„Alles war zugeparkt mit Zweirädern, auch die Rettungswege. Da wäre kein Krankenwagen durchgekommen. Die Feuerwehr hätte nicht an unserem Gebäude anleitern können und die Bodenhydranten hätte sie vor lauter Rädern nicht gefunden.“ Barbara Dietzler, Residenzdirektorin des Tertianum, ist noch immer schockiert wegen der Situation am Fischmarkt während des Stadtgartenfestes. Aus gutem Grund: „Ich habe hier die Verantwortung für etwa 120 Bewohner. Wenn da etwas passiert wäre“, sagt sie. Den Satz beendet sie nicht, denn dieses Szenario möchte sie sich nicht ausmalen. Deshalb opponiert sie.
Auch Harald Mende ist sauer und versteht die Welt nicht mehr. Er ist Eigentümer des Nachbarhauses Fischmarkt 1 und sagt dasselbe wie Barbara Dietzler. Denn auch er sah die Gefahr für die Senioren im Haus Fischmarkt 3, insbesondere für jene in der Pflegestation, aber auch für die Bewohner seines Hauses, das ebenso betroffen gewesen wäre.

Er hat Fotos von den prekären Abenden gemacht und kann nur den Kopf schütteln. Zumal: „Letztes Jahr hatte ich schon bei der Stadt angerufen und auf den Missstand hingewiesen. Da hatte es geheißen, man werde das in der Nachbesprechung aufgreifen“, erzählt er. Vorsichtshalber habe er vor der diesjährigen Veranstaltung noch einmal auf die Problematik hingewiesen.
Am ersten Abend des Stadtgartenfestes schaute er nach, ob Rettungs- und Evakuierungsweg sowie Aufstellflächen für Feuerwehrfahrzeuge frei sind. Als er ankam, war er entsetzt. Überall standen Zweiräder jeglicher Art: Fahrräder, Pedelecs, E-Roller, Motorroller, Motorräder.
Anwohner opponieren: Sicherheit war nicht gewährleistet
„Die Sicherheit im Notfall, beispielsweise Brand oder ärztlicher Noteinsatz, war nicht mehr gewährleistet“, so Mende. Und er fragt sich, warum diese Bereiche nicht abgesperrt wurden. Erneut machten er und Barbara Dietzler an entsprechenden Stellen auf die Gefahr aufmerksam. „Am Freitag war es dann besser“, so Mende.
Wie kam das? „Der Veranstalter des Stadtgartenfestes hat hier noch während des laufenden Festes nachgebessert: Über zusätzliche Gitter, Hinweisschilder und Bestreifung durch den Ordnungsdienst hat sich die Situation ab Freitag verbessert“, schreibt Benedikt Brüne, Pressesprecher der Stadt Konstanz, auf SÜDKURIER-Nachfrage.
Und trotzdem: „Jetzt reicht‘s“, sagt Harald Mende rundheraus und fügt an: „Wir wollen endlich eine Zusicherung, wie es in Zukunft läuft.“ Auch Barbara Dietzler hat ihre Zweifel, was eine dauerhafte Lösung anbelangt. „Wird hier erst gewartet, bis etwas passiert?“, stellt sie die rhetorische Frage. „Wenn etwas passiert wäre, ja dann wäre das Geschrei groß gewesen.“ Zumal es nicht nur beim Stadtgartenfest, sondern auch bei anderen Veranstaltungen im Stadtgarten zu prekären Situationen auf dem Fischmarkt wegen der Masse an abgestellten Zweirädern käme.

„Für das kommende Jahr ist man aufgrund der Problematik auf der Suche nach geeigneten Flächen zur Einrichtung eines Fahrradparkplatzes“, schreibt Benedikt Brüne auf SÜDKURIER-Nachfrage . „Auch eine Lösung mit einer professionellen, leider sehr kostspieligen, Fahrradgarderobe ist angedacht.“
Der Fischmarkt verkommt
Die Anwohner am Fischmarkt sind generell unzufrieden. Seit das Restaurant Latinos mit seiner Freiluftgastronomie Geschichte ist, hat sich der einstige lauschige Platz sehr verändert. „Der Fischmarkt verkommt“, sagt Barbara Dietzler, und zwar zu einem wilden und unattraktiven Parkraum.

Sie zeigt auf die Fläche unter den Bäumen, wo fast ausnahmslos Roller und Motorräder stehen, und weist auf den mittigen Platz rund um den Trichter, der mit Fahrrädern zugestellt ist. „Ich glaube, die Stadt wird den Rädern nicht mehr Herr“, meint sie.

Was sagt die Stadt dazu?
„Die Situation am Fischmarkt ist bekannt und wird ernstgenommen“, so Benedikt Brüne auf SÜDKURIER-Nachfrage. „Um die Situation kurzfristig und ohne Umbau zu verbessern, sind dort bereits 10 Fahrradbügel für 20 Fahrräder am Brunnen installiert worden.“
Für das Abstellen der Fahrräder im östlichen Bereich des Platzes würden bis Ende des Jahres zusätzlich zu den bestehenden 10 Fahrradbügeln weitere 20 Fahrradbügel für 40 Fahrräder aufgestellt, fügt Brüne an und ergänzt: „Zudem werden im östlichen Bereich des Platzes weitere Bereiche für das Motorradparken markiert. Eine weitere Aufwertung des Platzes wird sukzessive umgesetzt.“
Ob eine Containerlösung oder eine Fahrradebene im Parkhaus Marktstätte als Interimslösung möglich wäre, bis das Fahrradparkhaus am Bahnhofplatz fertig ist? Auf diese Frage antwortet der städtische Pressesprecher: „Nach der Umgestaltung des Bahnhofplatzes wird sich die Situation in der Altstadt entspannen, da unter anderen mit dem neuen Radparkhaus eine große Anzahl von Fahrradstellplätzen geschaffen wird.“ Die Nutzung von Teilen des Parkhauses Marktstätte sei im Technischen und Umweltausschuss diskutiert worden. „Aufgrund der sehr hohen Kosten hat man sich dagegen entschieden“, so Brüne abschließend.