Die Stadt Konstanz steht – wie viele andere Kommunen – finanziell am Limit. Und Oberbürgermeister Uli Burchardt wird so deutlich wie noch nie in den zwölf Jahren seiner Amtszeit: „Es ist kein Platz für neue Wünsche“, sagt er. Und: Manches, was die Stadt bisher für ihre Einwohner leisten konnte, kommt auf den Prüfstand.

Denn die Einnahmen in den Jahren 2025 und 2026 reichen nach derzeitiger Planung nicht einmal aus, den laufenden Betrieb zu decken – von Investitionen ganz zu schweigen. Unter diesen schwierigen Vorzeichen haben die Haushaltsberatungen für die kommenden beiden Jahre begonnen. Was kommt auf die Bürger zu? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Um wie viel Geld geht es?

Die Stadt Konstanz – ohne Stadtwerke, Technische und Entsorgungsbetriebe und weitere Tochtergesellschaften – bewegt im Jahr 2025 nach derzeitiger Planung etwa 370 Millionen Euro und im Folgejahr 385 Millionen Euro. Das Budget ist dabei regelrecht explodiert: Als 2012 Oberbürgermeister Uli Burchardt neu ins Amt kam, betrug der Etat noch rund 170 Millionen Euro. Er hat sich also innerhalb von zwölf Jahren verdoppelt.

OB Uli Burchardt: „Wir können unser Pflichtprogramm erfüllen, aber es ist kein Platz für neue Wünsche.“
OB Uli Burchardt: „Wir können unser Pflichtprogramm erfüllen, aber es ist kein Platz für neue Wünsche.“ | Bild: Rau, Jörg-Peter | SK-Archiv

Warum kommt die Stadt nicht mit dem Geld aus, das sie hat?

Viele der Gründe dafür liegen außerhalb der Stadt – das sagt nicht nur OB Burchardt, sondern auch der Städtetag. So hat der Bund beschlossen, dass es für alle Grundschulkinder eine Ganztagsbetreuung geben soll. Umsetzen müssen es die Kommunen. Auch die Kosten für den Klimaschutz werden teils nach unten abgewälzt.

Für Konstanz kommt hinzu, dass die Stadt rund 70 Millionen an den Kreis abführen muss – unter anderem, weil der Gesundheitsverbund mit den Kliniken pro Jahr etwa 30 Millionen Euro Miese macht. Kämmerer Ulrich Schwarz beschreibt das Problem in einem Satz: „Die Ausgaben steigen schneller als die Einnahmen.“

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Weshalb werden die Personalkosten immer drückender?

Fast 100 Millionen Euro pro Jahr wird die Stadt perspektivisch allein für das Personal brauchen. Auch hier liegen manche Ursachen außerhalb der Stadt – durch neue Standards bei den Kitas und Schulen, durch das Management der Flüchtlingskrise oder auch durch hohe Tarifabschlüsse für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Innerhalb von zehn Jahren ist nach Angaben der städtischen Personalchefin Anja Conze der Personalbestand um 39 Prozent gestiegen: von 786 Vollzeit-Stellen auf nun 1091. Fast 80 Stellen davon entfallen allein auf den Kita-Bereich.

Doch die Stadt hat auch eigene Entscheidungen getroffen, die zu der Situation geführt haben. So hat Konstanz – obwohl die 100.000-Einwohner-Grenze noch fern ist – begonnen, die Feuerwehr Schritt für Schritt in eine Berufsfeuerwehr umzubauen. Die Personalkosten sind aber auch deshalb ein Problem, weil die Stadt von ihnen kaum wieder herunterkommt. Jede neue Stelle kostet laut Kämmerer Ulrich Schwarz derzeit 70.000 bis 80.000 Euro (Gehalt und alle Nebenkosten), Tendenz steigend.

Kämmerer Ulrich Schwarz: „Die Ausgaben steigen schneller als die Einnahmen“
Kämmerer Ulrich Schwarz: „Die Ausgaben steigen schneller als die Einnahmen“ | Bild: Manuela Salzinger/Grüne | SK-Archiv

Kommen Mehrbelastungen auf die Bürger zu?

