Konstanz hat ein Problem. Ein sehr großes: Familien, Studenten, Rentner – viele finden keine passende Wohnung in der Stadt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Bürger eine Mietwohnung suchen, ein Haus kaufen oder bauen wollen. Sie finden einfach nichts, was sie sich leisten können. Wohnen ist die soziale Frage einer Stadt. Deshalb ist es auch eine der drängendsten Aufgaben einer Stadt, sich darum zu kümmern.

Allerdings kommen Stadt und Immobilienwirtschaft ihrer Verantwortung nicht nach. Zwar wird gebaut, aber längst nicht genug. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Wobak hat nach eigenen Angaben zwischen 2018 und 2022 insgesamt 450 Wohneinheiten fertiggestellt. Im Jahr 2024 sollen weitere 16 in der Leipziger Straße und 48 in der Brandenburger Straße dazu kommen.

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Zusammengerechnet sind das gerade mal 64 neue Wohnungen. Das neue Wohngebiet Hafner soll das Problem lösen. Für mindestens 6000 Bürger könnte der neue Stadtteil zur Heimat werden. Jedoch wird es noch viele Jahre dauern, bis der Hafner sich mit Leben füllt – wenn er denn überhaupt finanziert werden kann.

In Summe wird in Konstanz zu wenig und zu langsam neuer Wohnraum geschaffen, der vor allem für den Geldbeutel der Mittelschicht erschwinglich ist. Doch gerade in diesem Bereich muss die Stadt Sorge tragen, dass der Wohnmarkt Zuwachs bekommt. Denn auch die Stadt wächst – und zwar gewaltig. Während im Jahr 2000 genau 73.804 Menschen ihren Wohnsitz in Konstanz gemeldet hatten, sind es 2022 bereits 87.355 Bürger. Tendenz steigend.

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Eine Prognose der Firma empirica besagt: 2045 werden in der Konzilstadt 94.000 Menschen leben. Je nach Berechnung könnten es sogar mehr sein. Die Frage ist aber: Wo sollen die vielen Menschen wohnen? Auf diese Frage finden viele Konstanzer schon jetzt keine Antwort und ziehen die Konsequenzen. Momentan sieht es nämlich eher so aus: Obwohl die Stadt wächst, verlassen sie auch viele. Vor allem junge Menschen ziehen aus Konstanz weg.

Viele junge Menschen ziehen weg

2022 sind zwar 9885 Menschen nach Konstanz gezogen, dafür aber auch 8447 Menschen aus der Stadt raus. Der Großteil der Menschen, die sich eine neue Bleibe außerhalb der Stadtgrenze gesucht haben, ist zwischen 30 und 45 Jahre alt. Dieser Trend ist nicht neu, sondern zeichnet sich nun schon seit vielen Jahren ab. Das geht aus Statistiken der Stadt hervor.

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Doch warum hat die Stadt nicht schon früh gegensteuert? Die Stadtflüchtlinge sind oft in einem Alter, in dem sie eine Familie gründen wollen, und gleichzeitig sind es Berufseinsteiger. Gehen sie, verliert die Stadt Steuerzahler und Fachkräfte in Personalunion. Das lässt sich belegen.

Die Unternehmen im Kreis Konstanz stellen in einer Umfrage der IHK Hochrhein-Bodensee ein sehr schlechtes Zeugnis aus, wenn es um die Verfügbarkeit von Wohnraum geht. Fachkräfte würden zwar gerne herziehen, finden aber kaum bezahlbaren Wohnraum.

Der Stadt ist das Dilemma bekannt. In einer Stellungnahme warnte sie wörtlich: „Bereits jetzt verlassen Familien und Haushalte in der Familiengründungsphase Konstanz, weil sie keine für sie leistbare Wohnung finden. Gleiches gilt für Arbeitnehmer mit mittleren Einkommen aus Handwerk, Gesundheits- und Bildungswesen.“

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Die einzige Lösung, um als Stadt für diese Menschen attraktiv zu bleiben, ist: bauen, bauen, bauen! Um der Wohnungsnot Herr zu werden, muss sich die Stadt also mächtig ins Zeug legen. Oder besser gesagt: Sich endlich den Bauhelm aufziehen und die Bagger starten. Die Stadt muss bürokratische Hürden abbauen und schneller Entscheidungen fällen. Gleichzeitig müssen der Bund und das Land dafür sorgen, dass mehr sozialgeförderter Wohnraum entsteht.

So könnte es klappen

Es muss mehr Bauprojekte wie den Weiherhof geben, bei dem ein beträchtlicher Teil der Wohneinheiten in sozialgeförderten Mietwohnungen münden wird. Zudem wird dort ein Pflegeheim eingerichtet, und auch Grünflächen werden großzügig eingeplant. Wirklich ein Vorzeigeprojekt. Auch auf dem ehemaligen Siemens-Areal, dem Bücklepark, sollen 600 Wohnungen durch die Firma I+R Wohnbau entstehen – knapp ein Drittel davon im geförderten Wohnungsbau. Seit Jahren liegt das Gelände nun brach.

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Die erste Idee für die Neugestaltung des Gebiets geht nun zurück ins Jahr 2017. Verschenkte Zeit. Der Satzungsbeschluss für die Bebauung soll in diesem Frühjahr erfolgen. Doch auch hier ist die Umsetzung unklar: „Der Baubeginn ist abhängig von der Verfügbarkeit der Wohnraumförderung“, schreibt die städtische Pressestelle.

Ja, auch die große Politik erschwert es, dass für die Bevölkerung gebaut wird. Verzögerung bei dem Projekt gebe es aber auch, weil die Befreiungen vom Bebauungsplan nur langsam vorangehen – wie Architekt Christoph Biehler berichtet. Diese Befreiung fällt in das Aufgabengebiet der Stadt. Es könnte also alles etwas schneller gehen.

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Gleichzeitig könnte eine Stadt mehr darauf achten, für welche Bevölkerungsgruppe ein privater Bauträger bauen wird. Projekte wie der Umbau des alten Telekomgebäudes sind wahrlich nicht für den kleinen Geldbeutel gedacht – nicht bei Quadratmeterpreisen zwischen 6000 und 20.000 Euro für eine Kaufimmobilie.

Natürlich muss es auch Immobilien für Besserverdiener geben. Ohne sie würde die Wirtschaft kollabieren. Oft handelt es sich dabei um Unternehmer, die Jobs in ein Gemeinwesen bringen. Doch sie müssen die Minderheit in einer Stadt bleiben und dürfen das Gleichgewicht der Bevölkerung nicht ins Wanken bringen. Deshalb muss es die Stadt schaffen, Wohnraum für alle zu bereitzustellen. Familien und Berufseinsteiger müssen die Möglichkeit haben, hier sesshaft zu werden und Konstanz ihre Heimat nennen zu können.

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