Der Mieterbund Bodensee hat in einem Brief an den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt die Bildung eines Sicher-Wohnen-Fonds angeregt. Damit soll verhindert werden, dass Menschen ihre Wohnung verlieren, wenn sie ihre wegen der explodierenden Energiepreise stark gestiegenen Betriebskostenabrechnungen nicht sofort bezahlen können.

Erhebliche Nachzahlungen zu erwarten

„Spätestens Anfang bis Mitte nächsten Jahres werden die Mieterhaushalte, aber auch die selbst nutzenden Bewohner von Eigentumswohnungen die Abrechnungen ihrer Heizkosten erhalten. Es ist damit zu rechnen, dass auf die betroffenen Haushalte erhebliche Nachzahlungen im Umfang von mehreren Monatsmieten zukommen werden“, schreibt die Interessenvertretung am Freitag, 16. September, in dem von ihrem Vorsitzenden Herbert Weber unterzeichneten Brief.

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Diese Nachzahlungen müssten in der Regel innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Abrechnung beglichen werden. Viele Haushalte hätten aber keine Möglichkeit, jetzt schon Rücklagen dafür zu bilden. Ein Grund dafür seien die teilweise stark erhöhten Heizkostenvorauszahlungen.

Das Problem dabei: Sind Mieter in zwei aufeinanderfolgenden Monaten mit einer Summe von mehr als einer Monatsmiete im Rückstand, kann ihnen fristlos gekündigt werden – und zwar egal, ob sie wirklich die Miete oder Betriebskosten schuldig geblieben sind. Es gehe nur um die Höhe des Betrags, bestätigt Mieterbund-Sprecher Winfried Kropp auf Nachfrage.

Herbert Weber (links) und Winfried Kropp vom Mieterbund bitten um schnelle und unbürokratische Hilfe für Betroffene.
Herbert Weber (links) und Winfried Kropp vom Mieterbund bitten um schnelle und unbürokratische Hilfe für Betroffene. | Bild: Julius Bretzel

Betroffen seien von möglichen Zahlungsausfällen aber auch Wohnungsbaugesellschaften und private Vermieter, wie der Mieterbund weiter schreibt. „Ihnen drohen Liquiditätseinbußen, die ebenfalls erhebliche Schwierigkeiten, zum Beispiel bei der Tilgung von Darlehen, nach sich ziehen können.“

Kein Geldgeschenk, sondern Darlehen

Aufgabe des Fonds sollte es sein, Mietern bei der Zahlung von Nachforderungen aus der Heizkostenabrechnung zu helfen, vorzugsweise über zinslose oder -vergünstigte Darlehen. „Das wäre keine Sozialleistung, sondern ein Instrument, um die innerhalb kürzester Zeit drohende Kündigung abwenden zu können“, betont Kropp.

Entsprechend schnell und unbürokratisch müsste es gehen. „Deshalb muss das auch die Kommune machen“, so der Mieterbund-Sprecher. Bei den Corona-Hilfen habe man gesehen, dass Bund und Land das nötige Tempo häufig nicht gewährleisten könnten.

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Auch die Stadtwerke Konstanz als kommunalen Energieversorger sieht der Mieterbund in der Verantwortung. Angesichts der besonderen Situation sollten sie in diesem Winter in der Regel davon absehen, bei säumigen Kunden die Energielieferungen zu sperren, sondern stattdessen in verstärktem Maße Teilzahlungsvereinbarungen abschließen.

Auf eine Summe, wie hoch der Fonds sein müsste, will sich Winfried Kropp indes nicht festlegen. „Den genauen Bedarf kennen wir im Moment nicht. Wir wissen aber auch als Interessenverband, dass die Mittel endlich sind.“ Sozial- und Jugendamt sowie die Wobak als städtischer Großvermieter könnten das sicherlich gut abschätzen.

Mittel könnten im Haushalt geplant werden

Die Mittel sollten im Haushalt für 2023 eingeplant werden, so Kropp weiter – dafür könnte die Stadt auf weniger dringende Ausgaben erst einmal verzichten. Konkrete Beispiele nannte er nicht, aber er appellierte, die Menschen in ihrer Not nicht allein zu lassen: „Dafür haben wir einen Sozialstaat – dass er da ist, wenn man ihn braucht.“

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Die Stadt will sich mit der Idee des Mieterbunds befassen, wie Rathaussprecher Walter Rügert in einer ersten Stellungnahme am Freitag betont. Man habe bereits seit längerem einen Krisenstab „Energie und Wärme“, in dem die relevanten Themen behandelt werden. „Selbstverständlich werden auch das Schreiben des Mieterbunds mit seinem Vorschlag eines Sicher-Wohnen-Fonds und das weitere Vorgehen dort besprochen“, so Rügert.