„Oh, das habe ich noch nie gemacht!“ Die ältere Frau winkt ab. Wer Medien in der Konstanzer Stadtbibliothek ausleiht, soll diese künftig selbst verbuchen. Schilder an den Schaltern weisen darauf hin. Drei Terminals stehen dafür bereit. „Das ist ganz leicht“, sagt Leiterin Ulrike Horn. Und dann präsentiert sie, wie es geht. Die Nutzerin staunt: „Das ist alles?“

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„Megaeinfach“, urteilt auch Peer Kaliss. Der Familienvater freut sich, dass es auch in der Abteilung Kinderbücher im vierten Stock der Bibliothek ein Ausleihterminal gibt. Jetzt müsse er nicht mehr in der Schlange an den Schaltern warten. Dort steht Houari Bouchaala vom Ausleihteam bereit. „Wir sind immer für Sie da“, sagt er den Gästen und zeigt, wie das mit der Selbstbuchung funktioniert.

Peer Kaliss mag keine Zettel mehr. Er nutzt auf seinem Handy die Bibliotheks-App und wird über sie informiert, wenn er Bücher wieder ...
Peer Kaliss mag keine Zettel mehr. Er nutzt auf seinem Handy die Bibliotheks-App und wird über sie informiert, wenn er Bücher wieder zurückgeben soll. | Bild: Claudia Rindt

Es erscheint wirklich kinderleicht. Kein Vergleich mit dem früheren Verfahren, das an einen Scanner gebunden war. Jetzt ist nur noch die Fläche am Terminal entscheidend, auf der in Großbuchstaben RFID steht. Dort legt man erst den roten Nutzerausweis und dann die ausgeliehenen Stücke auf.

Mit Hilfe elektromagnetischer Wellen werden die Medien identifiziert. Alle 80.000 Leihobjekte der Stadtbibliothek Konstanz haben seit Mai einen RFID-Code bekommen. Sämtliche Informationen, die dazu im Bibliothekssystem erfasst sind, wurden auf die neue Technik übertragen.

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Die Umstellung war für Ulrike Horn wie eine Revision. Jedes Stück musste in die Hand genommen werden. Und so habe man festgestellt, dass 2000 Bücher zwar verzeichnet, aber gar nicht am richtigen Platz beziehungsweise nicht in der Bibliothek waren.

Sorge um Nutzer mit Handicap

Bibliotheksbesucher Wilfried Püls geht trotz des einfachen Verfahrens davon aus, dass für Senioren und Menschen mit Handicap die Schwelle für eine Ausleihe steigt. Er plädiert dafür, dass die Ausleihe am Terminal freiwillig bleibt. Doch so ist das nicht gedacht. Besucher der Bibliothek sollen langfristig nur noch für die Rückgabe der Bücher an den Schalter kommen.

Ein Schild informiert an den Schaltern der Konstanzer Stadtbibliothek, dass die Besucher ihre Medien an Terminals nun selbst zur ...
Ein Schild informiert an den Schaltern der Konstanzer Stadtbibliothek, dass die Besucher ihre Medien an Terminals nun selbst zur Ausleihe buchen sollen. Für Fragen stehen Mitarbeiter wie Houari Bouchaala bereit. | Bild: Claudia Rindt

Ulrike Horn versichert: „Selbstverständlich ist die Verbuchungstheke trotzdem immer besetzt. Menschen mit Handicap werden auf keinen Fall alleine gelassen.“ Die Leiterin der Bibliothek geht davon aus, dass es noch eine Weile dauert, bis sich die neuen Abläufe eingespielt haben, danach aber die Ausleihe der Medien reibungsloser läuft, vor allem zu Stoßzeiten.

„Neue Abläufe sorgen immer erst einmal für Verunsicherung, das kann ich gut verstehen“, sagt Ulrike Horn weiter. Und sie pflichtet Wilfried Püls bei, der betont, dass „der günstige und einfache Zugang zu Büchern eine wichtige Aufgabe der Kommune ist“. Genau diesen stelle die Stadtbibliothek Konstanz den Bürgern zur Verfügung.

Grundsätzlich, so sagt Ulrike Horn, wäre es möglich, auch die Rückgabe der Medien zu automatisieren, doch das wäre teuer. Und in vielen Fällen müssten Nutzer der Bibliothek trotzdem an den Schalter, etwa um Mahngebühren zu begleichen. Die Leiterin der Bibliothek hofft, dass die Automatisierung der Ausleihe die acht Mitarbeiter in der Verbuchung entlastet. Sie sollen sich anderen Aufgaben widmen können.

So beginnt die automatisierte Ausleihe. Der Nutzer legt seinen neuen, roten Bibliotheksausweis auf das RFID-Feld. Dort können auch bis ...
So beginnt die automatisierte Ausleihe. Der Nutzer legt seinen neuen, roten Bibliotheksausweis auf das RFID-Feld. Dort können auch bis zu drei Bücher auf einmal zur Ausleihe aufgelegt werden. | Bild: Claudia Rindt

Houari Bouchaala zum Beispiel hat nach eigenen Angaben schon jede Menge mit dem Einbinden von Büchern und dem Kontrollieren der zurückgegebenen Medien zu tun. Ulrike Horn betont: Von den 19 festen Mitarbeitern, gerechnet ohne die Auszubildenden, würden alle gebraucht. Nur ein geringfügig Beschäftigter sei allein in der Verbuchung tätig, für alle anderen handele es sich um eine Zusatzaufgabe. Sie bräuchten dringend Luft, um beispielsweise Kindern die Bibliothek zu zeigen. „Vor allem die Angebote zur Leseförderung und Medienkompetenz sind sehr personalintensiv“, stellt Horn fest.

Stadt bezahlt nur 2.000 Euro

Die neuen Terminals für die Ausleihe und die Ausstattung der Medien mit RFID-Technik wurden im Wesentlichen aus Fördergeldern des Bundesprogramms „Neustart Kultur Wissenswandel“ finanziert. Von den rund 49.000 Euro an Kosten wurden nach Angaben Horns 47.0000 Euro über Fördergelder gedeckt.

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Die Terminals stehen auf Tischen, die per Knopfdruck in der Höhe verstellbar und so für alle Nutzer geeignet sind. Ulrike Horn stellt fest: „Nach ein paar Anfangsschwierigkeiten, die bei einer Umstellung auf eine Software normal ist, läuft die Ausleihe und Rückgabe nun fast problemlos.“