
Mord, Totschlag und sonnige Bilder vom Bodensee: Das bekommen die Zuschauer bei der ARD-Serie WaPo Bodensee zu sehen. Für die Wasserschutzpolizei Konstanz gibt es in jeder Folge einen spannenden Mordfall aufzuklären. Doch echte Beamte der Wasserschutzpolizei Konstanz können über die Vorabendserie nur müde lächeln – so auch Stephan Bacher.
„Die Serie entspricht in keiner Weise der Realität“, erklärt der Konstanzer Polizeihauptmeister, „außer, dass wir auch mit Booten herumfahren.“ Manchmal würde er beim Streifendienst auf die Serie angesprochen. Er nehme das mit Humor, doch eigentlich sehe der Alltag bei der Konstanzer Wasserschutzpolizei gänzlich anders aus.
„Ich wollte schon als kleiner Junge zur Wasserschutzpolizei“
Seit zwölf Jahren ist Stephan Bacher bei der Konstanzer Wasserschutzpolizei. Nach einer Ausbildung zum Industriemechaniker und vier Jahren bei der Marine, entschied er sich für eine Karriere als Ordnungshüter auf dem Bodensee.

Mit dem Beruf sei für ihn ein Traum in Erfüllung gegangen, so Bacher. „Ich wollte schon als kleiner Junge zur Wasserschutzpolizei“, erzählt er. In seiner Kindheit habe er beim Seenachtfest immer auf dem Boot seiner Eltern gesessen und die Beamten bei ihrer Arbeit beobachtet. „Da wusste ich bereits: Da will ich auch mal dazugehören.“
Während seiner Zeit bei der Marine lockte ihn das Meer. Mit seinen Kameraden war er unter anderem auf der Nord- und Ostsee sowie am Golf von Biskaya unterwegs. „Es wäre karrieretechnisch besser gewesen, bei der Marine zu bleiben“, sagt er im Rückblick, „da hätte ich mittlerweile möglicherweise einen höheren Dienstgrad.“ Doch als junger Seemann entschied sich der Litzelstettener gegen das Meer und für den See. Denn, so sagt er: „Der Bodensee ist meine Heimat.“

Im Streifendienst ist der Wasserschutzpolizist regelmäßig auf dem See und überwacht mit seinen Kollegen unter anderem die Einhaltung der Bodensee-Schifffahrts-Ordnung. Dabei kontrolliert er Papiere, Kennzeichen und die Ausrüstung von Schiffen und Schiffsführern, sorgt für Sicherheit auf dem Wasser und greift bei Gefahren für den Schiffsverkehr oder Wassersportler ein.
„Zu den häufigsten Einsätzen gehören Bade- und Bootsunfälle, der Verstoß gegen die 300-Meter-Uferzonen-Regelung sowie Lautstärkebelästigungen“, erklärt er.
Während seine Kollegen auf dem Land seit Jahren über eine zunehmende Gewaltbereitschaft gegen Polizeibeamte klagten, sei diese Tendenz auf dem Wasser nicht erkennbar. „Wir erleben es kaum, dass sich Wassersportler uns gegenüber nicht korrekt verhalten.“
Konflikte gäbe es selten, „vielleicht mal zwischen Seglern im Hafen“, sagt Bacher. „Aber hier auf dem See herrscht ein anderes Klima als auf dem Land.“ Die Leute seien entspannt und im Urlaubsmodus. „Das spiegelt sich auch in ihrem Verhalten wieder“, sagt er.
2021 bislang weniger Badeunfälle als in den Vorjahren
Doch trotz des Friedens auf dem Wasser birgt der Bodensee dennoch viele Gefahren für Wassersportler, beispielsweise Unfälle beim Baden. Dann wird der Fahrhebel am Steuerpult durchgedrückt und die Beamten eilen mit bis zu 40 Kilometern pro Stunde zur Hilfe. Trotz seiner Erfahrung sei Bacher in solchen Momenten noch immer aufgeregt.

„Dann geht der Puls hoch und das Adrenalin steigt“, sagt er. Dieses Szenario sei in diesem Sommer aber seltener eingetreten. „Bislang hat es in der aktuellen Sommersaison weniger Badeunfälle gegeben“, schätzt der Litzelstettener. „Das liegt auch am Wetter, in den vergangenen Jahren war das ganz anders.“
Im Hitzesommer 2018 seien sehr viele Menschen auf und im Wasser gewesen, erinnert er sich, im Sommer 2020 sei dies vor allem nach Ende des Corona-Lockdowns gewesen.
Doch wenn die Beamten mal keinen Notruf erhielten oder keine Wassersportler nach ihren Papieren kontrollierten, sei das kein Grund zum Sonnenbaden oder Däumchen drehen, erklärt Bacher. „Dann üben wir Manöver.“ Das könnte das An- oder Ablegen sein, aber auch Mann-über-Bord-Manöver, sagt der Wasserschutzpolizist.

