Die Gitter sind mit einem Fahrradschloss gesichert. „Immerhin ist der Totenkopf weg“, sagt Sven Martin, als er in der Hoheneggstraße nahe der Ruppaner-Brauerei steht. Bis vor Kurzem prangte dort noch ein Zettel mit der Aufschrift „Lebensgefahr“ und besagtem Totenkopf.

Sven Martin ist nicht alleine vor der Absperrung. Bei ihm sind Manfred Riedle, Lutz Krause, Reinhard Stifel, Günter Groll und seine Ehefrau Karin Groll. Die Gruppe, bestehend aus der Bürgervereinigung Allmannsdorf-Staad (BAS) und der Egger Bürgergemeinschaft, hat sich nicht zufällig vor der Sperrung der Hoheneggstraße getroffen. Sie sind empört, dass seit dem 5. Juni der Weg zwischen Allmannsdorf/Staad und Egg gesperrt ist. Die Stadt Konstanz hat die Hoheneggstraße, auf der auch der Bodensee-Radweg verläuft, seither mit Gittern und Schildern verbarrikadiert. Denn die Stadtverwaltung sieht die Gefahr eines Hangrutsches.
Nach heftigen Regenfällen Anfang Juni hat laut der Verwaltung ein beauftragtes Gutachterbüro festgestellt, dass sich der Hang bewegt. Die Schlussfolgerung: Der Hang sei nicht sicher. Für Spaziergänger und Fahrradfahrer drohe auf dem Weg Lebensgefahr. Deshalb habe sich die Verwaltung entschieden, den Bodensee-Radweg zu sperren – selbst zur Touristenhochsaison. „Aber es ist, wie es ist. Sicherheit geht vor“, sagte Anja Fuchs, Pressesprecherin der Stadt Konstanz, vor einiger Zeit gegenüber dem SÜDKURIER.
Letzter Hangrutsch war 2013
Für die BAS und Egger Bürgergemeinschaft ist diese Gefahr nicht ganz ersichtlich. „Es gab ja kein richtiges Schadensereignis“, sagt Sven Martin von der BAS. Da stimmt ihm Reinhard Stifel zu. „2013 gab es wirklich einen Hangrutsch. Damals war auch gesperrt. Aber nicht so lang wie jetzt“, erinnert er sich.

Im Frühjahr 2013 ist der Steilhang kurz nach der Brauerei Ruppaner ins Rutschen gekommen. Grund waren vorangegangene Regenfälle, wie das damalige Gutachten des Radolfzeller Ingenieurbüros HPC ergeben hatte. Es gab noch weitere Faktoren, die den Rutsch begünstigt hatten: Eine Wasserquelle im Oberhang, die zu einer Aufweichung des Bodens beigetragen hatte, die extreme Neigung des unteren Hangteils, eine fehlende Absicherung sowie eine unsachgemäße Terrassierung. Zudem sei durch Baumfällungen stabilisierendes Wurzelwerk beseitigt worden. In der Summe habe dies zum Hangrutsch geführt.
„Damals ist zwar wirklich was passiert, aber die Stadt hat dann das Geröll zur Seite geschoben und eine Interimslösung geschaffen“, sagt Stifel. Der halbe Weg sei freigeräumt worden, sodass Fußgänger und Radler den Weg passieren konnten. Auch Manfred Riedle nickt eifrig: „Ja, damals gab es eine schnelle Lösung.“
Wie aufs Stichwort kommt eine sechsköpfige Frauen-Radlergruppe um die Ecke. Sie bremst und steht vor dem Gitter. „Oh, bis vor Kurzem bin ich da noch durchgefahren“, sagt Anne Mauer aus Engen verblüfft.

Das ist sogar gut möglich. Immer wieder wurden die Absperrungen von Passanten zur Seite geräumt, sodass es nicht für jeden ersichtlich war, dass dort die Durchfahrt verboten ist. Jetzt ist kurz nach der Brauerei aber erst mal Endstation. Die sechs Radlerinnen kommen auf dem Bodensee-Radweg nicht weiter. „Und wie kommen wir jetzt nach Egg?“, fragt Anne Mauer, denn von der Umleitung über die Mainau- und Egger Straße weiß sie nichts. „Die Umleitung ist auch nicht ganz ohne“, wirft Karin Groll ein.
Es ist unklar, wann der Weg wieder offen ist
Aus diesem Grund hoffen die BAS und Egger Bürgergemeinschaft, dass die Stadt Konstanz schnell zu einer Lösung kommt. „Naja, für schnell ist der Zug eigentlich abgefahren“, sagt Sven Martin. Allerdings könne die Stadt immer noch unbürokratisch eine Lösung erarbeiten. Deswegen fordern die Initiativen, dass die Stadt mehr Transparenz in Sachen Hoheneggstraße walten lässt. „Es wird von Bewegungen im Hang gesprochen. Aber Daten legt die Stadt nicht offen“, beschwert sich Sven Martin.

Auch der SÜDKURIER fragt nach den Bewegungen im Hang. Aus der Pressestelle heißt es: „Der Hang zeigt nach wie vor Bewegungen. In diesem Jahr wurden seitens des beauftragten Gutachters weitere Rutschungen festgestellt. Zudem zeigen die Messergebnisse niederschlagsabhängig zeitweise eine deutliche Zunahme der Bewegungsgeschwindigkeiten der überwachten, noch nicht abgerutschten Bereiche.“
Zusammen mit Eigentümern der Grundstücke, Behörden und Gutachtern werde zurzeit eine Lösung erarbeitet. Für die BAS und Egger Bürgergemeinschaft geht das zu langsam voran. Sie sehen zur Ruppaner-Brauerei – dort fanden für Kurzem Hangarbeiten statt.
Stadt arbeitet an einer Lösung
Dirk Höchsmann von der Brauerei Ruppaner bestätigt: „Wir haben Wartungs- und Reparaturmaßnahmen in Auftrag gegeben. Wir haben die dortigen Netze wieder freischneiden lassen.“ Bereits im Februar habe man mittels Hubschrauber einige Bäume entfernt. Weitere Maßnahmen seien aber nicht geplant. Wie der Hang hinter der Brauerei gesichert werden könnte, möchte man der Stadt überlassen. „Die Baulast liegt dort bei der Stadt“, sagt Dirk Höchsmann.
Aber wie geht es nun weiter? Das möchte auch Sven Martin von der BAS wissen: „Wann wird der Weg endlich wieder freigegeben. Darauf muss die Stadt mal eine Antwort geben.“ Die Stadt selbst hat darauf aktuell keine Antwort – doch zumindest einen groben ersten Plan. Stadtsprecherin Anja Fuchs schreibt: „Ab November erfolgen erste Maßnahmen. Es werden instabile Bäume entfernt. Die Sicherung des Hanges wird fachlich abgearbeitet und mit den Fachbehörden im Landratsamt abgestimmt. Sobald die fachlichen Abstimmungen erfolgt sind, wird die Öffentlichkeit informiert.“