Einige Gastronomiebetriebe haben mittlerweile mehr Ruhetage oder – wie im Handel auch – verkürzte Öffnungszeiten. Manche Bürger mutmaßen, die Gewerbetreibenden hätten es nicht mehr nötig und würden sich auf ihren Ersparnissen ausruhen. Doch das ist in den meisten Fällen ein Trugschluss, denn auch Konstanz bleibt im Krisenmodus.
Eine Besserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die Preise steigen, es gibt Lieferschwierigkeiten, Mitarbeiter sind zum seltenen Gut geworden und im Gesamten wird es immer schwieriger, Umsatz zu generieren, von Gewinn mal ganz abgesehen. Wie sieht es in der Praxis aus?
Langsam kommen die Urlaubsgäste wieder an den Bodensee. „Die Zahlen beleben sich, aber wir sind noch weit von den Vor-Corona-Zahlen entfernt“, berichtete Björn Graf Bernadotte über das Tourismus-Unternehmen Insel Mainau jüngst dem Wirtschaftsausschuss der Stadt Konstanz.

Der Betrieb hat die Folgen der Pandemie noch längst nicht verkraftet; in den vergangenen beiden Jahren sei die Blumeninsel schließlich acht Monate geschlossen gewesen. „Ein schwerer Einschnitt“, so Bernadotte. Das Kurzarbeitergeld habe zwar geholfen, aber: „Die zwei Jahre Corona-Pandemie haben uns fünf Jahre unserer wirtschaftlichen Entwicklung gekostet.“
Viele Probleme, große Sorgen
Jetzt stellten sich die touristischen Unternehmen die bange Frage: „Kommen die Touristen wieder?“, so Bernadotte. Für die Blumeninsel Mainau sind Busreisen ein wichtiger Wirtschaftszweig. „Der Busmarkt ist ganz schwierig“, stellt er fest und erläutert: „Das große Problem sind die Treibstoffpreise.“ Doch nicht nur die. „Steigende Rohstoffpreise, die wir nicht abfedern können“, gibt er ein weiteres Beispiel, deren Folge Preiserhöhungen seien.
Hinzu kämen noch Lieferschwierigkeiten, auch in den Bereichen Souvenir und Bürobedarf. „Das treibt Stilblüten“, so Bernadotte. „Acht Wochen mussten wir warten, bis wir einen Aushang machen konnten.“ Außerdem: „Die Energiekrise bereitet uns Sorge“, meint er mit Blick auf den nächsten Winter, denn „wir die für uns überlebenswichtigen Orchideen und Zitrusfrüchte nicht schützen können, haben wir ein echtes Problem“.
Davon abgesehen, dass die Urlaubsgäste noch nicht in der Zahl kämen, wie sie die Tourismusregion bräuchte, stellten Mitarbeitermangel und Mitarbeitermotivation die Betriebe vor eine große Herausforderung. Motivation? „Es ist spannend und schwierig“, berichtet Björn Graf Bernadotte aus der Praxis. Zwei Jahre lang hätten die Mitarbeiter nicht viel zu tun gehabt und müssten „jetzt Vollgas fahren und 150 Prozent geben“. Eigentlich seien sie noch stärker gefordert, denn „es fehlen jede Menge Mitarbeiter, gerade in der Gastronomie“.
Der Mangel ist so groß, dass auch auf der Insel Mainau die Öffnungszeiten verkürzt und zusätzliche Ruhetage eingeführt werden mussten. Und das bedeute: Auch wenn die Touristen in Scharen strömten, könnte die Masse nicht bewältigt und damit nicht der notwendige Umsatz generiert werden. Deswegen braucht auch die Insel Mainau vor allem eines: Mitarbeiter. „Wer zwei gesunde Hände hat und laufen kann: Wir nehmen, was wir kriegen können“, formuliert Björn Graf Bernadotte pointiert, wobei auch Verzweiflung im Unterton mitschwingt.
