Die Ortschaftsräte in Dingelsdorf und Dettingen-Wallhausen sind ungehalten. Seit mehr als einem Jahrzehnt fordern sie einen straßenbegleitenden Radweg entlang der Verbindungsstraße zwischen Dingelsdorf und Dettingen. Seit 2016 schien alles auf einem guten Weg.

Jetzt plötzlich – ohne ihr Wissen – stellt die Stadtratsfraktion der Grünen den Antrag, die Verwaltung solle prüfen, ob diese Kreisstraße zu einer reinen Fahrradstraße umgewidmet werden könne. Diese Einmischung in innere Angelegenheiten, ohne dass zuvor Rücksprache gehalten wurde, sorgt für Unmut in den Teilorten.

Nach mehr als einem Jahrzehnt des Drängens hatte sich die Stadtverwaltung ab 2019 des Themas angenommen. Der Ortschaftsrat Dingelsdorf beschloss in seiner Sitzung im Juli 2021 einstimmig, die Verwaltung möge im Haushalt 2022 Planungsmittel für den Radweg Dettingen-Dingelsdorf bereitstellen. Gleichzeitig sprach sich das Gremium einmütig aus, die Verbindungsstraße für den allgemeinen Straßenverkehr offen zu lassen.

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Die gleichen Beschlüsse – ebenfalls einstimmig – fasste der Ortschaftsrat Dettingen-Wallhausen am 8. November, wie Roger Tscheulin, CDU-Gemeinderat und Ortsvorsteher von Dettingen-Wallhausen, während der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) rekapitulierte.

Warum Roger Tscheulin deutlich an diesen Umstand erinnerte? Die Stadtratsfraktion der Grünen hatte die Prüfung einer Ausweisung als Fahrradstraße auf der K 6172 beantragt. Dieser Antrag wird in der Sitzung des Technischen- und Umweltausschusses (TUA) am Donnerstag, 9. Dezember, behandelt.

Eigenmächtigkeit wird moniert

Dieses Vorpreschen kommt in den betroffenen Ortsteilen nicht gut an. „Die Ortschaftsräte beider Teilorte haben sich einstimmig dafür ausgesprochen, die Straße offen zu lassen“, stellt Ulrike Längle, stellvertretende Ortsvorsteherin von Dingelsdorf, auf SÜDKURIER-Nachfrage fest. Über die Eigenmächtigkeit der Grünen-Stadtratsfraktion ärgert sie sich: „Dass man uns übergeht, ist ein No-Go.“

Die Ortschaftsräte der Teilorte suchten immer den Kontakt zu den Stadtratsfraktionen. „Wir laden sie zu uns ein, damit wir nicht ganz vergessen werden. Schließlich muss man die Situation vor Ort kennen“, sagt Längle. „Umgekehrt ist es nicht so. Niemand hat im Vorfeld Kontakt zu uns aufgenommen. Da bin ich enttäuscht. Man kennt sich, da kann man doch mal kurz anrufen“, findet sie. Schließlich hätten die Ortschaftsräte die „Kompetenz vor Ort“.

Wichtige Direktverbindung

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Zum einen sei es für die Bewohner der beiden Teilorte eine wichtige Direktverbindung, insbesondere wegen der Nahversorgung. Die Fahrt über Wallhausen sei ein Umweg, schildert Ulrike Längle. Aus gutem Grund hätten die beiden Teilorte zur Sicherheit der Fahrradfahrer einen straßenbegleitenden Radweg gefordert. Mit einer Ausweisung als Fahrradstraße würde die Gefahr für Radfahrer nämlich nicht gebannt, da die Anlieger auf jeden Fall weiter die Straße nutzen müssen, so Ulrike Längle.

Das bestätigt Heinrich Fuchs, Ortsvorsteher von Dingelsdorf und CDU-Gemeinderat, gegenüber dem SÜDKURIER rundheraus. „Auch der Ziegelhof muss erschlossen werden“, gibt Heinrich Fuchs ein Beispiel und erläutert: „Auf dem Ziegelhof sind 80 Pensionspferde, die jeden Tag von ihren Besitzern versorgt werden.“ Dass die Eigner aufs Rad umsteigen würden, das dürfte nicht ganz realistisch sein, mutmaßt Heinrich Fuchs.

Noch gravierender aber sei: Der Ziegelhof verfügt „in großem Umfang über Grünland; da ist man mit großen Gerätschaften unterwegs. Das sind unübersichtliche Maschinen“, beschreibt Heinrich Fuchs. Eine Fahrradstraße würde den Radlern Scheinsicherheit suggerieren. Dabei habe es die Kreisstraße in sich: „X Kurven und Höhenversatz. Die Straße ist unübersichtlich.“ In Anbetracht all dieser Umstände urteilt Heinrich Fuchs: „Eine extrem gefährliche Kombination!“

Amt an der Kapazitätsgrenze

In der Sitzung des HFA machte sich Roger Tscheulin für den straßenbegleitenden Radweg stark und stellte den Antrag, 100.000 Euro Planungsmittel für das Jahr 2022 und weitere 100.000 Euro für das Jahr 2023 bereitzustellen.

Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn zeigte sich wenig entscheidungsfreudig; eine Begutachtung wäre erforderlich und außerdem sei die „Kapazitätsgrenze gerade kritisch im Amt; völlig unterbesetzt in dem Bereich“, sagte er in der Sitzung. Eine Beauftragung Ende 2022 sei aber ein denkbarer Weg, so Langensteiner-Schönborn.

Günter Beyer-Köhler (FGL) wetterte: „Ich finde einen Radweg unnötig“ in der angespannten Haushaltslage. Er sprach von „Schnellschuss“ und von „rausgeworfenem Geld“, wenn man schon eine Straße habe, wo man Autos raushalten könne.

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Da fand sogar Oberbürgermeister Uli Burchardt sehr deutliche Worte: „Es gibt nur wenige Stellen, wo man mit dem Rad auf Asphalt über den Bodanrück fahren kann. Die Verbindung ist wichtig. Wir bauen nichts gegen den Willen der beiden Ortschaften“, konstatierte Uli Burchardt und fügte an Beyer-Köhler gewandt an: „Das hat mit euch im Paradies gar nichts zu tun. In Dingelsdorf gibt es nicht mal einen Laden.“ Roger Tscheulin bekräftigte erneut: „Wir planen begleitend! Die Meinung der Orte, die es wirklich angeht, sollte man respektieren.“

Der HFA stimmte mehrheitlich für die Bereitstellung der Planungsmittel. Dieser Umstand stimmt Heinrich Fuchs für die bevorstehende TUA-Sitzung optimistisch. Außerdem stellt Heinrich Fuchs bezüglich der beiden Ortschaftsratsgremien fest: „24 Leute, die die Örtlichkeiten und die Zusammenhänge kennen, sollte man ernst nehmen.“