Für einen Moment wird es doch ein bisschen emotional. In den ersten Reihen funkeln sogar ein paar Wunderkerzen, als sich der Vorhang für Bernd und Dirk Mutter, Markus Deutinger und Wolfgang Stark hebt. Zum letzten Mal werden sie in dieser Vierer-Formation auf der Bühne stehen und ihre originell umgetexteten Lieder vortragen. Zwar, versichern sie im Nachgang, werden sie nicht ganz von der Fasnachtsbühne abtreten. Aber als die „Vier Oldies“ sagen sie im diesjährigen Programm des Narrenvereins Schneckenburg tatsächlich Adieu, aus Altersgründen.

Für viele der rund 200 Premierengäste ist es ein Wiederhören, denn das Quartett bringt das Beste aus den vergangenen 25 Jahren nochmals auf die Bühne. „Diesen Kühlschrank musst Du abtau‘n, Girl“, singen sie. Oder „ein Joint, ein Joint, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt“. Und sie finden sich „In der Schorlemischerei“ oder schwingen eine Frischebox namens „Super Tupper“. Der Beifall beim Bunten Abend will kaum enden.
Die Schneckenburg hat wieder eine Kinder- und Jugendtanzgruppe
Einen unbeschwerten Abend nach einer Woche voller neuer Unsicherheiten, das wünschen sich wohl alle im liebevoll dekorierten Saal der Waldorfschule. Als nach einem Intro der bestens eingespielten Clownkapelle Rolf Reisacher auf die Bühne tritt und sich als „der neue Schneckenpräsident“ vorstellt und dann auch gleich noch eine zauberhafte Kinder- und Jugendtanzgruppe zeigt, dass es viel Zukunft gibt in dem über 100 Jahre alten Verein, ist die Stimmung bereits gelöst.
Dazu tragen auch Elena Moser und Thomas Hill bei, die charmant durchs Programm führen und sogar selbst eine Zugabe geben müssen. Genauso lässt das Publikum die Tanzgruppe „Schorly‘s“ erst nach zweimaliger Darbietung ihrer bestens choreografierten und getanzten Nummer von der Bühne.
Genauso gefeiert wird zum Abschluss das Männerballett – alle scheinen sich zu freuen, dass die Schneckenburg diesen Klassiker noch zu bieten hat und dass die Tänzer auch zeigen, wie witzig, sportlich und ästhetisch solche Nummern sein können.
Dazwischen gibt es gut einstudierte Sketche – mit irrem Wortwitz rund um Uhrzeit, Urzeit, Uran und Uhr an die beiden jungen Akteurinnen Chiara Blanck und Melissa Saile sowie als spottlustiger, aber am Ende doch gutmütiger Zeitungsleser Axel Zunker, der zum Beispiel das Rentner-E-Bike als „Rollator zum Draufsetzen“ verspottet.

Ehrenpräsident Jürgen Stöß nimmt zusammen mit Dagmar Hohensteiner die Fasnacht als solche charmant aufs Korn. Und Andrea Trempa-Knittel, obwohl merklich angeschlagen, zieht mit Holger Walter ihre Nummer der mordlustigen Witwen durch und bekommt aus dem Fall viel Respekt zurück.
Zwischen Klamauk und Kritik: Eine Büttenrede nach Maß
Und auch eine klassische Büttenrede ist im Programm. Petra Bruderhofer kommt als Sprachassistenz-System Alexa auf die Bühne und verbindet närrischen Spaß und kritische Töne auf beispielhafte Weise. „Meine Box steht bei Euch daheim / nichts bleibt da vor mir geheim“, heißt es in dem von Uwe Fiedler geschriebenen Text, da kann einem auch mal das Lachen im Halse steckenbleiben.
Urkomisch ist dagegen das Heiligabend-Drama rund um einen als Braten vorgesehenen, kostbaren Wildfasan, bei dem Co-Moderatorin Elena Moser auch in einer großen Rolle überzeugt – während ihr Bühnenpartner Thomas Hill mit einer veritablen Breakdance-Nummer überrascht. Und die beiden verhinderten Schachspieler Holger Walter und Udo Dietrich schlagen immer mal wieder einen Bogen in die Gesellschaft, von brauner Gesinnung bis zu den Bauernprotesten.

Es ist schon fast Mitternacht, als das Programm abgeschlossen ist. Schon am nächsten Tag geht es weiter, dann wird im Programm zusätzlich auch der bisherige Scheckenburg-Präsident Arthur Bruderhofer verabschiedet. Er dürfte stolz auf den Verein schauen, der so viele jüngere, junge und ganz junge Menschen auf die Bühne bringt so auch zum Zusammenhalt in der Gesellschaft beiträgt.
In einem Moment wird das sogar ganz deutlich. Als sie sich von der Bühne verabschieden, geben die „Vier Oldies“ dem Publikum – das eigentlich viel mehr eine Gemeinschaft ist – noch eines mit den Weg und erhalten dafür großen Beifall: „Es war schön, all die Jahre auf der Bühne zu stehn / Schaut nicht nach Ruhm und Geld / Schaut nach Frieden und Demokratie auf der Welt!“