Marc Erny macht sich Sorgen. Als wäre die Gefahr durch das Coronavirus nicht schon beunruhigend genug, muss er dieser Tage mit der zusätzlichen Unsicherheit leben, die der Exklavenstatus seines Wohnorts mit sich bringt. „Natürlich war uns klar, dass Büsingen gänzlich von Schweizer Staatsgebiet umgeben ist, als wir vor zweieinhalb Jahren hierher gezogen sind“, sagt er. „Aber seitdem Mitte März die Grenzen abgeriegelt wurden, fühle ich mich wie ein Spielball europäischer Politik.“

Ein Bild aus unbeschwerteren Tagen: Derzeit machen sich Iris Porzig-Erny und ihr Mann aber Gedanken darüber, in welchem Krankenhaus ihr ...
Ein Bild aus unbeschwerteren Tagen: Derzeit machen sich Iris Porzig-Erny und ihr Mann aber Gedanken darüber, in welchem Krankenhaus ihr Kind zur Welt kommen soll. | Bild: Privat

In der vergangenen Woche habe er an den Grenzübergängen zum Teil lange Wartenzeiten in Kauf nehmen müssen. Dieses Schicksal teilt Erny mit anderen Büsingern – nur könnte er schon bald in eine Situation kommen, bei der jede Minute zählt: „Meine Frau ist im neunten Monat schwanger“, erklärt der werdende Vater. Eigentlich hatte das Paar geplant, dass Iris Porzig-Erny ihr Baby in Singen zur Welt bringt.

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Nun, einige Wochen vor dem Geburtstermin Anfang Mai, ist die Situation unsicher. „Auch jetzt noch würden wir uns gerne das Singener Klinikum als Option offen halten“, sagt Erny. Dort dürften Väter mit in den Kreißsaal – eine Möglichkeit, die andere Krankenhäuser in Zeiten der Corona-Pandemie nicht mehr anbieten. Er befürchtet allerdings am Tag der Geburt auf das Wohlwollen einzelner Zöllner angewiesen zu sein.

Am Mittwoch: ein Warenstopp

Wie schnell sich die Umstände eines Grenzübertritts ändern können, sei ihm in der vergangenen Woche klar geworden. „Am Mittwoch hieß es vom Schweizer Zöllner, dass der private Warenverkehr über die Grenze hinweg nicht mehr möglich sei“, berichtet Erny. Das Problem: „Streng genommen fallen Medikamente ebenfalls in die Kategorie Waren. Und weil meine Frau schwanger ist, hat sie da im Moment einen höheren Bedarf.“

Zusätzlich habe ihn frustriert, dass die Information erst zeitversetzt und ohne ausführliche Erläuterung auf der Büsinger Gemeinde-Website kommuniziert worden sei. Erny machte seinem Ärger in Form eines Briefs an Bürgermeister Markus Möll Luft. Und: Er bekam Antwort.

Gute Nachrichten aus dem Rathaus

Die Verwaltung sei in ständiger Abstimmung mit den deutschen und schweizerischen Behörden und um eine gute Lösung für Büsingen bemüht, schrieb Möll am Freitag. Die Veröffentlichung von Informationen erfolge zeitnah über die Website der Gemeinde und einen Aushang am Rathaus. „Auf Grundlage der Verhandlungen mit den zuständigen Behörden konnte erreicht werden, dass der Grenzübergang Büsingen/Laag für Büsinger Bürger auch für den Warenverkehr wieder geöffnet ist.“

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In einem anschließenden Telefonat mit dem SÜDKURIER betont der Bürgermeister zudem, dass die Einwohner des Dorfes auch in der jetzigen Situation keine medizinischen Nachteile zu befürchten hätten. „Die Bürger können nach wie vor ins Singener Krankenhaus. Zudem besteht die Möglichkeit, das Spital Schaffhausen aufzusuchen.“ Selbst zu dem von Erny angesprochenen Zeitpunkt, an dem der Warenverkehr kurzfristig ausgesetzt war, hätte die Möglichkeit bestanden, ein deutsches Rezept in einer Schweizer Apotheke einzulösen.

Permanent im Austausch

Möll bittet die Bürger, Ruhe zu bewahren. Noch habe man die Möglichkeit, eine Situation wie in Spanien oder Italien zu vermeiden. Und er versichert: „Wir haben sehr gute Verbindungen zu den Behörden in Konstanz, Stuttgart, Schaffhausen und Bern.“ Bereits seit Beginn der Corona-Krise sei man permanent im Austausch. Man habe die medizinische Versorgung gemeinsam klar geregelt.

Vielleicht eine Ermutigung für Iris Porzig-Erny und Marc Erny. Wo ihr Kind tatsächlich zur Welt kommen wird, steht allerdings immer noch nicht fest. „Diese Woche haben wir einen Termin im Spital Schaffhausen", berichtet Erny. Danach wollen die werdenden Eltern gemeinsam eine Entscheidung treffen.