„Wir müssen hartnäckig bleiben und das Thema am Leben halten“, sagt Friedhelm Großmann von der Hilfsorganisation Save me. „Nur, wenn wir die Politiker damit beschäftigen, besteht Hoffnung auf Änderung der Sachlage.“ Die Ausgangsposition war die Abschiebung des langjährigen Konzil-Mitarbeiters Lukmann Lawall, gegen die sein Arbeitgeber nun eine Petition im Bundestag gestartet hat. Der Nigerianer galt als Musterbeispiel gelungener Integration und war auch an seinem Arbeitsplatz ein Vorbild. 

Lawall am Telefon: „Es geht mir besser“

Und doch wurde sein Antrag abgelehnt und er musste das Land verlassen. Da er das nicht freiwillig tat, wurde er früh morgens abgeholt, für zwei Tage in einem Abschiebe-Camp bei Stuttgart festgehalten und schließlich zusammen mit zwei Beamten der Bundespolizei in die Heimatstadt Lagos gebracht, wo er seither bei seiner Schwester wohnt. „Es geht mir besser“, sagte er am Wochenende dem SÜDKURIER am Telefon. „Aber ich will wieder zurück nach Konstanz, um dort zu arbeiten und mein Leben zu führen.“

Montag vor zwei Wochen demonstrierten rund 800 Menschen in Konstanz gegen die Abschiebung von Lukmann Lawall.
Montag vor zwei Wochen demonstrierten rund 800 Menschen in Konstanz gegen die Abschiebung von Lukmann Lawall. | Bild: Oliver Hanser

Das sind die Regeln der Wiedereinreise

Nach jetzigem Stand der Dinge wird eine Rückkehr so schnell nicht möglich sein: Grundsätzlich ist die Wiedereinreisesperre in Paragraf 11 Aufenthaltsgesetz geregelt. Dort heißt es in Absatz 3: „Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.“ Am Ende dieser Sperre hat er die Möglichkeit, ein Visum zu beantragen. Wie lange Lukmann Lawall nicht mehr einreisen darf, ist noch nicht bekannt.

Hölzl geht von fünf Jahren aus...

„Allerdings gehen wir davon aus, dass es fünf Jahre sein werden“, sagt ein frustrierter Konzilwirt Manfred Hölzl. „Es wird schwierig, ihn sofort wieder zurückzuholen, da die Politik damit einen Präzedenzfall schaffen“, fährt er fort. „Aber es geht ja auch um andere Menschen bei uns, die voll integriert sind und denen die Abschiebung droht.“ Da Lawall der Aufforderung, das Land freiwillig zu verlassen, rund acht Monate nicht nachkam, kommt die Mindesteinreisesperre von einem Jahr für ihn juristisch nicht in Frage.

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Die Petition im Wortlaut

Manfred Hölzl hat nun eine mit Rechtsanwalt Rudi Hänel abgestimmt Petition an den Bundestag gestellt. „Derzeit wird die bearbeitet“, erzählt er. In der Petition heißt es unter anderem: „Wir fordern, dass die Gesetze und Verwaltungsverfahren derart angepasst werden, dass keine Vollzeitbeschäftigten und gut integrierten Arbeitnehmer ihre neue Heimat Deutschland verlassen müssen.“

Weiter heißt es in der Petition: Ab 1. Januar 2020 können Geduldete nach Paragraf 60d Aufenthaltsgesetz, selbst wenn sie sich in der Vergangenheit integriert haben und in einem festen Arbeitsverhältnis stehen und nie straffällig geworden sind, zwölf Monate lang abgeschoben werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, dieses Gesetz zu ändern.“ Begründet wird diese Forderung mit der Abschiebung Lukmann Lawalls, der zwar eine Arbeitsduldung bis April 2020 hatte, aber dessen Antrag trotzdem abgewiesen wurde.

Auch Jung setzt sich für eine Bleibeperspektive ein

Der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung (CDU) setzt sich ebenfalls für die Belange der Unternehmer ein, die vor einigen Jahren den Aufrufen der Politik nachkamen und Flüchtlingen Arbeit gaben: „Da die Asylverfahren lange dauerten, gibt es Flüchtlinge, die bereits zum Abschluss des Asylverfahrens erhebliche Schritte zur Integration gemacht haben. Um sie geht es. Sie müssen eine Bleibeperspektive bekommen können“, sagt der Christdemokrat.

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„Werde mich in Berlin dafür einsetzen“

Dann werde die Integrationsleistung gewürdigt. „Dafür werde ich mich in Berlin einsetzen. Ich habe dazu auch mit dem baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl gesprochen. Er hatte im Bundesrat bereits gefordert, Arbeitszeiten während des Asylverfahrens auf den Duldungszeitraum anzurechnen. Der entsprechende Antrag hatte im Bundesrat keine Mehrheit gefunden.“

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Klar sei für Andreas Jung: Für die Zukunft müsse es bei der Differenzierung zwischen Asylrecht und Einwanderungsrecht bleiben, wie er erklärt: „Wer verfolgt wird, erhält in Deutschland Asyl, wer hier arbeiten will, muss die Voraussetzungen des Einwanderungsgesetzes erfüllen.“

Manfred Hölzl (von links), John Ikponmwen und Friedhelm Großmann von der Hilfsorganisation Save me vor dem Konzil.
Manfred Hölzl (von links), John Ikponmwen und Friedhelm Großmann von der Hilfsorganisation Save me vor dem Konzil. | Bild: Oliver Hanser

John Ikponmwen arbeitet ebenfalls im Konzil. Für ihn gilt eine Aussetzung der Abschiebung, wie es im Beamtendeutsch heißt, bis 8. Januar. Erst dann wird entschieden, wie es mit ihm weitergehen wird. Bis zum Donnerstag dieser Woche muss er wichtige Unterlagen einreichen.

John Ikponmwens Duldung dauert noch bis 8. Januar 2020. Auf Beamtendeutsch heißt das: Aussetzung der Abschiebung.
John Ikponmwens Duldung dauert noch bis 8. Januar 2020. Auf Beamtendeutsch heißt das: Aussetzung der Abschiebung. | Bild: andreas schuler

„Ein Problem ist, dass einige Flüchtlinge damit überfordert sind und keine Hilfe haben“, so Friedhelm Großmann von der Hilfsorganisation Save me. „Wir können nur alle auffordern, unsere Hilfe anzunehmen, damit alle Möglichkeiten genutzt werden können.“ Er organisiert ganz pragmatisch und spontan eine Begleitung für den Nigerianer, wenn er aufs Amt muss. Über John Ikponmwen und seine Verbindungen ins Heimatland Nigeria wurde die bis dato letzte Gehaltsabrechnung an Lukmann Lawall überwiesen. „Damit kommt er dort unten erst einmal für eine gewisse Zeit gut über die Runden“, berichtet Manfred Hölzl.