Michael Breuninger fällt ein großer Stein vom Herzen. Denn der Streit des Konstanzers mit Teilen der Eigentümergemeinschaft seines Wohnhauses in Konstanz ist um ein richtungsweisendes Kapitel reicher. Seit vier Jahren steht er im Konflikt wegen seines Balkonkraftwerks, sogar bis vor das Landgericht Karlsruhe ist Breuninger gezogen. Laut eigener Aussage auch für alle anderen Balkonkraftwerkbesitzer in Deutschland.

Doch nun kann aufgeatmet werden: Denn Mieterinnen und Mieter haben zukünftig grundsätzlich Anspruch auf ein sogenanntes Steckersolargerät, wenn sie dieses an ihrer Wohnung anbringen wollen. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstagabend, 4. Juli, eine entsprechende Gesetzesänderung, wodurch Balkonkraftwerke als „privilegierte Maßnahme“ ins Mietrecht aufgenommen werden.

Doch mehr noch: Plante ein Eigentümer einer Wohnung eines Mehrfamilienhauses – wie Michael Breuninger – ein Kraftwerk anzubringen, musste die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zustimmen. Nun wird das Mietrecht und das Wohnungseigentumsrecht so verändert, dass das nicht mehr verhindert werden kann. Vermieter und andere Eigentümer können lediglich nur noch über das Wie, nicht aber über das Ob, bei der Installation eines Balkonkraftwerks mitreden.

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Erleichterung in Konstanz

Für Michael Breuninger gleicht der Schritt einer Revolution. „Es sind vier Jahre vergangen, in denen ich für unser Balkonkraftwerk kämpfe“, sagt Breuninger im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Und er kämpfe längst nicht mehr nur für sich allein: „Viele haben dasselbe Problem, dass Miteigentümer das blockieren.“ Dass sich seine WEG jetzt nicht mehr gegen sein Balkonkraftwerk wehren kann, begrüße er. Sein erster Versuch, eine Erlaubnis seiner Eigentümerversammlung einzuholen, war mit neun zu elf Stimmen im Jahr 2021 gescheitert.

„Gestern Nacht war ein großer Schritt, ein großes Ding für die Zukunft der Balkonkraftwerke“, so der Konstanzer. In seinem Haushalt herrsche große Freude, denn die vergangenen Jahre seien aufgrund des Konflikts „familiär auch manchmal bedrückend gewesen“. Nun wünsche er sich, dass Ruhe einkehre.

Michael Breuninger sagt am Freitag, 5. Juli: „Gestern Nacht war ein großer Schritt, ein großes Ding für die Zukunft der Balkonkraftwerke.“
Michael Breuninger sagt am Freitag, 5. Juli: „Gestern Nacht war ein großer Schritt, ein großes Ding für die Zukunft der Balkonkraftwerke.“ | Bild: Hanser, Oliver

„Es ist auch ein großer Schritt für den Prozess in Karlsruhe“, fügt Breuninger hinzu. Er war nach einer Niederlage vor dem Amtsgericht Konstanz bis vor das Landgericht Karlsruhe gezogen. Er hatte, nachdem der SÜDKURIER mehrmals über seinen Fall berichtet hatte, bundesweit in verschiedenen Medien für Schlagzeilen gesorgt. Auch andere Eigentümer aus ganz Deutschland wandten sich dankbar an den Konstanzer.

Für den Prozessverlauf könnte die neue Gesetzesänderung richtungsweisend sein. Das ist auch laut Breuningers Rechtsanwalt Sascha Händle möglich. „Da muss man sich anschauen, was genau beschlossen wurde“, so der Konstanzer Anwalt am Freitag. Die Auswirkungen auf das Verfahren hingen vom genauen Wortlaut der Gesetzesänderung ab.

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Sektkorken in Videobesprechung

Die sprichwörtlichen Sektkorken – wenn auch virtuell geköpft – flogen bei Christian Ofenheusle und anderen Unterstützern einer entsprechenden Petition, die sie ins Leben gerufen hatten und die auch Breuninger unterzeichnete. Wie Ofenheusle gegenüber dem SÜDKURIER am Freitag angibt, verfolgten er und die Unterstützer gemeinsam in einer Videobesprechung die Live-Übertragung der Bundestagssitzung am Donnerstagabend. Am Ende wurde auf den Erfolg gemeinsam vor den Bildschirmen angestoßen.

„Der Bundestag hat ab 21.20 Uhr die abschließende Beratung vorgenommen“, so Ofenheusle. „Es wurde entschieden, dass die Privilegierung umgesetzt wird.“ Nun warte man nur noch auf die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. „Für uns ist das ein großer Erfolg“, so Christian Ofenheusle. Er stellt allerdings auch klar, dass man sich gewünscht hätte, dass nicht nur die Steckersolargeräte privilegiert würden, sondern auch PV-Anlagen, die noch mehr Energie erzeugen können.

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Die im Februar 2023 aufgesetzte Petition, die „Änderungen durch den Bundesgesetzgeber, um die Installation von Balkonsolaranlagen für möglichste viele Personen zu erleichtern, ihnen die Möglichkeit zu geben, von der Energiewende zu profitierten und sie von unnötiger Bürokratie zu entlasten“ forderte, hatte in den ersten 40 Tagen 100.000 Unterschriften gesammelt und war dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vorgelegt worden. Der Erfolg hatte auch den Druck auf das politische Berlin erhöht. Die Initiatoren der Petition sind der Youtuber und Wissenschaftler Andreas Schmitz sowie Christian Ofenheusle.

Die aktuelle Gesetzesänderung betrifft Hunderttausende Menschen in Deutschland, sind doch aktuell laut dem Bundesverband Solarwirtschaft mittlerweile 563.000 Steckersolargeräte bei der Bundesnetzagentur registriert. Allein zwischen April und Juni gingen über 150.000 Anlagen ans Netz – neuer Rekord. Durch die Änderung rechnen Branchenverbände mit einem Nachfrageschub.

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