Die ersten Schritte wirken noch wackelig. Das Kalb, das den dunklen Transportwagen verlässt, weiß nicht, wohin die Reise jetzt wieder geht. Gereist ist es in seinem noch sehr kurzen Leben schon reichlich. Dieses Mal, so die Hoffnung der Tierschützer von Animal Pride, soll sich das Schicksal der Kälber zum Besseren wenden.

Auf einem Pensionshof in Mengen sind die vier Aktivisten von Animal Pride versammelt, um die Ankunft der Tiere zu erwarten. Das Ereignis halten sie im Video fest. Die drei bis fünf Monate alten Jungtiere haben einen langen Leidensweg hinter sich.

Ankunft der Kälber Video: Christof Stelz

Das ist die Vorgeschichte

Ein 17-Jähriger aus Konstanz-Dettingen hatte im November 2019 40 Kälber im Internet auf einen Aussiedlerhof bestellt. Die Kälber waren während des Transports nicht ordnungsgemäß versorgt worden. Sie kamen so geschwächt an, dass zehn Tiere bei der Ankunft starben oder vom Veterinäramt eingeschläfert werden mussten. Anwohner hatten die Tiere entdeckt und die Polizei informiert. Gegen den Händler, den Transportfahrer und den Käufer ist Strafanzeige erstattet worden, berichtet Marlene Pellhammer, Pressesprecherin des Landratsamts, auf Anfrage. Der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft.

Ein Kälbchen sieht sich neugierig die neue Umgebung an.
Ein Kälbchen sieht sich neugierig die neue Umgebung an. | Bild: Dayana Benz
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Alle Kälber sind klein und geschwächt

„Sie sind so winzig“, sagt Christof Stelz, der mit drei weiteren Aktivisten von Animal Pride Konstanz zum Pensionshof Röck nach Mengen gereist ist im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Es kann sein, dass einige von ihnen eine Lungenentzündung haben, manche husten.“ In den kommenden Tagen werde ein Tierarzt im Auftrag des Hofs die Kälber untersuchen.

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Bei sieben männlichen und vier weiblichen Tieren war der Gesundheitszustand nun so stabil, dass das Veterinäramt grünes Licht für den Transport auf den Hof gab.

Ankunft der Kälber (2) Video: Christof Stelz

Was ein Pensionshof leistet

Der Pensionshof Röck gehört Stefan Röck, einem Mengener Landwirt, der früher Viehzucht betrieb. „Ich habe nicht immer gern eine Kuh hergegeben, wenn es zum Schlachten ging“, sagt er. Inzwischen betreibt er weiterhin Viehhaltung, heute aber in Form des Pensionshofs, ergänzt durch Ackerland. „Damit habe ich ein Modell gefunden, wie ich finanziell durchkomme, die Tiere aber nicht schlachten lassen muss.“

Die Vermittlung hat Sabine Massler, Vorsitzende des Vereins Lebenshilfe Kuh und Co. aus Tengen, übernommen. Seit 2016 hat der Verein, der sich gegen Massentierhaltung engagiert, 85 Rinder vor dem Schlachthof gerettet. Die Tiere lässt Massler auf Stefan Röcks Hof oder einem Reutlinger Pensionshof unterbringen.

Christof Stelz und Sabine Massler beobachten die ersten Schritte der Kälber in der noch neuen Umgebung auf dem Pensionshof
Christof Stelz und Sabine Massler beobachten die ersten Schritte der Kälber in der noch neuen Umgebung auf dem Pensionshof | Bild: Dayana Benz

Zu den Überlebenschancen der Jungtiere will Stefan Röck keine Voraussage treffen, nur so viel: „Sie müssen sich erstmal akklimatisieren. Es kann sein, dass ein oder zwei den Weg nicht schaffen. Sie hatten eine schlechte Jugend, das muss man sagen.“

Start ins neue Leben

Der Start der Tiere in der neuen Heimat ist aber vielversprechend. Die Kälber werden jeweils zu viert in einer Box im Offenstall untergebracht und haben Kontakt zu Artgenossen. Neugierig nehmen sie die Umgebung wahr, so berichtet es Christof Stelz. Die Aktivisten von Animal Pride werden als stolze Besitzer der elf Jungrinder ihre Schützlinge öfters besuchen kommen: Das haben sie dem Pensionshof-Chef bereits angekündigt.