Dieses Training kann den Wasserschutzpolizisten zugutekommen, wenn beispielsweise Segler bei einem Unwetter in Seenot gerieten. „Bei Unwetter müssen wir auf dem Wasser sein“, sagt Bacher, „solche Situationen sind Teil des Jobs und schweißen zusammen.“ Doch aufgeregt ist der Polizeihauptmeister bei Unwetter nicht mehr.
„Hohe Wellen, Gewitter und Starkwind sind kein Grund, auf dem Boot Angst zu haben“, sagt er. „Das Polizeiboot kann in den Wellen kaum kentern.“ Wichtig sei es, die Wellen bei stürmischem Seegang nicht frontal, sondern in einem Winkel zwischen 45 und 90 Grad anzufahren. „Dann kommt man gut über sie rüber“, so Bacher.

Trotz Stabilität, Erfahrung und technischer Ausrüstung an Bord, fahre bei den Beamten auch bei einem Unwetter immer Rest von Aberglaube mit. „Ein kleiner Klabautermann ist immer dabei“, sagt Bacher, „aber natürlich nicht in so großem Umfang wie bei den Seeleuten früher.“
Stephan Bacher ertrank beinahe bei Taucheinsatz
Neben dem Streifendienst und der Notrufbereitschaft beinhaltet die Arbeit der Wasserschutzpolizei auch Tauchgänge. Werden beispielsweise versenkte Tatwaffen, Gegenstände oder Vermisste im See gesucht, kommen ausgebildete Wasserschutzpolizisten wie Stephan Bacher zum Einsatz. „Tauchen macht mir extrem Spaß“, sagt der Litzelstettener, „ich liebe die Schwerelosigkeit unter Wasser.“
Seine Leidenschaft wurde ihm vor einigen Jahren aber zum Verhängnis, sagt er. Bei einem Taucheinsatz am Seerhein sei er mit seinem Kollegen unter Wasser in Schwierigkeiten geraten. Sie konnten zwar gerettet werden, doch sein Kollege habe dabei fast sein Leben verloren, erzählt er. Im Rahmen eines anderen Tauchgangs am Hochrhein – sein Sohn war nur wenige Wochen alt – sei Bacher fast ertrunken. „Deshalb habe ich zwischenzeitlich mit dem Tauchen aufgehört“, sagt er.

Dank der Ratschläge eines Polizeipsychologen habe er sich rund zweieinhalb Jahre nach den beiden Vorfällen wieder für Einsätze unter die Wasseroberfläche gewagt, erzählt er. Wenn er nun unter Wasser aufgrund seiner Schreckenserlebnisse unruhig werde, stelle er sich vor, dass er mit einem Bier am Lagerfeuer sitze. „Das dient mir zur Selbstberuhigung“, sagt er. „Ich sage mir dann: ‚Es ist alles gut, ich habe Luft.‘“
Warum sein Sohn in seine Fußstapfen treten will
Seine Kinder bewunderten ihren Vater für seine Arbeit, erklärt der Litzelstettener. „Sie sind stolz auf das, was ich mache und dass ich anderen Leuten helfe.“ Seine Tochter habe manchmal Angst um ihn, sein Sohn wolle dagegen in seine Fußstapfen treten. „Er will später selbst einmal zur Wasserschutzpolizei und war auch schon einmal mit an Bord“, sagt Bacher.

„Wenn mein Sohn auch zur Wasserschutzpolizei geht, würde mich das happy machen.“ Er werde ihm nicht im Weg stehen, sollte er den Beruf wirklich ergreifen wollen. „Aber bis zur Berufswahl kann sich noch einiges tun“, erklärt der Familienvater, „mein Sohn ist nämlich erst fünf Jahre alt.“
Bis Vater und Sohn möglicherweise gemeinsam auf Streife fahren, werden daher noch einige Jahre verstreichen. Und wenn es nach Bacher ginge, soll sich sein hauptsächlicher Einsatzort nicht ändern. „Ich bin kein Büromensch, ich will im Streifendienst sein, solange es geht“, sagt er. „Das ist der Grund, warum ich den Job mache.“
Bis dahin wolle er so oft wie möglich den Moment genießen, wenn er während der Abenddämmerung auf dem Rückweg vom Streifendienst in den Konstanzer Trichter einfährt. „Dann geht hinter dem Münster und dem Untersee die Sonne unter“, sagt Bacher. „Das ist einfach herrlich.“