In ganz Deutschland gehen Landwirte seit kurz vor Weihnachten auf die Straße, um gegen geplante Sparmaßnahmen der Bundesregierung im Agrarbereich zu protestieren. Nun erreichen die Proteste auch Konstanz.

Dort werden bei einer Demonstration am Mittwoch, 10. Januar, 11 bis 15 Uhr, mehrere hundert Landwirte und Traktoren aus dem Kreis Konstanz erwartet. Sie werden im Ringverkehr durch Konstanz fahren, dabei wird es zu Verkehrsbehinderungen kommen. Zentraler Bestandteil der Veranstaltung ist eine Kundgebung auf der Konstanzer Marktstätte.

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„Uns geht es nicht nur um Agrardiesel und Kfz-Steuer für Landmaschinen“, stellt Florian Fuchs klar. Er ist Vorsitzender des Konstanzer Ortsvereins des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV), dem Veranstalter der für Konstanz geplanten Demonstration, sowie Betriebsleiter des Konstanzer Fuchshofs.

„Diese beiden bundesweit diskutierten Themen sind nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, sagt Fuchs dem SÜDKURIER. „Wenn diese Subventionen gestrichen werden, haut das niemanden um, aber es ist die Summe der Kleinigkeiten, die der Landwirtschaft die Perspektive nimmt.“

„Durch verfehlte politische Entscheidungen hat die Landwirtschaft keine Perspektive mehr“, sagt Florian Fuchs, Konstanzer ...
„Durch verfehlte politische Entscheidungen hat die Landwirtschaft keine Perspektive mehr“, sagt Florian Fuchs, Konstanzer Ortsvorsitzender des BLHV. | Bild: Steinert, Kerstin | SK-Archiv

Als Beispiele für die aus seiner Sicht „fehlgeleitete Landwirtschaftspolitik der vergangenen Jahrzehnte, die viele Betriebe an den Rand der Existenzfähigkeit bringt“, nennt er mehrere Beispiele. Allen voran die inzwischen überbordende Bürokratie. „Wenn man heute einen Viehstall baut, entspricht er in drei Jahren vielleicht schon nicht mehr den Anforderungen, muss aber auf 20 Jahre finanziert werden“, so Fuchs.

Auch Düngeverordnungen, Umweltauflagen, Mindestlohn und Lohnnebenkosten für Saisonarbeitskräfte oder „erheblich geringere Auflagen für Importware gegenüber regionalem deutschen Anbau“ nennt er als Kritikpunkte.

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„Von diesen ungleichen Produktionsbedingungen ist auch die Apfelernte am Bodensee stark betroffen“, sagt Florian Fuchs. „Einzeln betrachtet, scheinen einige Punkte gerechtfertigt und zumutbar, aber jede weitere Auflage verringert die Einkommensmöglichkeiten für die Unternehmen, bis irgendwann kein Verdienst für die Landwirte und deren Familien mehr übrigbleibt.“

Sein eigener Obstbaubetrieb sei als Direktvermarkter noch in einer recht komfortablen Situation, doch es geht Florian Fuchs um das große Ganze, um seine Kollegen. Als Vorsitzender des BLHV-Ortsverbands Konstanz sieht er sich in der Pflicht, sich den bundesweiten Protesten anzuschließen. „Wir fordern die Politik auf, sich mit den Landwirten an einen Tisch zu setzen und an einer zukunftsfähigen Politik zu arbeiten.“

Auch die ungleichen Bedingungen für Landwirte aus dem In- und Ausland waren Thema bei den Stockacher Protesten. Bauern in Deutschland ...
Auch die ungleichen Bedingungen für Landwirte aus dem In- und Ausland waren Thema bei den Stockacher Protesten. Bauern in Deutschland fühlen sich von der Bundespolitik ungerecht behandelt. | Bild: Dominique Hahn

Proteste bringen erste Erfolge

Laut Stefan Leichenauer, Kreisvorsitzender des BLHV, tragen die Proteste erste Früchte. „Ich war selbst mit meinen beiden Söhnen bei der ersten Demo in Berlin am 18. Dezember dabei“, erzählt er. „Inzwischen nimmt die Bereitschaft der Politiker zu, das Gespräch mit uns zu suchen.“

Auch wenn die Bundesregierung am Donnerstag, 4. Januar, überraschend erklärte, dass sie die Kürzungen teilweise zurücknehmen wolle, halten die Organisatoren an der Großkundgebung in Konstanz fest. Das erklärte Florian Fuchs auf Nachfrage des SÜDKURIER. Die Rücknahme der Einschnitte sei nicht hinreichend, und am grundsätzlichen Ziel, der Landwirtschaft eine stärkere Stimme gegenüber der Politik zu geben, habe sich ohnehin nichts geändert.

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Für Stefan Leichenauer sowie für Fuchs ist klar: „Diese verfehlte Politik ist nicht einer einzelnen Partei anzulasten, sondern das geht über alle Farben hinweg, ob Grün, Rot, Gelb oder Schwarz.“ Deshalb sei die Demonstration in Konstanz auch keine parteipolitische Veranstaltung.

Florian Fuchs hofft auf viele Bürger, die an der Kundgebung teilnehmen, betont aber als Demonstrationsleiter: „Bei unserer friedlichen Veranstaltung ist kein Platz für radikale oder extremistische Ansichten. Verschwörungstheorien und Umsturzfantasien sind ausdrücklich nicht erwünscht.“

Keine Zusammenarbeit mit Friedensee

Deshalb kooperiere er auch nicht mit dem Veranstalter, der am Montag, 8. Januar, ausgehend vom Konstanzer Industriegebiet, ebenfalls eine Aktion für Landwirte organisieren möchte. Dahinter steckt ein Konstanzer, der der Querdenken-Szene zugeordnet wird.

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Seine Aktion verfolgt laut Ankündigung auch andere Ziele: Demonstriert werden soll demnach auch für Speditionsunternehmen, Handwerk und Gastronomie, „unsere Sprache und Kultur“ sowie für „unsere Rentner und Kinder“ und für Frieden.

„Diese Veranstaltung ist nicht mit den Landwirtschaftsverbänden abgestimmt“, sagt Florian Fuchs. „Ich persönlich stehe den allgemeinen Ansichten des Initiators kritisch gegenüber und distanziere mich von ihm.“ Zuvor hatte der Deutsche Bauernverband bereits verkündet, dass er sich „von extremen Randgruppen, die unsere Aktionswoche kapern wollen“, distanziere.