Was sich erst einmal ziemlich dröge anhört, bietet umso mehr politischen Zündstoff: der „Regionalplan 3.1 – Teilfortschreibung Freiflächen-Photovoltaik (PV) für die Region Hochrhein-Bodensee“. Was dahintersteckt? Der „Planentwurf enthält Festlegungen zur räumlichen Sicherung von Flächen für Freiflächen-Photovoltaik-Nutzung in Form von Vorranggebieten“, heißt es dazu vom Regionalverband Hochrhein-Bodensee, der den Regionalplan beschlossen hat. Sprich: Flächen, auf denen bevorzugt große PV-Anlagen ausgewiesen werden könnten.
Das Gebiet umfasst dabei die Landkreise Lörrach, Waldshut und Konstanz. Wer sich durch die Unmengen an Materialien auf der Internetseite des Verbandes wühlt, findet unter anderem eine Karte, die die Vorranggebiete in und um Konstanz zeigt – und wird überrascht. So ist auf einer der Karten auch die Fläche des heutigen Konstanzer Flugplatzes als potenzielles Gebiet für Freiflächen-Solaranlagen vorgesehen. Seit Jahren wird bereits über eine entsprechende Anlage auf der riesigen Fläche vor den Toren der Stadt diskutiert.
Das hat seine Richtigkeit, bestätigt Sebastian Wilske, Direktor des Regionalverbandes Hochrhein-Bodensee, auf SÜDKURIER-Nachfrage. So habe der Regionalverband durch das Klimaschutzgesetz in Baden-Württemberg den Auftrag, im Rahmen der Regionalplanung eine gewisse Menge – in diesem Fall knapp 1400 Hektar in den drei Landkreisen – an potenziellen Flächen für Freiflächensolar zu sichern.
„Sichern bedeutet in diesem Fall in den Gebieten alle Nutzungen auszuschließen, die sich nicht mit PV vertragen“, sagt Sebastian Wilske gegenüber dem SÜDKURIER. Allerdings gehe es hier nicht um akute, bauliche Maßnahmen, der langfristige Planungshorizont erstrecke sich über zehn bis 15 Jahre.
Außerdem, stellt Wilske klar, handele es sich zuallererst um ein regionalplanerisches Konzept, das der Verband auf der Basis aktueller Informationen festlege. Das erste Konzept ist nicht an sofortige Planung gebunden, geschweige denn, dass von ihr ein konkreter Auftrag ausgeht, dass dort wirklich Freiflächen-PV entstehen muss.
Flugplatz schon länger in der Diskussion
Aktuell befinde man sich im sogenannten Anhörungsverfahren, bei der die Kommunen bis zum 11. Oktober die Gelegenheit haben, entsprechende Stellungnahmen und Hinweise auf die ausgewiesenen Flächen zu geben. Man befinde sich dazu mit den betroffenen Gemeinden im Dialog, so Wilske. Dabei können die Kommunen auch Aspekte vorbringen, die gegen die Flächen besprechen sowie Vorschläge für andere entsprechende Potenzialflächen machen. Nach der Anhörungsphase würde das Planungsverfahren nochmals von vorne durchlaufen.
Ob eine Fläche mit PV ausgestattet wird, in welcher Form und Größe sowie den genauen Zeitpunkt, das seien Fragen, die erst viel später kommen, stellt Sebastian Wilske klar. Was den Flugplatz angehe, so sei man sich bewusst, dass es sich um eine spezielle Situation handle. „Wir wissen auch, dass über den Flugplatz schon lange diskutiert wird“, sagt Wilske auch in Bezug auf einen möglichen Solarpark auf dem Platz.
Stellungnahme der Stadt ist in Arbeit
Bislang hat die Verwaltung eine entsprechende Stellungnahme zu den betroffenen Flächen auf ihrer Gemarkung noch nicht eingereicht, berichtet Wilske. Das bestätigt Elena Oliveira, Mitarbeiterin der städtischen Pressestelle, auf SÜDKURIER-Nachfrage. Wie Oliveira weiter mitteilt, plane die Verwaltung den entsprechenden Gremien im September eine verfasste Stellungnahme vorzulegen und diese nach den Beratungen dem Regionalverband mitzuteilen.
Zum Flugplatz heißt es: „Auf die Ausweisung eines Vorranggebietes im Bereich des Verkehrslandeplatzes (VLP) hat die Stadt selbst keinen unmittelbaren rechtlichen Einfluss.“ Neben der Zustimmung für eine gewerbliche Entwicklung – beispielsweise eines Teilstreifens in Richtung Byk-Gulden-Straße im Rahmen einer Kompromisslösung aus 2018 – habe der Gemeinderat im Oktober vergangenen Jahres auch den Beschluss gefasst, das Potenzial des Landeplatzes für Freiflächen-PV-Anlagen selbst zu prüfen. Das Ganze im Rahmen einer städtischen Potenzialstudie.
Schwierige rechtliche Situation
„Allerdings ist die Ausübbarkeit der kommunalen Planungshoheit, die neben der Lage im Außenbereich eine weitere Voraussetzung für eine Potenzialfläche darstellt, solange nicht möglich, wie die Betriebsgenehmigung für den VLP besteht“, teilt Elena Oliveira mit. Die Stadt Konstanz verlängert den Pachtvertrag der Flughafengesellschaft immer nur für kurze Zeiträume, um Optionen für eine Nutzungsänderung zu behalten.
Die rechtliche Situation gestaltet sich darüber durchaus allgemein als schwierig. Zuletzt verlängerte der Gemeinderat den Vertrag Ende 2023 – um zwei Jahre, also bis Ende 2025. Am 30. September 2025 ist derweil der Satzungsbeschluss für den Regionalplan vorgesehen.
Alles also viel hätte, wäre, könnte: Mehr wissen die Verantwortlichen wohl spätestens in gut einem Jahr. Selbst wenn würde es aber wohl noch Jahre dauern, bis eine Freiflächen-PV-Anlage auf dem Flugplatz entsteht. Klar ist aber laut der städtischen Pressestelle auch: Würde die Fläche des Flugplatzes als Vorranggebiet im Regionalplan rechtsverbindlich ausgewiesen, dürfte das entsprechende Gebiet in der Folge nur für PV-Anlagen genutzt werden.
Generell sei es aber laut Sebastian Wilske auch möglich, dass nur eine Teilfläche ausgewiesen wird. Dann stehe einer gewerblichen Teilnutzung grundsätzlich nichts entgegen – oder eben weiterhin die Nutzung als Flugplatz.