Die Stadt Konstanz hat sich dem Klimaschutz und der Nachhaltigkeit verschrieben. Und so taucht auch immer wieder die Frage auf, wann die Spitalkellerei mit ihren 19 Hektar Rebflächen zumindest teilweise auf den Öko-Anbau umstellt.
Stand jetzt soll es im Jahr 2023 soweit sein. Das hatte die Spitalstiftung allerdings schon vor fast genau drei Jahren angekündigt – und vor der Zahl 2023 stand damals das Wort „spätestens“.
Laut Andreas Voß, Leiter der Stiftung, die die Spitalkellerei verpachtet hat, ist der Entwurf für einen neuen Pachtvertrag in Vorbereitung. Die genauen Vertragsmodalitäten müssen aber intern noch abgestimmt werden. „Dazu gehört unter anderem auch die wichtige Frage nach dem Umfang eines künftigen Anbaus von Bioweinen.“ Die letzte Entscheidung über die Verpachtung und die daran geknüpften Bedingungen liege beim Stiftungsrat, so Voß.

Der Klimawandel macht Probleme
Und was meinen die bisherigen Betreiber, deren Vertrag Ende 2022 ausläuft? „Egal ob man Bio macht oder nicht, man muss die Pflanzen schützen“, sagt Hubert Böttcher. Zusammen mit Stephan Düringer ist er seit zwei Jahrzehnten Pächter der Spitalkellerei – und die Beiden wollen es auch bleiben. Bereits ohne die Biozertifizierung habe ihr Betrieb vieles umgesetzt, was im Ökolandbau üblich sei.
Für eine komplette Umstellung allerdings sehen sie am Bodensee angesichts des Klimawandels Probleme. „Die hohe Luftfeuchtigkeit gab es schon früher, aber nicht so hohe Temperaturen.“ Diese Kombination sorge für ein riesiges Problem. Denn sie schaffe die perfekten Bedingungen für das Wachstum von Schadpilzen.

Ohne Fungizide, also Mittel gegen Schadpilze, kommt nach Meinung der Weinbauern keiner aus. Egal ob er nun konventionell oder zertifiziert ökologisch wirtschafte.
Im Ökoanbau seien dafür Schwefel und Kupfer üblich. Ihr Betrieb setze aber auch Mittel gegen Pilze an den Rebstöcken ein, die im Biolandbau nicht vorgesehen sind. Ein Versuch habe ihnen gezeigt, dass der komplette Verzicht darauf unter den Bedingungen des neblig-feuchten Bodensees sehr schwierig wäre.
Auf drei Hektar habe die Spitalkellerei den Anbau nach Ökorichtlinien schon einmal versucht, berichten die Beiden. Zwei Jahre, in denen die Wetterbedingungen für Winzer ideal waren, seien gut gegangen. Im dritten Jahr habe man den Versuch abgebrochen. Es sei zu nass gewesen.
Biobetriebe hätten damals fast 100 Prozent Ausfall gehabt. Ihnen dagegen sei es mit konventionellen Mitteln gelungen, einen Teil der Ernte zu retten. „Davon leben wir“, sagt Stephan Düringer.
Der Zeitpunkt der Ernte ändert sich
Dass sich das Klima ändert, habe sich schon in den letzten zehn Jahren gezeigt: „Der Lesezeitpunkt verschiebt sich.“ Früher sei die Ernte zwischen Mitte und Ende September eingefahren worden. Inzwischen liege der Zeitraum etwa zwei Wochen eher. „Die Witterung gibt uns vor, wie wir zu handeln haben.“
Düringer und sein Kollege Böttcher fragen sich auch, wie sinnvoll die Verordnungen für einen Ökobetrieb überhaupt sind. Das Problem: Der Ökoanbau sehe Kontaktfungizide vor, die leicht auswaschen. Dies bedeute, man müsse mit den Schutzmitteln häufiger an die Rebstöcke fahren, wodurch mehr Kraftstoff verbraucht werde. Außerdem verdichte man dabei die Böden, was wiederum den Pflanzen schade.
Es gibt zwar Rebsorten, die gegen Pilze besonders robust sind, aber schon nach 15 Jahren könne der Schutz nachlassen, so die Winzer weiter. Ein normaler Rebstock stehe aber 35 bis 40 Jahre, stellen Düringer und Böttcher fest. Üblicherweise gilt: Ein vitaler Rebstock werde nicht ausgetauscht. Denn das wäre auch wirtschaftlich wenig sinnvoll. Schließlich seien erst nach etwa zehn Jahren die Investitionen in die Neuanpflanzung wieder eingespielt.
Stephan Düringer und Hubert Böttcher sehen auch Schwierigkeiten, dem Verbraucher nahe zu bringen, dass eine Flasche Ökowein mehr kosten muss. Dieser klage ja schon jetzt, dass alles teurer werde.
Fazit: Grundsätzlich verschließen sich die jetzigen Pächter einer Ökoausrichtung nicht, sie machen nach eigenen Angaben aber auch heute schon vieles in dieser Richtung. So seien sie Mitglied im Beratungsdienst ökologischer Weinbau, setzten seit Jahren keinen synthetischen Dünger mehr ein und verwendeten für die Stützstangen für die Triebe kein Tropenholz.
Seit Mitte 2019 verzichtet die Spitalkellerei zudem vollständig auf den Unkrautvernichter Glyphosat, nachdem eine öffentliche Diskussion um die Verwendung entbrannt war. Mehrere Imker hätten heute ihre Bienenstöcke nahe den Reben, betonen die Weinbauern. Dies zeige doch schon, dass der Anbau naturverträglich sei.