Eine leer geräumte Gemüsetheke in einer Kaufland-Filiale ist auf dem Foto zu sehen, das der Konstanzer Achim Riemer am Freitag vor einer Woche auf dem Netzwerk Facebook veröffentlicht hat. Dazu stellte Riemer die Frage: „Muss ich als Konstanzer jetzt in den Migros oder Coop nach Kreuzlingen, um Gemüse zu bekommen? Ich glaube, in der Schweiz gab es die letzten sechs Monate kein Gemüse.“
Kurz vor Riemers Beobachtungen waren die neuen Erleichterungen im deutsch-schweizerischen Grenzverkehr in Kraft getreten – und Einkaufsfahrten nach Konstanz damit für Schweizer wieder problemlos möglich.
Doch ist der Einkaufstourismus wirklich mit voller Wucht zurückgekehrt?
Und führt er zu Engpässen im Sortiment der Einzelhändler? „An Tagen mit stärkerer Kundenfrequenz, wie am vergangenen Brückentag, kann es dazu kommen, dass einzelne Produkte kurzzeitig nicht mehr verfügbar sind“, erklärt Kaufland-Pressesprecherin Alisa Götzinger auf SÜDKURIER-Nachfrage. Die Warenversorgung sei aber sichergestellt, da die Kaufland-Filialen täglich frisch beliefert würden. Und ja, Schweizer Kunden „nehmen das Angebot, wieder bei uns einkaufen zu können, gerne wahr“, schreibt Götzinger weiter. „Die Kundenfrequenz verteilt sich recht gleichmäßig über die Woche.“
Auch in den Konstanzer Supermärkten von Edeka Baur sowie den hiesigen dm-Drogeriemärkten kaufen wieder vermehrt Schweizer Kunden ein. „Die Tendenz beim Kundenaufkommen nähert sich dem Niveau vor Inkrafttreten der Einreisebeschränkungen im Dezember 2020 an“, schreibt Dennis Fritzsche, Leiter der Unternehmenskommunikation von Edeka Baur, auf Anfrage. Allerdings sei derzeit aufgrund der Feiertage ein „Eins-zu-Eins-Vergleich“ schwierig.
Neben den Erleichterungen im Grenzverkehr zur Schweiz führt Fritzsche das erhöhte Kundenaufkommen auch auf die gesunkenen Corona-Fallzahlen, Lockerungen beim Einkaufen sowie die Öffnungen der Gastronomie zurück. „Die Menschen drängen nach draußen und besuchen dabei natürlich auch den Lebensmitteleinzelhandel wieder öfter.“ Zu Sortimentsengpässen sei es bei Edeka Baur aber nicht gekommen.

Anders sah es in den Konstanzer dm-Drogeriemärkten aus. „Aufgrund der sehr kurzfristigen Lockerungen und der Grenzöffnung verzeichnen wir einen deutlichen Anstieg der Kundenfrequenz in unseren dm-Märkten im Grenzgebiet zur Schweiz wie beispielsweise Konstanz. Daher kann es vorkommen, dass Produkte temporär ausverkauft sind“, erklärte Daniela Hübner, Gebietsverantwortliche für die dm-Märkte der Landkreise Konstanz und Schwarzwald-Baar-Kreis.
„Wir arbeiten bereits mit Hochdruck daran, die gewohnte Warenverfügbarkeit sicherzustellen und gehen davon aus, dass sich diese laufend verbessert“, versicherte Hübner am Mittwochabend.
Und wie ist die Lage auf der anderen Seite der Grenze, in der Schweiz?
Es kommen also wieder mehr Schweizer zum Einkaufen über die Grenze nach Konstanz. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass Supermärkte und Drogerien in der Schweiz das Nachsehen haben? Der SÜDKURIER hat bei den beiden Schweizer Einzelhandelsriesen Coop und Migros nachgefragt. „Wir verzeichnen einen leichten Rückgang der Kundenfrequenz in den Coop-Supermärkten in der Grenzregion zu Konstanz“, bestätigt Coop-Pressesprecherin Melanie Grüter die Vermutung.
Auch in den beiden Migros-Filialen in Kreuzlingen sei in den vergangenen Tagen ein Rückgang bei Kundenfrequenzen und Umsätzen verzeichnet worden, schreibt Andreas Bühler, Leiter Unternehmenskommunikation der Migros-Ostschweiz. Aber: „Gleichzeitig stellen wir eine Zunahme von Bargeld-Einnahmen in Euro und eine spürbare Nachfrage von deutschen Kunden nach Produkten wie Nudeln, Kaffee und Schokolade fest.“
Während Coop-Pressesprecherin Grüter den Rückgang bei den Kunden primär auf die Erleichterung im deutsch-schweizerischen Grenzverkehr zurückführt, betont Bühler: „Da aktuell in Kreuzlingen und vielen anderen Gemeinden im Kanton Thurgau Schulferien sind, lässt sich nicht abschätzen, in welchem Ausmaß der beobachtete Rückgang bei den Kundenfrequenzen und Umsätzen auf die Erleichterungen im deutsch-schweizerischen Grenzverkehr zurückzuführen ist.“
Jedoch gehen beide Pressesprecher davon aus, dass einige Schweizer in der Grenzregion während der vergangenen Corona-Monate das Einkaufen vor Ort schätzen gelernt haben. Oder wie es Bühler von der Migros auf den Punkt bringt: „Wir rechnen damit, dass viele Menschen von den zurückerhaltenen Freiheiten Gebrauch machen und auch wieder Auslandreisen unternehmen. Gleichzeitig sind wir überzeugt, dass wir viele Kundinnen und Kunden von unseren Angeboten überzeugen konnten, die zuvor nicht oder weniger häufig bei uns eingekauft haben.“