Fünf Rettungshubschrauber kreisen am nächtlichen Himmel über dem Hegau, Blaulicht gefühlt so weit das Auge reicht und etliche Sirenen schrillen durch die Nacht: Was ist in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in Hilzingen passiert? Bei einer Verpuffung in einem Wohnhaus in Hilzingen sind am Dienstag kurz nach 21 Uhr mehrere Menschen zum Teil schwer verletzt worden. Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz bestätigt den Vorfall – spricht in ihrer Mitteilung am Mittwochnachmittag allerdings von einer Explosion. Diese sei laut Polizeiangaben so stark gewesen, dass sich sogar der Dachstuhl des Gebäudes angehoben habe.

Am Tag nach dem Großeinsatz merkt man Bürgermeister Holger Mayer die Strapazen der Nacht an. Er berichtet von einem sehr hohen Aufgebot an Einsatzkräften von Feuerwehr, Rettungskräften und Polizei. „Die Aufregung im Dorf war riesig, überall war Blaulicht zu sehen. Viele Menschen haben sich Sorgen gemacht“, so Mayer. Die Situation sei zwar schnell unter Kontrolle gewesen, aber dennoch tragisch. Denn der Großeinsatz endet in Hilzingen mit zwölf Verletzten – fünf davon schwer.
Fünf Hubschrauber steuern Kliniken an
Nach Angaben der Polizei wurden die fünf Schwerverletzten mit fünf Rettungshubschraubern in verschiedene Kliniken geflogen. Sieben weitere Menschen wurden demnach leicht verletzt und kamen mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus. Bürgermeister Holger Mayer bestätigt den Einsatz von Rettungshubschraubern. Ein Hubschrauber sei aus Deutschland gerufen worden, die vier weiteren seien aus der benachbarten Schweiz alarmiert worden.
Laut Hilzinger Feuerwehr wurde ein sogenannter Massenanfall von Verletzten ausgelöst, dadurch hätten auch zahlreiche Fahrzeuge des Bevölkerungsschutzes und des Rettungsdienstes die Einsatzstelle angefahren. 45 Einsatzkräfte der Feuerwehren aus Singen und Hilzingen waren vor Ort, ebenso zahlreiche Polizei- und Rettungskräfte.
Weder Rauch noch Flammen zu sehen
Ronny Zerbe, stellvertretender Kommandant der Hilzinger Feuerwehr, war einer der ersten am Einsatzort in der Zwischen-Wegen-Straße. „Wir wurden zu einem Wohnungsbrand alarmiert“, berichtet er. Beim Eintreffen der Einsatzkräfte habe das Gebäude aber nicht gebrannt. Auch im Inneren habe die Feuerwehr weder Rauch noch Flammen ausfindig machen können. Laut Zerbe hätten Bewohner das Feuer, das bei der Verpuffung entstand, selbst mit einem Feuerlöscher löschen können. Allerdings seien laut Zerbe etwa 25 Personen vor dem Gebäude gestanden.

Jean-Pierre Müller ist Kommandant der Hilzinger Feuerwehr, er traf kurz nach den ersten Einsatzkräften ein. Er berichtet davon, dass sich die Verpuffung in Inneren des Gebäudes ereignet hätte. Auch die Polizei gehe nach aktuellem Ermittlungsstand davon aus, dass ein Gasgemisch im Haus verpufft sein könnte. „Bei einer Verpuffung entzünden sich gasförmige Stoffe in der Luft. Dabei kommt es zu einer Stichflamme“, erklärt Müller. Wenn die Flamme dann auf brennbare Nährstoffe trifft, kann sie sich in Windeseile ausbreiten“, so Müller weiter. Dies sei bei dem Einsatz in Hilzingen allerdings nicht passiert.
Auch Bürgermeister Mayer spricht davon, dass in dem Gebäude nichts lichterloh gebrannt habe. „Das Haus ist nicht zerstört worden, ein Ausbreiten des Feuers haben die Bewohner selbst verhindert. Allerdings sind die beim Unfall entstandenen Verletzungen natürlich tragisch“, so Mayer weiter. Das Gebäude werde momentan von der Gemeinde Hilzingen angemietet und als Anschlussunterbringung für eine Flüchtlingsfamilie genutzt.
Noch bleiben viele Fragen
Wie es zu der Verpuffung gekommen ist, sei laut Feuerwehrkommandant Müller und dessen Stellvertreter Zerbe aktuell völlig unklar. Das bestätigt auch die Pressestelle des Polizeipräsidiums Konstanz. Die Ermittlungen dazu laufen. Allerdings deute laut Polizei-Pressestelle aktuell vieles auf einen Unfall hin: „Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen übernommen – derzeit weist alles darauf hin, dass es sich um einen tragischen Unglücksfall beim Hantieren mit entzündlichen Stoffen gehandelt hat“, teilt die Polizei weiter mit.
Auch über die Schadenshöhe können derzeit noch keine Angaben gemacht werden. Bürgermeister Holger Mayer kündigt an, dass die Kriminalpolizei am Mittwoch vor Ort sein werde, um Nachforschungen anzustellen. Und in der Tat: Laut SÜDKURIER-Informationen fand am Mittwochmorgen eine Begehung des Gebäudes mit der Kripo, der Feuerwehr und dem Bürgermeister statt.
Was nach aktuellem Ermittlungsstand feststeht, ist der Ort, an dem sich die Verpuffung ereignete. Laut Feuerwehrkommandant Jean-Pierre Müller von der Hilzinger Feuerwehr sei es in einem kleinen Bad zur Verpuffung gekommen. „Die Personen, die sich in unmittelbarer Nähe zum Bad befunden haben, sind schwerer verletzt worden“, sagt er.

Vor allem ein Duschvorhang, der sich bei der Verpuffung wohl verflüssigt hatte, habe zu schweren Verletzungen durch heiße Kunststofftropfen geführt. Um die Schwere der Verletzten einzuordnen, habe sich die Feuerwehr vor dem Gebäude alle Bewohner des Hauses genau angesehen und sie dann an die Rettungskräfte übergeben.
Vom Krankenhaus in eine Notunterkunft
Laut Bürgermeister Holger Mayer sei das Gebäude von zehn Personen bewohnt. Er lobt das schnelle und gut organisierte Eingreifen der Rettungs- und Einsatzkräfte. „Es war eine hervorragende Zusammenarbeit aller Akteure“, betont er. Noch in der Nacht habe die Gemeinde Notunterkünfte für die Betroffenen organisiert. Ein Teil der Verletzten habe das Krankenhaus schon verlassen können und wurde dann in vorbereiteten Unterkünften untergebracht.