Ein Antrag der Freien Grünen Liste hat für Ärger in Dettingen und Dingelsdorf gesorgt. Die Gemeinderatsfraktion wollte die Kreisstraße 6172 zwischen beiden Kommunen zur Fahrradstraße ausweisen. Die Ortsteile hingegen treten seit Jahren – nach Prüfung aller Optionen – für den Bau eines straßenbegleitenden Fahrradweges ein, um die Sicherheit der Radfahrer zu gewährleisten. Während der Sitzung des Technischen und Umweltausschusses (TUA) prallten die Fronten aufeinander.
Umwidmung zur Radstraße sei schnellste und effizienteste Lösung
„Wir wollten und wollen die Ortschaftsräte nicht übergehen. Sie kennen die Situation vor Ort am besten, aber wir Städter kennen uns auch ein bisschen aus“, sagte Anne Mühlhäußer, die den FGL-Antrag begründete.
Ein straßenbegleitender Radweg wäre die „eleganteste Lösung, aber die finanziellen Mittel sind immer knapper geworden. Der Radweg rückt in weite Ferne“, führte sie aus. Aber es sei erklärtes Ziel, den Radverkehr weiter zu stärken. Die Umwidmung zur Radstraße sei daher die schnellste und effizienteste Lösung.
„Dem Autoverkehr muss Raum weggenommen werden. Es ist ja nicht so, dass es keine Straße von Dingelsdorf nach Dettingen gäbe“, betonte Anne Mühlhäußer weiter. Es seien ja keine Entfernungen, und der Umweg sei absolut zumutbar.
„1900 Autos im Schnitt pro Tag sind keine große Anzahl“, wertete sie und forderte im Namen der FGL, die Kreisstraße probeweise für ein Jahr als Fahrradstraße auszuweisen und den Erfolg dann auszuwerten. „Einfach mal ausprobieren“, forderte sie. „Wenn es sich gar nicht bewährt, machen wir es rückgängig.“
„Im Ziel sind wir uns einig – beim Weg sind wir unterschiedlicher Auffassung“, formulierte Heinrich Fuchs, CDU-Gemeinderat und Ortsvorsteher Dingelsdorfs. „Der Radweg ist seit 20 Jahren in der Diskussion“, erinnerte er. Alle Varianten und alternativen Radwege seien geprüft, diskutiert und wieder verworfen worden, „weil sie nicht zielführend waren“.
Das Aufbegehren der Ortsteile
Die Straße habe „kräftige Höhenversätze, ist wahnsinnig kurvig und unübersichtlich, und an jeder Ecke ist mit einem Auto oder einem Traktor zu rechnen“, schilderte Heinrich Fuchs die Situation. Eine Fahrradstraße würde nur eine Scheinsicherheit suggerieren, wäre aber sehr gefährlich, schließlich werde der Ziegelhof mit 80 Pensionspferden über diese Straße angefahren.

„Und ewig grüßt das Murmeltier. Vor fünf Jahren hatten wir dieselbe Diskussion“, seufzte Roger Tscheulin, CDU-Gemeinderat und Ortsvorsteher Dettingen-Wallhausens. In Dettingen und Dingelsdorf herrsche Einigkeit, dass der straßenbegleitende Radweg realisiert werden soll. „Wir lehnen eine Testphase ab. Wie viele Testphasen, die in die Hose gehen, soll es noch geben?“
Er erinnerte an eine Unterschriftenaktion, die es vor Jahren gegeben habe. Würde sich das Gremium gegen den Willen der Bürger in den Teilorten stellen, würde sicherlich die nächste Unterschriftenaktion folgen, gab er zu bedenken.
Roger Tscheulins Ton wurde schärfer, als er auf den vermeintlich kurzen Umweg zu sprechen kam. Sein Ortschafts- und Gemeinderatskollege Alfred Reichle (SPD) habe ausgerechnet: „2000 Kraftfahrzeuge, 1,3 Kilometer, 365 Tage wären 950.000 Kilometer im Jahr und damit 120 Tonnen zusätzlicher CO2-Ausstoß im Jahr“, skizzierte Tscheulin und rechnete weiter: „Eine Buche bindet zwölf Kilogramm CO2 pro Jahr. 10.000 Buchen müssten gepflanzt werden, um den zusätzlichen CO2-Ausstoß zu neutralisieren.“

Zudem sei es „widersinnig“, die in den Sommermonaten sehr stark von Auto- und Fahrradfahrern frequentierte direkte Verbindungsstraße von Dingelsdorf nach Wallhausen zusätzlich zu belasten. „Die Sperrung ist kein Beitrag zum Klimaschutz. Das ist absurd. Das Gegenteil ist der Fall“, opponierte auch Alfred Reichle. „Lassen Sie das bleiben“, forderte Roger Tscheulin.
Nur eine Handvoll Autos?
„Die Argumente sind einleuchtend“, stellte Holger Reile fest und erklärte im Namen der Linken Liste: „Wir werden uns nicht über oder gegen die Ortschaftsräte hinwegsetzen.“ Nina Röckelein (FGL) begehrte jedoch noch kurz auf: „Es geht um eine Handvoll Autos.“ Es sei absurd, für einen Extra-Radweg „so eine große Fläche zu versiegeln“, sagte sie, aber auch: „Wir wollen keinen Krieg mit den Ortschaftsräten heraufbeschwören.“

„Das liegt an Ihnen, Frau Röckelein“, parierte Roger Tscheulin, „2000 Autos kann man nicht als eine Handvoll bezeichnen.“ Peter Müller-Neff (FGL) regte die Prüfung an, ob auf der Kreisstraße, die bald zur Gemeindeverbindungsstraße herabgestuft wird, Tempo 30 möglich sei. „Das wäre ein Kompromiss“, meinte er. Das könne die FGL gerne tun, sagte Roger Tscheulin, „aber ich glaube nicht, dass es für Radfahrer damit sicherer wird“.
Von den Ortschaftsräten solle er „explizit ausrichten, dass alle sehr irritiert waren, dass man vorher nicht das Gespräch gesucht hat – um es vorsichtig zu formulieren“, sagte Heinrich Fuchs.
Die Gremien in Dettingen und Dingelsdorf hatten am Vorabend getagt und einmütig einen Alternativ-Antrag gestellt. Sie formulierten deutlich, dass sie die Kreisstraße als Verbindung zwischen Dettingen in Dingelsdorf als unverzichtbar erachten und alle anderen Maßnahmen ablehnen. Hingegen solle der Radweg entlang der Straße weitergeplant und Geld bereitgestellt werden. Die Mehrheit des TUA stimmte dem Antrag aus den Vororten schließlich zu.