Verzweifelte Versuche
„Belohnung: 6000 Euro“ und „Gesucht: Fachkraft oder Meister für Veranstaltungstechnik“ prangt in großen Lettern auf einem Aushang, der an Western und die immer wiederkehrenden „Wanted“-Aufrufe erinnert.
Was hat die beiden Geschäftsführer von J&C Veranstaltungstechnik zu dieser ungewöhnlichen Maßnahme getrieben? „Ein verzweifelter Versuch“, stellt Mitgeschäftsführer Christian Widmann auf SÜDKURIER-Nachfrage lakonisch fest.
Ein verzweifelter Versuch, der bislang noch keine Früchte getragen hat. Seit einem Jahr sei das Konstanzer Unternehmen verschärft auf der Suche nach Mitarbeitern. „2019 hatten wir schon Fachkräftemangel, aber jetzt haben wir ein großes Problem“, sagt er. „Es ist nahezu unmöglich, Mitarbeiter zu finden, weil fast jede Firma in der Veranstaltungsbranche sucht.“

Die Branche habe ein spezialgelagertes Problem. „Der Berufszweig kommt eigentlich aus dem Theater“, erläutert Christian Widmann. Den Ausbildungsberuf Fachkraft, respektive Meister für Veranstaltungstechnik gebe es gerade einmal gut zwanzig Jahre.
Und das bedeutet: „Es gibt noch nicht so viele Menschen mit dieser Qualifikation“, so Widmann. Zudem handle es sich um ein hochkomplexes Berufsbild. Während der Pandemie hätten viele ihre Ausbildung abgebrochen und ausgebildete Fachkräfte hätten sich beruflich neuorientiert.
Die Crux der Branche
Arbeit für Veranstaltungsfirmen gebe es jetzt wieder genug, denn Messen, Konferenzen, Kongresse, Tagungen, Produktpräsentationen und Konzerte wollen wieder an den Start. Doch aufgrund des Mitarbeitermangels müssten Firmen Anfragen absagen.
„Ein Handwerker hat Wartelisten. Bei Veranstaltungen gibt es feste Termine“, sagt Widmann über die Crux in dieser Branche. Die Veranstaltungsbranche, die während der Pandemie hart gebeutelt war, könnte theoretisch erfolgreich am Markt agieren, praktisch werde es aber mangels Mitarbeiter kaum möglich sein, ein finanzielles Pölsterchen zu erarbeiten.
Für in Konstanz ansässige und regional tätige Veranstaltungsfirmen sei es besonders schwer, Mitarbeiter zu gewinnen. Gerade junge Fachkräfte bevorzugten „große Firmen mit tollen Touren, wo die Mitarbeiter die weite Welt sehen“, schildert Christian Widmann. Dies reize besonders junge Menschen. Damit könne in Konstanz keiner auftrumpfen.
„Junge Mitarbeiter wollen mehr erleben und nicht so viel Miete zahlen“, kommt Widmann auf ein weiteres Konstanzer Problem zu sprechen, denn potenzielle Kandidaten fragten sich umgehend: „Wo soll ich wohnen?“ Studierende, die nur für kurze Zeit in Konstanz seien und zumeist von den Eltern unterstützt würden, könnten sich das Wohnen und Leben in Konstanz eher leisten. Aber auf Dauer?
Für junge Familien schier unmöglich, meint Widmann. Mit Blick auf seine Mitarbeiter berichtet er, dass einige auf die Höri gezogen seien und pendelten. Und zwar mit dem Auto. „Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das kaum machbar“, sagt er, der nicht müde wird, Mitarbeiter zu suchen. Was die Firma braucht? Fachkräfte oder Meister für Veranstaltungstechnik. „Ab August bieten wir außerdem zwei Ausbildungsstellen“, wirbt Widmann und fügt an. „Für technikbegeisterte junge Menschen und Quereinsteiger.“