Die Worte von Antje Pohle klingen wie ein Hilferuf. „Konstanz wird als zu Hause zu teuer für mich“, sagt sie. „Es wohnen bald nur noch Besserverdiener wie Ärzte, Rechtsanwälte, Professoren oder Architekten hier, weil sie irgendwann die einzigen sind, die sich das Leben hier noch leisten können. Ich frage mich aber: Warum bleibt für den Mittelstand immer weniger Raum, hier ein Zuhause zu finanzieren? Ich zum Beispiel arbeite seit 25 Jahren im Gesundheitswesen. Mittlerweile kann ich damit nicht mal mehr eine Miete finanzieren.“

Teures Leben in Konstanz

Die Antwort, die sie nicht selbst gibt, die sich aber deutlich zwischen den Zeilen lesen lässt: Menschen wie sie würden sich ja auch um die Ärzte, Rechtsanwälte, Professoren oder Architekten kümmern – wenn man sie denn ließe. Die Crux bei der Sache: „Wenn das mit den Preisen fürs Wohnen in Konstanz so weitergeht, sind die Reichen irgendwann unter sich und die Menschen, die sich um sie kümmern würden, im Alter zum Beispiel, sind weg, weil ein Leben hier zu teuer ist.“

„Ich frage mich: Warum bleibt für den Mittelstand immer weniger Raum, hier ein Zuhause zu finanzieren? Ich zum Beispiel arbeite ...
„Ich frage mich: Warum bleibt für den Mittelstand immer weniger Raum, hier ein Zuhause zu finanzieren? Ich zum Beispiel arbeite seit 25 Jahren im Gesundheitswesen. Mittlerweile kann ich damit nicht mal mehr eine Miete finanzieren“, sagt Antje Pohle. | Bild: Oliver Hanser

Die 45-Jährige ist selbst auf der Suche nach einer Wohnung für sich und ihre zwei Töchter in Litzelstetten. Seit Jahresbeginn und bisher vergeblich. Sie hat die Kündigung wegen Eigenbedarf erhalten.

„Wir würden gerne in Litzelstetten bleiben, aber...“

„Wir sind in Litzelstetten sozialisiert, lieben es hier und würden so gerne bleiben. Meine Töchter haben hier ihre Freunde und ihr Leben“, erzählt sie. „Doch das wird mit meinem Gehalt als Sachbearbeiterin bei der Caritas-Altenhilfe sowie als gelernte Zahnarzthelferin bei einem Kieferorthopäden nicht mehr möglich sein.“

Zweimal pro Woche arbeitet Antje Pohle von 8 bis 19 Uhr, dreimal von 8 bis 13 Uhr. „Irgendwann muss ich mich ja auch um meine Kinder kümmern und den Haushalt machen“, sagt sie. „Ich habe sowieso schon ein schlechtes Gewissen, kann die Situation aber nicht ändern.“

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Mutter und Töchter müssten schon große Abstriche machen, um sich überhaupt irgendwo in Konstanz eine Wohnung leisten zu können. Antje Pohle: „Aber ehrlich gesagt sehe ich das nicht ein: Ich habe zwei Jobs, erziehe zwei junge Mädchen alleine. Wir waren seit Jahren nicht mehr im Ausland im Urlaub – da wollen wir zumindest dort wohnen, wo es uns am besten gefällt und wo wir am besten aufgehoben sind.“

Sie rede nicht von der Karibik oder von St. Moritz, sondern von einem Konstanzer Vorort. „Es kann doch nicht sein, dass gewisse Orte nur noch der Elite vorbehalten sind. Wenn man viel und hart arbeitet, sollte man auch etwas davon haben.“ Die Situation sei sehr frustrierend und beschäftige die ganze Familie.

„Wer kann sich so etwas denn leisten?“

„Was ist das denn für eine Region, wo man sich mit zwei Jobs sein Heim und sein Leben nicht mehr leisten kann? Wo kommen wir denn hin, wenn wir nur noch zur Arbeit gehen, damit wir uns eine Mietwohnung leisten können? Und was ist mit dem Applaus, den wir Mitarbeiter des Gesundheitswesens noch im Lockdown bekommen haben? Jetzt kann ich nicht mal mehr eine Miete finanzieren.“

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Antje Pohle hat sich in den vergangenen Monaten auf diverse Anzeigen gemeldet. Aber: „Da werden für drei Zimmer mit 90 Quadratmetern schon mal 1600 Euro gefordert oder für 2,5 Zimmer mit 60 Quadratmetern 1200 Euro. Welche alleinerziehende Mutter kann sich so etwas denn leisten?“

Eine Wohnung ohne fließendes Wasser hätte sie sich leisten können

Das Problem in ihren Augen: „Egal, wie viel Geld verlangt wird: Irgendjemand kann sich das leisten und ist bereit, so viel auszugeben.“ Sogar eine Zwei-Zimmer-Wohnung ohne fließendes Wasser wurde ihr schon angeboten. „Das Lustige: Die hätten wir uns leisten können. Aber ohne Wasser?“

Auch bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Wobak hat sie sich informiert. Aber dort gibt es keine Wohnungen in Litzelstetten. „Ich habe einen gewissen Anspruch, der wirklich nicht zu hoch gegriffen ist. Es geht mir auch um unsere Würde. Wir sind weder wählerisch noch verwöhnt. Wir wollen einfach nur normal leben und ich möchte meine Kinder in einem angenehmen und vor allem vertrauten Umfeld aufwachsen sehen.“

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Wenn sie dann Ferienwohnungen sieht, deren Rollläden acht Monaten im Jahr heruntergelassen sind, ärgert sie sich. „Die Kluft zwischen arm und reich wird in Konstanz immer größer und immer sichtbarer.“