Die zwei wichtigsten Steuern hat der Gemeinderat bereits kräftig erhöht, die Grundsteuer zum 1. Januar 2024 und die Gewerbesteuer zum 1. Januar 2023. Doch der Effekt ist laut Verwaltung schon wieder aufgebraucht. Zu erwarten ist, dass viele Abgaben, Gebühren und Preise steigen.

Zudem spricht OB Burchardt davon, rechtsrheinisch Anwohnerparken einzuführen, was der Stadt ein bis zwei Millionen Euro im Jahr einbringen könne. Bei Eintritten sind schon Steigerungen beschlossen (Theater) oder werden sicher in die Diskussion kommen (Schwaketenbad, das allein fünf Millionen Euro Defizit im Jahr macht).

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Wie sieht es mit den Schulden aus?

Schon das Jahr 2024 wird nach aktueller Planung mit einem Minus von 14 Millionen Euro enden. Für 2025 und 2026 sieht es noch viel schlechter aus. Wenn alles, was geplant ist, umgesetzt wird, würde der Schuldenstand bis Ende 2026 auf 138 Millionen Euro klettern. Noch im Jahr 2021 lag er bei rund 20 Millionen Euro. Das würde aber das Regierungspräsidium nie genehmigen.

Und: So viele Investitionen, wie derzeit noch geplant sind, könnte die Verwaltung auch gar nicht umsetzen. Der OB schlägt hier einen Deckel von 35 Millionen Euro vor. Doch auch diese Summe müsste, abzüglich Zuschüssen, komplett über Kredite finanziert werden. Die Zeiten, in denen die Stadt aus dem laufenden Geschäft Überschüsse erwirtschaftet, sind wohl endgültig vorbei.

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Was könnte auf den Prüfstand kommen?

Ein großer Teil der Aufgaben, die die Stadt übernimmt, ist gesetzlich vorgeschrieben. Oft sind dafür auch genaue Standards festgelegt wie im Sozialbereich. Doch es gibt auch freiwillige Aufgaben, etwa Bäder, Kulturangebote, Grünanlagen oder Zuschüsse an Vereine. Bei den Investitionen hat OB Burchardt schon angekündigt, dass er den Umbau des Bodensee-Stadions in eine multifunktionale Freizeitanlage auf Eis legen will. Beim Hallenbad am Seerhein dürfte erneut die Schließung diskutiert werden.

Fragezeichen gibt es auch bei der Fortführung des C-Konzepts für den Altstadtverkehr mit dem Kreisel am Fischmarkt. Ob das Theater die Werkstattbühne mit ihren Brandschutzproblemen weiter betreiben kann, dürfte erneut diskutiert werden. Gesetzt ist für den OB dagegen der Umbau des Stephansplatzes. Die Prioritäten liegen nach seinen Vorstellungen bei Klimaschutz, Wirtschaftsförderung, Sicherheit und Zusammenhalt der Gesellschaft.

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Bis wann herrscht Klarheit?

Die Verwaltung hat dem Gemeinderat einen Entwurf für den Doppelhaushalt 2025/26 vorgelegt. Die politische Diskussion darüber beginnt erst. Der Gemeinderat und seine Ausschüsse müssen nun in den einzelnen Bereichen entscheiden, welche Investitionen sie streichen oder verschieben. Und wo es wirklich zwingend neues Personal braucht und was jetzt einfach erst mal nicht geht.

Das wird bis Mitte Februar dauern. Ende Februar soll der Gemeinderat den Haushalt dann beschließen. Im Mai wird die Genehmigung des Regierungspräsidiums erwartet. Bis dahin werden es mühsame Monate werden. OB Burchardt gibt dafür schon mal folgenden Leitsatz vor: „Wir können unser Pflichtprogramm erfüllen, aber es ist kein Platz für neue Wünsche.“