Nachfolgern, obwohl sie noch einige Jahre weiterarbeiten wollen. „Man muss mindestens fünf Jahre vorher schon anfangen zu schauen. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich aktuell sehr schwierig“, so Otto.

Fachkräftemangel ist sehr akut

Der Fachkräftemangel zeigt auch im medizinischen Bereich seine volle Wirkung. Doch warum wollen immer weniger Medizinstudenten Hausarzt werden? Für Studenten gebe es heute viel mehr Möglichkeiten, und die Selbstständigkeit sei bei Weitem nicht mehr so attraktiv, sagt Michael Otto. Obwohl die Tätigkeit eines Landarztes laut den am Protest beteiligten Ärzten schön, befriedigend und abwechslungsreich sei. Doch die Rahmenbedingungen würden immer schwieriger.

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Dabei gehe es nicht nur ums Geld. „Höhere Honorarforderungen sind eine verkürzte Darstellung der Diskussion“, sagt Johannes Unterberg, Arzt für Innere Medizin und Kardiologie, der erst seit Kurzem als Hausarzt in Gaienhofen tätig ist. Es gehe vielmehr um die zunehmenden Belastungen durch die Bürokratie, die Ärztinnen und Ärzten die Arbeit am Menschen erschweren würden. Viele Ideen seien ja nicht schlecht, sagt Unterberg, aber sie seien einfach katastrophal umgesetzt.

Digitalisierung, die nicht funktioniert

Vor allem die geforderte Digitalisierung in den Praxen würde nicht die erhoffte Arbeitserleichterung bringen. Ganz im Gegenteil. „Die Geräte funktionieren nicht, haben ständig Ausfälle und Störungen und alles dauert länger als zuvor“, fasst Jürgen Mäder zusammen. Mit den Patientinnen und Patienten könne man noch immer nicht sicher via E-Mail kommunizieren, Labor-Ergebnisse und andere Unterlagen könnten nur gefaxt oder per Post geschickt werden. „Und die Post auf der Höri ist so unzuverlässig, wir brauchen bald einen Kurier dafür“, sagt Mäder bitter. Allein die Digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sorge für massive Verzögerungen im Praxisalltag. Jeden Tag gebe es in dem System eine Störung, berichtet Mäder. „Die Dinge sind nicht ausgereift, wenn sie auf den Markt kommen“, sagt er.

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Auch ärgert sich Jürgen Mäder über die mangelnde Wertschätzung der Bundespolitik den Hausärzten gegenüber. „Wir sind Misstrauen und einer Regulierungswut ausgesetzt“, so der Hausarzt. Die Forderungen der Ärzte sind unter anderem die Wiedereinführung der Neupatientenregelung, das Ende der Budgetierung, eine Krankenhausreform, die das Potenzial des ambulanten Bereichs voll ausschöpft, mindestens 5.000 Medizinstudienplätze mehr pro Jahr und ein klares Bekenntnis von Politik und Kassen zur Freiberuflichkeit der Ärzte, wie es laut Ärzteblatt zusammengefasst wird.

Kommunale Politik will unterstützen

Diesen Forderungen schließen sich die Höri-Ärzte an. Denn eine gut funktionierende Hausarztbetreuung würde auch das komplette Gesundheitssystem entlasten, ist sich Jürgen Mäder sicher. „Nur wir können Fehl- und Überversorgung vorbeugen und die Weichen für eine effiziente Behandlung stellen“, so das Fazit des Hausarztes.

Auf der kommunalen Ebene erfahren die Ärzte mit ihrem Protest volle Unterstützung. Der Mooser Bürgermeister Patrick Krauss und der Gaienhofener Bürgermeister Jürgen Maas haben großes Verständnis für die Forderungen der Landärzte und betonen die Bedeutung einer wohnortnahen medizinischen Betreuung. Der Öhninger Bürgermeister Andreas Schmid weilte an diesem Tag im Urlaub. „Wir müssen neu denken bei der Planung und alles tun, um Ärzte zu unterstützen“, so Krauss. Jürgen Maas ergänzt: „Auch wenn unser Einflussbereich begrenzt ist, müssen wir uns beim Gemeindetag politisch für die Ärzte einsetzen.“