Als die letzten Töne von Beethovens Ode an die Freude auf dem Konstanzer Münsterplatz verklungen waren, erinnerte am frühen Abend des 23. Oktobers einiges an einen Besuch in der Philharmonie oder im Theater: Auf einen kurzen Moment der Stille folgte tosender Applaus, der sich allmählich in angeregte Gespräche verwandelte – Gespräche mit bedeutendem Inhalt, so schien es.
Denn auch einige Zeit nach dem offiziellen Ende der öffentlichen Kundgebung unter dem Motto „Kulturschutzgebiet Konstanz“, die vom Freundeskreis Philharmonie und den Theaterfreunden Konstanz organisiert wurde, wollte sich der Münsterplatz nicht so recht leeren. Augenscheinlich beschäftigen die geplanten Kürzungen im Kulturetat viele Konstanzerinnen und Konstanzer.
400 Kulturliebhaber auf dem Münsterplatz
Mit lautem Applaus und Jubel wurde auch die musikalische Eröffnung der Veranstaltung quittiert, bevor sich Thomas Kimmig, Mitglied des Vorstands der Theaterfreunde Konstanz, an die Anwesenden wandte. Er freute sich, dass so viele den Weg auf den Münsterplatz eingefunden hatten.
Man hatte im Vorhinein mit rund 250 Teilnehmern gerechnet. Diese Schätzung sei wohl übertroffen worden, wie Kimmig von den Stufen des Konstanzer Münster aus mutmaßte. Nach Angabe der Polizei sollen es sogar circa 400 Menschen gewesen sein, die sich an diesem Abend auf dem Münsterplatz einfanden. Eine beachtliche Zahl, gerade wenn man bedenkt, dass sich vor Kurzem an gleicher Stelle knapp 300 Menschen versammelten, um ihre Solidarität mit Israel kundzutun.
Auch Leonard Meschter war überwältigt von den vielen Menschen auf dem Münsterplatz. Er wertete dies als eindeutiges Zeichen, dass „man für die richtige Sache kämpft“. Der junge Schauspieler vom Theater, der von den geplanten Sparmaßnahmen selbst betroffen sein könnte, wie er dem SÜDKURIER nach der Kundgebung berichtete, fühlte sich und seine Situation am Montagabend verstanden.

Die Redebeiträge empfand er dabei als „wahnsinnig gut“, da sie zum einen die Faktenlage präzise darlegten, zum anderen aber auch die Emotionalität des Themas nicht vernachlässigten. Er könnte nun nur noch hoffen, dass dieses Zeichen gehört werde.
Aufmunternder Jubel für Bühnentechnikerin
Den Reaktionen des Publikums zu Folge, war auch dieses von den verschiedenen Beiträgen ergriffen. So wurde Saskia Heger aufmunternder Jubel entgegengebracht, als diese dem Publikum die Nervosität vor der eigenen Rede gestand.
Die Bühnentechnikerin fuhr fort, indem sie von der Leidenschaft berichtete, die das Theater zum Funktionieren benötige. Eine Leidenschaft, die die 120 Mitarbeiter des Konstanzer Theaters diesem tagtäglich entgegenbringen würden. Zum einen, da sie alle das Theater lieben würden, zum anderen aber auch, weil man sich der Bedeutung der Institution bewusst sei.
Anna Herz, Theaterpädagogin an der HTWG, wurde aufmerksam zugehört, als sie von den Erfahrungen ihrer Studenten berichtete, die diese in Theater und Philharmonie machten. Sätze wie „Kultur ist wie Zähneputzen. Man muss es täglich tun, sonst vergammelt man“, die Wolfgang Kleiner, Lehrer beim Alexander-von Humboldt-Gymnasium äußerte, wurden bejubelt. Ebenso die Tänzer des Jungen Theaters, die mit einer Einlage nochmals auf die Vielfalt des Konstanzer Theaters aufmerksam machten.
Anonyme Abstimmung im Gemeinderat sorgt für Unmut
Ein Aspekt stieß bei den Anwesenden auf besonderen Zuspruch. „Die Abstimmung der Gemeinderäte am Donnerstag sollte namentlich erfolgen“, forderte Dirigent und Chorleiter Wolfang Mettler. Der Gemeinderat habe nun die Gelegenheit zu beweisen, dass er Interesse daran habe, die Kultur, und mit dem Theater und der Philharmonie zwei Alleinstellungsmerkmale der Stadt Konstanz, zu erhalten.
Dass viele Menschen aus verschiedenen beruflichen Gruppen an der Kundgebungen teilnahmen, erfreute derweil Angela Murmann-Ise, kommissarische Schulleiterin der Berchenschule. „Es zeigt, dass Kultur ein wichtiges Lebensmittel ist, um gesund und gut in der Stadt leben zu können“.

Sie blickte der kommenden Gemeinderatssitzung aufgeregt, aber auch etwas ängstlich entgegen – sie kenne die finanzielle Situation der Stadt. Murmann-Ise hoffte, dass „Kultur als Grundlage, auch für das Bildungssystem, gesehen wird“. Dementsprechend solle am Donnerstag auch eine Entscheidung fallen.