„Allen wohl und niemand weh“ ist das Fasnachtsmotto 2022 der Konstanzer Narrenzünfte und -vereine. Sie entschieden sich aufgrund der Pandemie zur Pop-up-Fasnacht. So ist es dem Narrenverein Schneckenburg ein Anliegen, mit Sorgfalt und Bedacht ein kleines bisschen Fasnachtsfreude zu schenken und genießen. Schließlich fiel bereits die für das Jahr 2021 geplante und auf dieses Jahr verlegte Feier aus Anlass des 100jährigen Bestehens aus.
Alt-Präsident Jürgen Stöß war geknickt
Jürgen Stöß, der Anfang 2022 das Narrenzepter an seinen Nachfolger Arthur Bruderhofer übergab, war geknickt. Das Jubiläumsfest wäre der Höhepunkt seiner Narrenlaufbahn gewesen. Besonders schlimm aber ist für ihn, wenn er an seine große Narrenschar denkt: „Wir hätten beim Sonntagsumzug als Nummer 1 laufen dürfen…“

Normalerweise ist die Konstanzer Blätzlebuebe-Zunft Nr. 1
Den Umzug anzuführen ist in der Regel den Konstanzer Blätzebuebe vorbehalten, wenn es kein Jubiläum feiernden Verein gibt. Warum eigentlich? „Blätz sind per se orientierungslos“, frotzelt Arthur I. „Sie laufen vorneweg, damit alle anderen Zünfte sie wieder einsammeln können, falls sie vom Weg abkommen.“

Kleines Trostpflästerchen
Um seinen Vorgänger Jürgen Stöß zu trösten, versprach Arthur, am Fasnachtssonntag mit ihm eine „Rumdappete“ (Spaziergang ist zum Tabu-Wort geworden) durch die Altstadt zu machen. Heimlich und im stillen Schneckenhaus hat Axel Zunker eigens ein Täfele mit einer 1 gestaltet, dem vormaligen Präsidenten zum Wohlgefallen.

Mit Musik geht alles besser
Jürgen Stöß hatte am Fasnachtssonntag um 12.30 Uhr Tränen in den Augen, als er zum Lutherplatz – normalerweise Aufstellungsort für den Sonntagsumzug – kam. Da standen versprengt einige Schneeschreck, Räuber und Clowngruppen-Mitglieder, die der Schneckenburg angehören.

Spontanes Häslüften bei idealem Wetter
„Wir müssen unbedingt unser Häs lüften“, berichtet Isabel Trempa. „Seit zwei Jahren liegt es im Schrank und ist total eingestaubt. Das Lavendel-Säckle war schon voller Motten“, berichtet sie. In Anbetracht des Sonnenscheins und des lauen Lüftchens beschloss sie: „Wir gehen jetzt die Häser ausstauben“ und nahm ihre Kinder, Johanna (3) und Vincent (5), gleich mit, denn frische Luft ist gesund.

Eine dringende Notwendigkeit
Die dringende Notwendigkeit des Häslüftens sahen viele – und bei weitem nicht nur Schneckenbürgler. „Leder, Holz, Filzblätz – alles teure Waren, die gepflegt werden müssen“, stellt Arthur Bruderhofer verständnisvoll fest.

Alles purer Zufall!
Dass sich zufällig die meisten am Lutherplatz trafen, das liegt in den Konstanzer Genen. Ebenso ein Zufall war, dass die Schneckenbürgler über die Laube, Stephansplatz, Zollernstraße, Brotlaube, Marktstätte und Rosgartenstraße liefen. Das ist eben ein Konstanzer Narrenautomatismus, der tief im Innern eines jeden Hästrägers verankert ist.

Die Pop-up-Rumdappete
So dappten eben unwillkürlich und spontan auch Altstadthexen, Konstanzer Tal-Hexen, Hofpeter und einige mehr hinter den Schneckenbürglern her, zur großen Freude der Passanten, die mit lautem „Ho Narro“ für das kleine bisschen Freude durch die Pop-up-Rumdappete in einer schwierigen Ära dankten. Am Obermarkt brachten die Löli-Tuuter aus Bottighofen ein Spontan-Konzert.

Die vereinigten Hästräger von Konstanz
Laugelelumper und Alt-Konstanzer Hansele schenkten den Kindern Guetsele, Teufel sprangen querfeldein, Hofpeter schnurrten mit den Anwesenden und die Saubachgeister waren von ihren Laternen geklettert.

Doch die Unbeschwertheit fehlt
In der Konstanzer Altstadt tummelten sich viele Hästräger und Mäschgerle, bedacht auf respektvollen Abstand. Es war ein kleiner Fasnachtsfunke spürbar, aber die normalerweise herrschende Unbeschwertheit vermochte aus guten Gründen nicht aufkommen.