Sonst stehen die blauen Fahrzeuge des Technischen Hilfswerks (THW) eher im Schatten der roten Feuerwehrfahrzeuge. Das hat sich inzwischen geändert. Warum? „Ahrweiler“, liefert Wolfgang Rüdiger, Ortsbeauftragter des Konstanzer THW, schlicht die Antwort. Die Flutkatastrophe im Ahrtal in der Eifel im vergangenen Sommer hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen und vor Augen geführt, dass Katastrophen direkt vor der Haustüre passieren können.

Auch die Konstanzer THW-Einsatzkräfte haben in Nordrhein-Westfalen Hilfe geleistet. Einige Bürger hat dieses Großschadensereignis dazu bewogen, sich ebenfalls tatkräftig engagieren zu wollen. Wolfgang Rüdiger freut sich jedenfalls, dass jetzt 20 Frauen und Männer die Grundausbildung absolvieren.
Die Katastrophe hat vieles verändert
Ahrweiler hat bei Eric Eberle (26) den Ausschlag gegeben, beim Konstanzer THW vorstellig zu werden. Von Beruf ist er Risikomanager, allerdings in einem ganz anderen Segment, das rein gar nichts mit Katastrophenschutz zu tun hat. „Ich wollte mich schon immer ehrenamtlich engagieren“, sagt er. Klar, Feuerwehr, das hatte er sich auch kurz überlegt, aber „nie so richtig einen Zugang gefunden“. Durch Ahrweiler ist er auf das THW gekommen.

Was ihn fasziniert: „Ich finde es interessant, dass man mithelfen kann, ohne eine wirklich große Ausbildung machen zu müssen. Und natürlich bin ich begeistert von den schönen, großen Lkws.“ Während Eric Eberle das sagt, leuchten seine Augen. „Klar habe ich Interesse, mit schwerem Gerät zu arbeiten. In meiner Generation war es doch schon immer der große Traum, Stapler oder Kran zu fahren“, grinst er. Diesen Traum kann er nach der Grundausbildung beim THW wohl auch verwirklichen.
Helfen als Selbstverständnis
Ehrenamtlich engagiert in Hilfs- und Rettungsorganisationen war Berufskraftfahrer Stefan Oswald (40) schon immer. „Mit zehn Jahren war ich in der Jugendfeuerwehr, danach in der aktiven Wehr“, erzählt er. Aus beruflichen Gründen musste er dann aufhören, war später zehn Jahre im Rettungsdienst aktiv und – wieder zurück in Konstanz – war für ihn klar: „Ich möchte wieder etwas tun.“

Nach einer kurzen Pause meint er: „Das Ahrtal ist leider wirklich prägend. Und wenn man überlegt, was die Jungs und Mädels dort alles geleistet haben.“ Die Leistung zu beklatschen, das ist ihm zu wenig. „Ich will aktiv unterstützen“, stellt Stefan Oswald fest. Feuerwehr und Rettungsdienst kamen für ihn jedoch nicht mehr in Frage: „Ich wollte nicht mehr in den akuten Ersteinsatz. Da dürfen die Jüngeren ran.“
Stefan Oswald ist eigentlich prädestiniert für das THW: „Ich habe den Lkw-Führerschein, das Bodenseeschifferpatent und den Kranschein; das kann ich hier alles nutzen“, sagt er. Da fällt ihm ein, dass er eigentlich schon früh Kontakt mit dem THW hatte: „Meinen Lkw-Führerschein hab ich mit einem THW-Fahrzeug gemacht. Jetzt möchte ich ohne Beifahrer fahren, aber erst muss ich die Grundausbildung machen.“
Die Aufgaben sind extrem vielfältig
Hendrik Pietzek (36) hat die Grundausbildung schon hinter sich. Seit zwei Jahren ist er, der bei einem Schifffahrtsunternehmen als Fachkraft für Metallbau in der Abteilung Wasserbau tätig ist, beim THW aktiv. Er hätte sich gerne schon früher engagiert, aber aus beruflichen Gründen sei dies nicht machbar gewesen.

Zur Feuerwehr wollte er nicht. „Zu spezifisch“, sagt er. Auch der Druck, gerade was Hilfsfristen anbelange, sei bei der Feuerwehr hoch. THW hingegen ist seins, denn: „Das THW ist breit aufgestellt. Im Prinzip können wir eigentlich alles – wie ein kleiner Tausendsassa.“ Ob Stromerzeugung, Abstützen von Häusern oder Bergen von Großfahrzeugen – die Einsatzmöglichkeiten seien vielfältig.
Man kann sich auch spezialisieren
Sonja Tischlik (30), Doktorandin im Fachbereich Chemie, ist gespannt, was auf sie zukommt. Auch sie hatte schon länger vor, sich zu engagieren. „Ein Kollege, der im DRK aktiv ist, hat mir das THW empfohlen, denn da kann man basteln“, erzählt sie.

Rettungsdienst oder ähnliches kam für sie nicht in Frage. „Zu viel Verantwortung für Menschenleben“, sagt sie über die kritischen Situationen. Das THW ist dann doch eher in der zweiten Reihe. Vor allem aber: Sie, die „Spaß am Helfen“ hat, reizen besonders die Technik und die pragmatischen Lösungen.
„Es scheint immer andere Situationen zu geben. Einsturzgefährdete Häuser, Abwehr von Wassergefahren, Räumungs- und Bergungsdienst, Verpflegung – das klingt ziemlich abwechslungsreich; da kann man sich dann in einem Fachbereich spezialisieren“, denkt sie schon weiter.
Natürlich musste sie auch schon Flexen und hatte einen Vorschlaghammer in der Hand, wobei sie beschreibt: „Das ist von Männern für Männer gemacht.“ Aber sie zuckt mit den Schultern und meint: „Das ist vielleicht nicht der klassische Frauenbereich, aber ich habe Spaß, Grenzen auszutesten.“ Außerdem sei sie mitnichten die einzige Frau, Kameradschaft würde groß geschrieben und alle seien „nett, verständnisvoll und hilfsbereit“.