Uwe Hirt ist der Leiter des Bauamts der Gemeinde Öhningen. Laut Internetseite der Gemeindeverwaltung ist der Diplomverwaltungswirt für die Bau- und Liegenschaftsverwaltung, das Wasserrecht und für den Naturschutz in seiner Gemeinde zuständig. Doch Hirt sieht sich lieber als „der Teamleiter einer Bauabteilung“ der etwa 3600 Einwohner zählenden Gemeinde auf der Höri.

Denn sein Aufgabengebiet habe sich innerhalb der letzten 25 Jahre durch immer mehr Gesetze, Verordnungen und Normen von der Betreuung privater Bauvorhaben hin zur Baubetreuung, zur Koordination und bis zur Leitung von Bauprojekten verändert.

Ihm zur Seite stehen zwei Halbtagskräfte, mit denen er vormittags und nachmittags als Team zusammenarbeitet. Der 58-Jährige kennt mitunter Arbeitszeiten, in denen er von sieben Uhr morgens bis 23 Uhr im Rathaus, im Gemeinderat und auf den Baustellen aktiv ist.

Bauamtsleiter hat vielfältige Aufgaben

In dem Büro von Uwe Hirt laufen sämtliche Infrastrukturen Öhningens zusammen. Zu ihnen gehört die Abwasser- und Wasserversorgung, das heißt die Instandhaltung und der Bau von Leitungen und der Kanalisation, wie auch die Bauvorhaben in der Schule, in den Kindergärten, der Feuerwehren in drei Teilortschaften sowie der Straßen. Hirt übernimmt auch Aufgaben, die eigentlich dem Bund obliegen. Wie beispielsweise den kommunalen Ausbau eines schnellen Internets via Glasfaserkabel.

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Weil sich die Telekommunikationsfirmen auf größere Städte konzentriert hätten, so gebe es auf dem Land ein Marktversagen, sagt Uwe Hirt. „Rosinenpickerei“ nennt er dieses unternehmerische Verhalten. Und wenn die Gemeinde Öhningen ihre Bevölkerung in der modernen Telekommunikation nicht abgehängt sehen möchte, dann müsse die Verwaltung auch hier aktiv werden, sagt der Teamleiter der Bauabteilung.

„Die Aorta der Gemeinde“ Öhingen

Ein großer Teil seiner Arbeit passiert im Verborgenen. Denn im Gegensatz zu den Großprojekten wie das Augustiner Chorherrenstift, der Ausbau des Heizkraftwerks sowie der Bau des Solar- und des Windparks oder des neuen Vereinsheims würde man viele Infrastrukturmaßnahmen gar nicht offensichtlich sehen, sagt Hirt. Allein am Brühlbuckel zwischen dem Klosterplatz und den Sportplätzen liege unter der Erde die Wasserversorgung, der Kanal sowie die Brunnen-, Stütz-, Telefon-, Gas- und Glasfaserverbindungsleitung. Uwe Hirt spricht hier von „der Aorta der Gemeinde“.

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Alle großen Pläne und Projekte laufen genauso wie die privaten Bauvorhaben über seinen Schreibtisch. Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal übernahm Uwe Hirt zusätzlich ein neues Projekt in der Gemeinde: Den Schutz vor einem Sturzwasser. Dabei misst eine Drohne sämtliche Straßen in Öhningen dreidimensional aus.

Ausufernde Bürokratie erschwert die Arbeit

Das Aufgabengebiet von Uwe Hirt hat sich in den letzten 25 Jahren sehr stark verändert. Damals bestimmten eher die Verwaltungsarbeiten seinen Job, sagt Hirt. Für kommunale Bauvorhaben griff die Gemeinde gerne auf Ingenieure zurück. Bürgermeister Andreas Schmid und Uwe Hirt stellten jedoch schnell fest, dass die Ergebnisse und die Kostenprognosen oftmals nicht zusammenpassten. Seit jener Zeit plant und koordiniert Uwe Hirt die Projekte selbst – und übernimmt auch die Ausschreibung der Gewerke.

Dabei bestimmen Gesetze und Normen zunehmend seine Arbeit – aber auch die aufwendiger gewordenen Anträge für die Zuschüsse eines Projekts. Manchmal nehme der Aufwand für einen Zuschuss mit tausend Seiten die Summe der gesamten Förderkulisse ein, erklärt Hirt.

Antrag liegt acht Monate beim Land

Dabei könne eine Abwicklung des Förderantrags in einem sechsstelligen Kostenbereich liegen. Abgesehen vom monetären und zeitlichen Aufwand stehen oftmals auch die Bestimmungen des Bundes und der Europäischen Union in einem Zielkonflikt, beschreibt Uwe Hirt die, in seinen Augen, immer mehr ausufernden Bürokratie, die seine Arbeit erschwert.

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Die Bürokratie nehme erheblich Raum und Zeit ein, resümiert Uwe Hirt. Dabei kann sie dessen Urheber auch selbst torpedieren – wie beispielsweise beim Glasfaserausbau in Öhningen. Dessen Ausbau fördert der Bund gemeinsam mit dem Land. Uwe Hirt leitete dazu mit einem Fachbüro ein Verfahren für die Markterkundung ein und stellte für den Glasfaserausbau anschließend einen Förderantrag. Dieser sei vom Bund innerhalb von sechs Wochen genehmigt worden.

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Die Genehmigung manifestiere auch die Förderung vom Land, erklärt Hirt. Doch der Antrag für den Glasfaserausbau liegt beim Land seit acht Monaten auf Halde. Dadurch bekomme er nun ein Problem mit den vom Bund vorgegebenen Fristen.

Auch der Engener Bürgermeister Johannes Moser, Vorsitzender des Kreisverbandes Konstanz im baden-württembergischen Gemeindetag, hatte vor einem Jahr kritisiert, Bund und Länder würden den Kommunen immer mehr Aufgaben aufladen, die diese mittlerweile nicht mehr bewältigen können. Beispielsweise überfordere der Vorschlag für ein Transparenzgesetz vom Landesdatenschutzbeauftragten Stefan Brink, nach dem Kommunen bestimmte Dokumente öffentlich machen müssten, die Verwaltungen.

Auch der ständig verfeinerte Brandschutz, der laut Moser richtig viel Geld koste, um auch kleinste Risiken auszuschließen oder hohe Kosten dafür, eine Konzession für das Stromnetz europaweit auszuschreiben, würden die Kommunen überlasten.

Wunsch nach Abbau der Bürokratie

Hirt erklärt weiter, Bürokratie schaffe gleiche Grundlagen für alle. Und sie sei von der Idee her insofern gut, da sie dem Grundsatz der Gleichheit genügen würde. „Bürokratie ist das Korsett, in dem wir uns bewegen müssen“, sagt Hirt. Dabei versuche die Verwaltung so effizient wie möglich zu arbeiten.

Dennoch wünscht er sich einen Abbau der Bürokratie auf ein vernünftiges Maß. Die Richtschnur könne hierbei sein, was von der Funktion her sinnvoll ist, keinen Zielkonflikt hervorbringen oder sich selbst nicht torpedieren würde. Es sei aus seiner Sicht jedoch die Aufgabe der Regierung zu sagen: „Wo sind die Grenzen des Wachstums unserer Bürokratie?“