In der Shedhalle im ehemaligen Siemens-Areal ist es heiß. Nicht nur der Raum hat sich durch die Glaselemente im Dach aufgeheizt, sondern auch die Köpfe der Jury rauchen. Zwei Tage lang entschieden Stadträte aus allen Fraktionen, Architekten und Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie externe Experten über die Vorzüge und Nachteile von 58 Modellen.
In zwei internationalen Wettbewerben wurden die besten Ideen für zwei Bildungshäuser mit Sporthalle gesucht: Zum einen soll im neuen Quartier Hafner eine sechszügige Verbundschule, bestehend aus Gymnasium und Gemeinschaftsschule, mit Dreifeldsporthalle und eventuell einem Haus des Sports für Vereine gebaut werden. Zum anderen ist auch eine 2,5-zügige Grundschule mit Kita und Einfeldsporthalle vorgesehen.

Einige Stadträte hatten im Vorfeld bereits ihre Bauchschmerzen kundgetan. Schließlich ist Konstanz knapp bei Kasse, dennoch sollen die Schulen und Sporthallen am Hafner zusammengenommen rund 112 Millionen Euro kosten. Somit wird dies eine der größten Investitionen der Stadt Konstanz in den kommenden Jahren sein.
Allein deshalb lohnt es sich, beim Architekturwettbewerb genau hinzuschauen, welcher Entwurf auch finanziell machbar ist und welcher nicht. Beteiligt haben sich Büros aus ganz Europa, unter anderem aus Wien, Dublin und Barcelona.
Die Qualität der eingereichten Beiträge sei „außergewöhnlich gut“, sagt Martin Haas, Architekturprofessor aus Stuttgart und Chef des Preisgerichts, der ansonsten den Konstanzer Gestaltungsbeirat leitet. Obwohl die Büros durchaus unterschiedliche Ideen einreichten, wurden beide Sieger einstimmig gekürt.
Das liegt auch daran, dass in der Ausschreibung klare Kriterien vorgegeben waren. „Zum einen achten wir auf nachhaltige Bauweise und geringen Flächenverbrauch, zum anderen auf den Preis und darauf, wie sich die Häuser in die Landschaft am Hafner einfügen“, erläutert Martin Haas dem SÜDKURIER.

„Wichtig war uns auch zu sehen, wie diese markanten Auftaktgebäude zunächst ohne Nachbarschaft funktionieren, die erst später dazukommt.“ Viel Grünraum, gute Zugänglichkeit der öffentlichen Flächen und die Funktionalität der Gebäude punkteten bei der Jury ebenfalls. „Auch der Laie wird einsehen, dass eine spektakuläre Optik nicht alles ist“, so Haas.
Dann geht er durch die Ausstellung und stellt einige Entwürfe vor. Der SÜDKURIER hat ein paar Ideen herausgegriffen und sich dafür Namen ausgedacht. So kann jede Leserin und jeder Leser erst einmal für sich überlegen, wofür er oder sie sich entschieden hätte.

Die weiterführende Schule mit Dreifeldhalle
- Gemeinschaft in der Mitte: Drei Quader sind miteinander verbunden, sie haben teilweise keine rechten Winkel. Einer der äußeren Quader soll für die Gemeinschaftsschule zur Verfügung stehen, einer fürs Gymnasium. Das Gebäude dazwischen verbindet beide Schularten durch Gemeinschaftsflächen. „Der Bau in der Mitte hat uns fasziniert und wir sind beeindruckt vom Umgang mit der Nicht-Rechtwinkligkeit“, sagt Juryvorsitzender Martin Haas. Negativ beurteilt wurden die Lage der Sporthalle, die Größe der Schule und das Zusammenspiel mit dem Quartier.

- Drei Raketen: Im Wettbewerb wurden auch optisch ungewöhnlichere Einfälle eingereicht, dazu zählen die drei Raketen (weiterführende Schule) und ein Quader, der ihre Basisstation sein könnte (die Dreifeldsporthalle). In der linken „Rakete“ sind unter anderem Verwaltung und Lehrerzimmer untergebracht, in der mittleren Aula und Ganztagsbereich und in der rechten unter anderem weitere Ganztagsräume und eine Bibliothek. Dieser Entwurf stammt von einem Freiburger Büro. Was außergewöhnlich anmutet, hat Nachteile im großen Flächenverbrauch.

- Verschachteltes Duo: Dieser Entwurf besteht aus zwei Schulgebäuden aus Holz, die im rechten Winkel zueinander gedreht und an einer Ecke miteinander verbunden sind. In diesem überlappenden Teil sind Gemeinschaftsflächen wie Mensa und Bibliothek vorgesehen. Mit etwas Abstand steht ein Sportbaustein für die Dreifeldhalle mit einer verschatteten Freisportfläche auf dem Dach. Die Jury urteilt: „Kompakt, mit viel Freiraum, das lässt Sichtbeziehungen zum Straßenraum zu.“ Die Sporthalle wird – im Gegensatz zu manch anderen Modellen – nicht in die Erde eingegraben.


Die Grundschule mit Kita und Einfeldhalle
- Der Einteiler: Bei dem Kita-Grundschul-Campus bereitete das stark abfallende Gelände im Zusammenspiel mit einem großen geforderten Raumvolumen vielen Büros Schwierigkeiten. „Bei nicht sorgfältiger Bearbeitung überspannen die Gebäude fast das komplette Grundstück“, sagt Martin Haas. Architekten aus Zimmern ob Rottweil befreien sich davon, indem sie Kita, Grundschule und Sporthalle in ein einziges Gebäude zusammenfassen. Die Sporthalle soll in den Boden eingegraben werden.


- Kompakte Quader: Dieser Entwurf könnte auch – wie bei den weiterführenden Schulen – verschachteltes Duo heißen. Hier stehen ebenfalls zwei Quader im rechten Winkel zueinander und überlappen mit einem gemeinsamen Treppenhaus. Die Sporthalle ist auf dem Dach der Grundschule vorgesehen. Ein Untergeschoss wird vermieden. Die Jury urteilt: „Der Entwurf wirkt extrem klein im Vergleich zu anderen Modellen, die Gebäude sind gut organisiert und es war clever von den Planern, das Haus in den Süden des Grundstücks an die grüne Spange zu setzen und den Hügel als Kräutergarten zu nutzen.“


Die Entscheidung
Und was hätten Sie gewählt? Die Jury hat sich beim Grundschul-Kita-Campus für die kompakten Quader von asp Architekten aus Stuttgart entschieden und bei der weiterführenden Verbundschule für das verschachtelte Duo von JSWD Architekten aus Köln. Auf dem zweiten Platz landeten bei der weiterführenden Schule „Gemeinschaft in der Mitte“ und bei Grundschule/Kita der „Einteiler“ des Büros Broghammer Jana Wohlleber.
Die einmütige Abstimmung des Preisgerichts bedeutet aber nicht automatisch, dass diese Entwürfe tatsächlich am Hafner umgesetzt werden. „Wir verhandeln bei der weiterführenden Schule mit den vier Bestplatzierten und bei der Grundschule mit den beiden Erstplatzierten“, erklärt Lukas Esper, oberster Hafner-Planer bei der Stadtverwaltung. Baubeginn soll im Jahr 2028 sein.