In seiner Masterarbeit zum Thema Kunst im öffentlichen Raum hat sich Emin Hasirci, Kommunikationsdesigner aus Konstanz, verschiedene Orte seiner Heimatstadt einmal genauer angesehen: „Die Marktstätte ist definitiv ein spannender Ort. Viele Menschen rennen hier täglich hin und her und ich dachte, das wäre ein guter Platz, um die Aufmerksamkeit der Leute mithilfe von Kunst anzuregen“, erklärt er.
Mit dieser Vorstellung rannte er beim Leiter des Hochbauamtes der Stadt Konstanz, Thomas Stegmann, offene Türen ein, denn die Marktstätte stand ohnehin auf der Liste der Orte in Konstanz, die eine Aufwertung nötig hatten: „Die Markstätte ist das Eingangstor zur Stadt und deshalb wichtig“, so Stegmann.
Die Kunst findet den Weg in die Unterführung
So entstand in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt vor sechs Jahren eine Art Testlauf zum Thema Kunst im öffentlichen Raum (Urban Art) mit dem Titel „signals under traffic“ (etwa „Signale im Stadtgewühl“). Und jetzt geht es mit einer neuen Reihe mit bildender Kunst in der Marktstätten-Unterführung weiter, mit dem „Urban Art Event“. Oberbürgermeister Uli Burchardt erinnert sich bei der Auftaktveranstaltung gern an die „signals under traffic“: „Das temporäre Kunstprojekt war sofort Stadtgespräch und wurde gut angenommen, im Übrigen ohne Beschädigungen der Kunst.“

Mit Eberhard Schlag, Professor für Architektur an der HTWG Konstanz, kam ein weiterer Projektpartner ins Boot: „Dieser Ort, der eine Verbindung zwischen See und Stadt schafft, ist ein gut geeigneter Kunstraum. Auch die bauliche Situation ist passend, man musste nur einmal etwas anders denken“, so Schlag, der mit einem Augenzwinkern zusätzlich zu den „schönen Raumfreuden“ noch weitere Pluspunkte der öffentlich zugänglichen Galerie aufzählte, wie den ohnehin schon vorhandenen Kiosk.
Sarah Müssig, Leiterin des Kulturamtes, freut sich über das interdisziplinäre Team, das diese Freiluftgalerie möglich macht. Zehn Künstler aus Baden-Württemberg setzen ihre Kunst zum Thema Klimaschutz in der neu renovierten Marktstätten-Unterführung um. Das Besondere daran ist, dass diese Kunstform, die normalerweise direkt auf den Wänden passiert, nun hochwertige Rahmen erhält, die, so Müssig, „auf lange Sicht vielleicht auch noch andere Kunstprojekte möglich machen“.
Emin Hasirci: „Das Thema Klima geht uns alle an“
Fünf Künstler haben bereits mit ihrer Arbeit begonnen, fünf weitere folgen im September. Alle wurden von Emin Hasirci ausgewählt, der die künstlerische Leitung hat: „Das Thema Klima geht uns alle an und bietet, natürlich auch hier in Konstanz als Klimastadt, inhaltlich einen aktuellen Aufhänger, den die Künstler jeweils in ihrer eigenen Art umsetzen.“
Er selbst hat sein Werk „Auf einem Auge blind“ bereits fertiggestellt. Eindringlich schauen den Passanten zwei Augen an, in dem einen erkennt man eine zauberhaft grüne Landschaft, in dem anderen nur elende Verwüstung.

Marc C. Woehr, freischaffender Künstler aus Stuttgart, hat sich für den einzigen Platz ohne Überdachung entschieden und wird noch circa zwei Tage für seine Arbeit brauchen: „Ich finde dieses Kunstprojekt extrem spannend, denn man konfrontiert die Menschen mit Kunst, ob sie wollen oder nicht. So entsteht ganz niederschwellig ein Dialog mit dem Publikum“, sagt Woehr. Er thematisiert in seiner abstrakten Arbeit eine klare, vielleicht auch starre Haltung, die viele zum Thema Klima haben.

Für Carolin Kaiser, freischaffende Künstlerin aus Mannheim, ist es die Größe der Wand, die sie fasziniert. „Ich übersetze meine kleinformatigen Papiercollagen in eine große Form. Auch die extrem glatte Oberfläche fasziniert mich“, so Kaiser. Ihr thematischer Ansatz ist Biodiversität.

Kunst im öffentlichen Raum kann etwas bei den Menschen bewirken, darin sind sich alle Beteiligten einig. OB Burchardt geht noch einen Schritt weiter: „Damit alles so bleibt wie es ist, muss es sich ständig verändern“, findet er. Die Veränderung der Marktstätte hin zu einer barrierefreien Urban-Art-Galerie bildet da eine optisch reizvolle Veränderung.