Die Betroffenen empfinden es als Liste der Grausamkeiten. So drastisch wie vielleicht noch nie will die Stadt den Rotstift bei der Sportförderung ansetzen, um ihr Defizit von rund 15 Millionen Euro pro Jahr einzudämmen. Begleitet von Protesten, hat die Stadtverwaltung unter anderem vorgeschlagen: Streichung der erweiterten Jugendförderung, Reduzierung des Miet- und Pachtzuschusses, Einführung einer Trainingsgebühr, Streichung Sportlerehrung für Jugendliche und Erwachsene.

Und das ist noch nicht alles: Auch dem Hallenbad am Seerhein, wo derzeit Vereine trainieren, Rettungsorganisationen üben und Schulkinder schwimmen lernen, droht die Schließung.

Das könnte Sie auch interessieren

Wenige Tage, bevor die politischen Beratungen dazu in die ganz heiße Phase gehen, wendet sich der Stadtsportverband nochmals an die 30.000 Mitglieder in den vertretenen Vereine, aber auch an alle anderen Konstanzer und insbesondere die Kommunalpolitiker. Dabei geht es dem Verband auch um Gerechtigkeit: Laut der Haushaltsbroschüre der Stadt hat Konstanz im Jahr 2021 für die Kultur rund 19,8 Millionen Euro aufgewendet, für den Sport dagegen 1,4 Millionen Euro. In der Summe sind allerdings Bau und Erhalt von Turnhallen nicht inbegriffen, da diese dem Bereich Schule zugeordnet sind.

Sport ist wichtig: Das demonstrierte die HSG gerade bei einem Grundschulaktionstag.
Sport ist wichtig: Das demonstrierte die HSG gerade bei einem Grundschulaktionstag. | Bild: HSG Konstanz GmbH
Für das Bodenseeforum ist Geld da, aber die Jugendförderung für die Sportvereine soll gekürzt werden? Ursula Renz (links) gehörte Mitte ...
Für das Bodenseeforum ist Geld da, aber die Jugendförderung für die Sportvereine soll gekürzt werden? Ursula Renz (links) gehörte Mitte November zu den Demonstranten. | Bild: Jörg-Peter Rau

Wie gut sich der Sport Gehör verschaffen konnte, wird unterschiedlich bewertet. Die beispiellosen Demonstrationen vom 16. November wurden mit Erstaunen, aber auch Kritik beachtet. Zum Teil war sogar davon die Rede, die Sportvereine hätten Kinder für politische Aussagen „instrumentalisiert“ – das wiederum weisen die Sport-Vertreter vehement zurück und betonen, dass es gerade um die Chancen für junge Sportler gehe, wenn die Zuschüsse gekürzt und möglicherweise Trainer und Übungsleiterinnen entlassen werden müssten.

Konstanzer Sportler kämpfen gegen Kürzungen Video: Rau, Jörg-Peter

Martin Müller, Vorsitzender des Stadtsportverbands (SSV), verspürt jedenfalls, dass sich die Wahrnehmung des Sports in den vergangenen Wochen sehr verändert habe. Er werde viel angesprochen, und auch Konstanzer außerhalb der Sportvereine versicherten ihm Unterstützung. Insbesondere die von der Verwaltung vorgeschlagene Streichung der erweiterten Jugendförderung stoße auf Unverständnis, zumal dadurch mittelbar auch die Ferienbetreuungs-Angebote für Konstanzer Familien, und unter diesen gerade für jene mit weniger Geld, auf dem Spiel stünden.

Nun ist die Frage, ob das Votum des Sportausschusses Bestand hat. Dort war unter anderem die Kürzung des Zuschusses für die Hallenmieten durchgefallen, und die Verwaltung muss nach einem Mehrheitsbeschluss nun doch prüfen, ob sie die Sparvorgabe auch durch eine Schließung des Bodenseestadions erreichen kann. An diesem Vorschlag hält der SSV fest, wie Martin Müller betont.

Das könnte Sie auch interessieren

Den American-Football-Sportlern, die hochklassig spielen und dafür bisher das Stadion am Hörnle nutzen, könne man eine Alternative mit Naturrasen anbieten. So ist der SSV dann auch vorsichtig optimistisch und teilt auf seiner Internetseite mit: „Alle weiteren Anträge wurden im Sinne des SSV entschieden. Damit ist für die Sportler*innen und die Vereine die erste Hürde zu den geplanten Kürzungen im Sporthaushalt genommen.“

Das Hallenbad am Seerhein: Fällt es dem Rotstift zum Opfer?
Das Hallenbad am Seerhein: Fällt es dem Rotstift zum Opfer? | Bild: Oliver Hanser

Weiter unklar ist dagegen, wie es mit dem Hallenbad am Seerhein weitergeht. Der langjährige Bäderchef Georg Geiger erinnert sich daran, dass die Schließung schon mehrfach diskutiert und dann jeweils aus guten Gründen abgelehnt worden sei. Dieses Mal könnte es allerdings hart auf hart kommen: Im Haupt- und Finanzausschuss ist nach Informationen des SÜDKURIER eine Mehrheit für einen entsprechenden Prüfauftrag wahrscheinlich.

Damit wäre das Bad politisch zumindest angezählt. Würde es allerdings tatsächlich geschlossen, hätte entweder im Schwaketenbad die Öffentlichkeit das Nachsehen, oder Schulen und Vereine müssten auf Trainings- und Lernzeiten verzichten. Das hat Bäder-Chef Robert Grammelspacher dem SÜDKURIER so bestätigt.

Zum Vorschlag, die Vereine sollten das Bad am Seerhein künftig selbst betreiben, wenn sie es so dringend brauchten, äußerte sich Müller auf Anfrage zurückhaltend. Wesentliche Nutzer seien auch die Schulen in der Umgebung, die dort den Kinder die lebensnotwendige Technik des Schwimmens beibringen. Daher sehe er den Betrieb des Bades als kommunale Aufgabe. Auch in den Vereinen wie DLRG, Schwimm-Klub Sparta oder Ausdauer-Sport-Club (ASC), die das Bad nutzen, sorgte die Idee, für das Bad die technische, hygienische und juristische Verantwortung zu übernehmen, für wenig Begeisterung.