Jens Degenhardt steht auf der Fürstenbergstraße und steuert mit seiner Fernbedienung ein seltsames Gefährt auf vier Rädern. Durch dieses Gerät wird ein weißer Schlauch geführt, der am Ende in einem Kanal verschwindet. Später zieht eine Dampfwolke in den Himmel, auf der Straße liegen Eisklumpen – mitten im Spätsommer? Was seltsam anmutet, ist Teil der Kanalsanierung in Petershausen.
Die Abwasserrohre müssen repariert werden. Dazu kommt hier das so genannte Schlauchlinerverfahren zum Einsatz. Dabei wird der undichte Kanal von innen mit einem in Harz getränkten Gewebeschlauch, dem Schlauchliner, ausgekleidet. Die Asphaltdecke muss bei dieser Technik nicht aufgerissen werden, doch aufwendig ist auch diese Vorgehensweise.
Doch bevor der Schlauch unter die Erde geführt werden kann, muss ein flacher und schmaler Roboter in der Fürstenbergstraße wichtige Vorarbeit leisten. „Roboter kommen bei Kanälen zum Einsatz, deren Durchmesser kleiner ist als 80 Zentimeter, weil sie als nicht begehbar gelten“, erklärt Antje Leisner. Sie ist bei den Konstanzer Entsorgungsbetrieben (EBK) für die Sanierungsplanung zuständig.
Ein Roboter fährt unter der Erde
Der Roboter fräst Kalkablagerungen ab sowie Unebenheiten, die durch das jahrelange Lagern der Rohre im Untergrund entstehen können. „Am Roboter ist ein ausfahrbares Werkzeug montiert, mit dem er im Kanal arbeitet“, sagt Antje Leisner. Wenn er seine Arbeit erledigt hat, wird der Kanal gespült und mit einer Kamera abgefahren.

Erst dann beginnen die Fachleute mit der eigentlichen Reparatur. Dazu gibt es verschiedene Verfahren. „In Petershausen wurde der Schlauch Stück für Stück von der Oberfläche aus in den Kanal gepresst“, so Leisner. „Das kann man sich vorstellen wie bei einem auf Links hängenden Jackenärmel, der über eine Hand gestreift und so auf Rechts gedreht wird. Das Umdrehen geschieht hier mittels Druckluft.“
Der Schlauchliner überdeckt nun alle Schadstellen im Kanal, doch er ist in diesem Stadium noch weich und muss aushärten. In Konstanz kommt die thermische Aushärtung durch Wasserdampf zum Einsatz. In einer mobilen Dampfanlage, die von außen aussieht wie ein kleiner Laster, wird der Dampf erzeugt.

Der Wasserdampf heizt den Schlauchliner auf. Die Temperatur wird eine definierte Zeit lang konstant gehalten und anschließend wieder gesenkt. Dieser Vorgang dauerte in der Fürstenbergstraße rund drei Stunden. Jens Degenhardt überwachte die Temperatur des Schlauchliners fortlaufend über Sensoren im Kanal.

Nicht immer wird hier gearbeitet
Autofahrer, die während dieses Prozesses die Baustelle passieren, wundern sich: Warum liegt im sonnigen Spätsommer Eis auf der Straße? „Der Schlauch darf vor der thermischen Aushärtung nicht mit Hitze in Berührung kommen, sonst startet das Verfahren zu früh“, erklärt Antje Leisner. Deshalb werden die Schläuche nach ihrer Produktion in Eis verpackt und angeliefert.

Zeitweise war richtig was los auf der Fürstenbergstraße. So viel Trubel war aber nicht immer auf dieser Baustelle. Tagelang war zwar die Umleitung eingerichtet, doch von Bauarbeiten keine Spur. Denn zwischen den vorbereitenden Fräsarbeiten und der tatsächlichen Kanalsanierung lagen einige Tage Stillstand. Und auch zwischen diesen Hauptarbeiten und der folgenden Schachtsanierung beim Zustieg zum Kanal passiert einige Zeit lang nichts.
Könnte man die einzelnen Bauabschnitte nicht zeitlich enger takten und somit einige Tage weniger den Verkehr behindern? Dazu sagt Nele Steurer, Pressesprecherin der EBK: „Die Aufgaben werden von verschiedenen Bautrupps durchgeführt, die miteinander koordiniert werden müssen. Darum ist es riskant, alle Arbeiten unmittelbar aufeinanderfolgend anzusetzen.“

Und weiter: „Die Puffertage sind notwendig, damit der jeweilige Arbeitsschritt auf jeden Fall abgeschlossen werden kann, bevor der nächste ansteht. Ansonsten könnte es schon aufgrund kurzer Unterbrechungen zu langfristigen Verzögerungen kommen.“
„Der Bautrupp für den nächsten Abschnitt kann nicht einfach warten, sondern ist in der Regel bereits in der Folgewoche bei einer anderen Kanalsanierung an einem ganz anderen Ort eingeplant“, so Steurer. Zumal Regen die Arbeiten verzögern könnte, auch das müsse berücksichtigt werden.
Aber in der Fürstenbergstraße läuft derzeit alles nach Plan: „Die Arbeiten befinden sich aufgrund der optimalen Witterung und der guten Zusammenarbeit zwischen den Firmen, Ämtern und Betrieben aktuell genau im Zeitplan“, sagt Nele Steurer. Somit kann die Sperrung wie geplant am Donnerstag, 28. September, aufgehoben werden.