Zieht sich die Sparkasse tatsächlich aus der Radolfzeller Innenstadt zurück? Im Frühjahr sorgte die Bank mit ihrer Ankündigung, die Filiale am Marktplatz schließen und den Standort in der Zeppelinstraß/Höristraße zum sogenannten Flagship-Store mit Wohn- und Büronutzungen ausbauen zu wollen, für Wirbel. Dort sollen Anbindung und Parkmöglichkeiten besser sein als in der Innenstadt.

Am Marktplatz soll zwar ein Automat bleiben, doch für alles weitere müssten Kunden künftig weit laufen – zu Fuß wären es etwa 20 Minuten von der Innenstadt bis in die Zeppelinstraße. Die Sparkasse, so befürchten es viele, würde als Frequenzbringer wegfallen, was für Kunden und die Händler fatale Folgen haben könnte. Der Handelsverband Südbaden und etliche Gemeinderäte kritisierten das Vorhaben daher und forderten Alternative. Die Stadt ist dem nun nachgekommen und hat kommunale Flächen in Stadtnähe geprüft, die sie der Sparkasse Hegau-Bodensee für den Neubau anbieten. Doch ist das realistisch?

Diese Anforderungen hat die Sparkasse an den Standort

Die Sparkasse benötigt laut eigener Aussage an ihrem neuen Standort etwas 13.000 bis 15.000 Quadratmeter Geschossfläche. Aufgrund der Schließung von kleineren Filialen in der Umgebung sollte das Grundstück eine gute Verkehrsanbindung sowie eine zentrumsnahe Lage aufweisen. Gleichzeitig sollten ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen und eine schnelle Realisierung des Projekts möglich sein, heißt es in der Sitzungsvorlage zu den Wünschen der Sparkasse weiter.

Die Stadt hat daher kommunale Flächen auf diese Anforderungen hin untersucht und dabei zwei Grundstücke ausgemacht, die in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates nun als Angebot an die Bank zur Abstimmung standen.

Aurelislinse und Kapuzinerareal als Alternativen

Die eine Fläche wäre die Aurelislinse, die sich zwischen Bahngleisen und Friedrich-Werber-Straße westlich des Bahnhofs befindet. Das Areal hat laut Sitzungsvorlage eine Größe von etwa 22.000 Quadratmetern, sodass schon ein Teil davon für die Anforderungen der Sparkasse ausreichend wäre. Bereits im Frühjahr 2024 wäre eine Altlasten-Sanierung möglich, sodass schon 2025 mit der Bebauung begonnen werden könnte.

Das Areal biete ausreichend Parkmöglichkeiten, allerdings sei die Tragfähigkeit, wie bei vielen Grundstücken in Seenähe, problematisch. Eine direkte Anbindung an die Höri und in Richtung Steißlingen sei zwar nicht gegeben, allerdings besser als in der Innenstadt.

Zentraler als jetzt wird es auf jeden Fall nicht:

Die Standorte der bisherigen Sparkassenfilialen und der diskutierten Areale für einen Neubau.
Die Standorte der bisherigen Sparkassenfilialen und der diskutierten Areale für einen Neubau. | Bild: Steller, Jessica

Die zweite mögliche Fläche ist das Kapuzinerareal östlich des Bahnhofs mit einer Fläche von etwa 6000 Quadratmetern. Dort seien die Altlasten im Grund allerdings noch nicht ausreichend ermittelt, sodass sich das weitere Vorgehen hier verzögern könnte. Zudem sei aufgrund der vorhandenen Regenklärbecken nicht die Gesamtfläche bebaubar.

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Dieses Grundstück hat weitere Minuspunkte: Das Gebäude könnte hier laut Sitzungsvorlage sehr dominant zwischen Innenstadt und See wirken. Und die Anbindung an die Höri wäre noch etwas schlechter als bei der Aurelislinse, da der zusätzliche Verkehr erst am Bahnhof vorbeigeleitet werden müsste.

Stadt bevorzugt eindeutig Aurelislinse

Die Verwaltung kam daher zu dem Schluss, der Sparkasse die Aurelislinse anzubieten. Die Fläche liege zentrumsnah und die Verkehrszunahme wäre in diesem Bereich besser zu steuern, so die Stadt. Zudem lägen bereits Pläne im Rahmen des Mobilitätskonzepts vor, den Bereich vor dem Bahnhof für den Durchgangsverkehr zu sperren, was gegen das Kapizinerareal spricht. Und eine schnelle Umsetzung sei dort ohnehin nicht möglich.

„Die Aurelislinse ist gänzlich ungeeignet. Die Sparkasse wünscht sich eine gute Erreichbarkeit, die ist nur in der Zeppelinstraße ...
„Die Aurelislinse ist gänzlich ungeeignet. Die Sparkasse wünscht sich eine gute Erreichbarkeit, die ist nur in der Zeppelinstraße gegeben“, sagt Jürgen Keck (FDP). | Bild: Becker, Georg

Das stieß auch im Gemeinderat auf überwiegend Zustimmung. Das Kapuzinerareal war hingegen für keinen der Räte eine sinnvolle Alternative. Allerdings kritisierten einige Räte, dass die Zeppelinstraße für die Sparkasse ohnehin attraktiver bleibe. „Die Aurelislinse ist gänzlich ungeeignet. Die Sparkasse wünscht sich eine gute Erreichbarkeit, die ist nur in der Zeppelinstraße gegeben“, sagte Jürgen Keck (FDP). Nina Löbe-Breimaier (FGL) sagte außerdem, die Aurelislinse sei ein „zu kostbares Grundstück“ mit seiner Lage zwischen Altstadt und See, um es für einen Sparkassenbau zu opfern.

Wie geht es nun weiter?

Siegfried Lehmann (FGL) kritisierte hingegen, die Verkehrsbelastung bei einem Neubau in der Zeppelinstraße sei zu groß. Der Höri-Kreisel sei schon mit dem jetzigen Aufkommen überfordert. Susann Göhler-Krekosch (SPD) wies zudem daraufhin, dass im Westen der Aurelislinse mehrere alte Gebäude und eine neuer Kunstraum stehen, die man erhalten müsse. Daher solle die Sparkasse eher im Osten des Gebiets bauen, was Angelique Augenstein von der Stadtverwaltung bestätigte.

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Am Ende stimmen 16 der anwesenden Gemeinderäte dafür, der Sparkasse die Aurelislinse vorzuschlagen. Bei nur einer Enthaltung stimmten lediglich die FDP-Räte, Walter Hiller und Gabriel Deufel (beide Freie Wähler) sowie Nina Löbe-Breimaier (FGL) dagegen. Die Stadtverwaltung wird nun mit einem Angebot auf die Sparkasse zugehen.

Nico Winter, Sprecher des Vorstands der Sparkasse Hegau-Bodensee, erklärt zu dem Angebot der Stadt auf SÜDKURIER-Nachfrage: „Bezüglich unseres neuen Standortes in Radolfzell sind wir bereits mit der Stadtverwaltung im engen Austausch. Wir prüfen gerne den Alternativvorschlag von Stadtverwaltung und Gemeinderat und bewerten diesen hinsichtlich Erreichbarkeit, zeitliche Umsetzbarkeit, Attraktivität und der baurechtlichen Rahmenbedingungen mit der von uns ins Auge gefassten Achse Höristraße-Zeppelinstraße.“