Mieterhöhung von 1380 auf 1750 kalt: Maximilian R. und seine WG-Mitbewohner ziehen die Konsequenz – sie ziehen aus. Ihre Wohnung in der Markgrafenstraße können sie sich so einfach nicht mehr leisten.
Seit drei Jahren leben sie zu viert in der 111 Quadratmeter-Wohnung, doch aufgrund des Auszugs von Hauptmieter R. wird dessen Mietvertrag aufgelöst und ein neuer Vertrag seitens des Eigentümers, der Baugesellschaft Doser und Partner, aufgesetzt. Doch das ist den Studenten zu teuer.
So hatte eine Mitbewohnerin zwar die Absicht, die zuvor mit einem Untermietvertrag in der Wohnung gelebt hatte, den Hauptmietvertrag zu übernehmen. Doch die Doser und Partner GmbH soll ein Angebot über einen neuen Vertrag gemacht haben, bei dem die Nettokaltmiete um über 25 Prozent angehoben worden sein soll. Der alte Mietvertrag liegt dem SÜDKURIER vor, hier betrug die Nettokaltmiete 1380 Euro, der neue soll laut R. 1750 Euro betragen.
Baukosten bis über 40 Prozent gestiegen
Die Begründung der Doser und Partner GmbH für die drastische Mieterhöhung laut den ehemaligen Mietern: Es handele sich um eine Wohnung im Luxussegment. Die Doser und Partner GmbH sagt zu dem Fall: „Die Wohnung wurde im Jahr 2018 in dem Bestandsgebäude durch Umbau der Speicher zu Wohnraum neu gebaut. Da es sich bei der Wohnung demnach um einen Neubau handelt, sind Sanierungsmaßnahmen innerhalb der Wohnung nicht erforderlich gewesen.“ Es seien jedoch am Gebäude umfassende Modernisierungsmaßnahmen wie die Dachdämmung, der Austausch aller Fenster und Türen sowie der Anbau von Balkonen vorgenommen worden.
Zudem seien in der Anlage 17 weitere Häuser saniert worden. „Die Baukosten sind in dieser Zeit um weit über 40 Prozent angestiegen, was sich natürlich auch in den Miet- und Verkaufspreisen widerspiegelt“, gibt Vera Thomann, Geschäftsführerin der Baugesellschaft, auf SÜDKURIER-Nachfrage hin an.
Die neue Kaltmiete sei nach dem qualifizierten Konstanzer Mietspiegel berechnet worden und entspreche der ortsüblichen Vergleichsmiete für entsprechende Wohnungen. Die Gesamtanlage im Markgrafenareal sei über mehrere Jahre saniert und modernisiert worden. „Durch die extremen Baukostensteigerungen wurden unsere Kosten ebenfalls erheblich erhöht“, so Thomann. „Dies führt automatisch auch zu höheren Mietpreisen, die sich im Mietspiegel wiederfinden.“ Dementsprechend sei die aktuell vereinbarte Miete nicht nur mit dem Mietspiegel vereinbar, sondern wurde nach dessen „Vorgaben und unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben erstellt.“
Mieterbund: „Nicht gerade fair, aber rechtlich zulässig“
Einer der Fallstricke in dieser Angelegenheit ist laut dem Deutschen Mieterbund Bodensee, dass der Mietvertrag nur zwischen einem WG-Bewohner und dem Vermieter bestanden habe. Die anderen Mitbewohner besitzen lediglich Untermietverträge mit dem Hauptmieter.
Zwar ende ein Untermietvertrag nicht automatisch mit dem Ende des Hauptmietverhältnisses, doch Untermieter haben keinen eigenen Vertrag mit dem Eigentümer, in diesem Fall die Doser und Partner GmbH. Wenn der Vermieter also mit einem ehemaligen Untermieter einen Mietvertrag abschließe, handele es sich um eine Neuvermietung, weshalb die Eigentümer die Miete im Rahmen des Mietrechts neu vereinbaren können.
„Die Vorgehensweise ist nicht gerade fair, aber rechtlich zulässig“, sagt Winfried Kropp, Pressesprecher des Mieterbunds. „Aus unserer Beratungspraxis lässt sich allerdings sagen, dass dieses Verhalten nicht unbedingt die Regel ist.“ So würden in den meisten Fällen lediglich der Hauptmieter getauscht. Eine gesetzliche Regelung, die einen Anspruch auf den Eintritt in den alten Vertrag begründen könnte, gebe es jedoch nicht.
Die Doser und Partner GmbH sagt dazu: „Die Hauptvertragsparteien haben den Mietvertrag gekündigt. Da die neuen Mieter zu den vormaligen Haupt- und Untermietern keinerlei Beziehung haben, ist es aus Gründen der Rechtsklarheit selbstverständlich, dass ein neuer Mietvertrag aufzusetzen ist.“ Denn inzwischen ist klar: Es ziehen neue Mieter ein.
Und was ist mit der Mietpreisbremse?
In Konstanz gilt die Mietpreisbremse: Bei einer Neuvermietung darf die Miete maximal zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Verlangen Vermieter mehr, kann das zu viel bezahlte Geld von den Mietern zurückgefordert werden. Als Basis dafür gilt jedoch nicht die Miete, die die Vormieter bezahlt haben.
Kropp außerdem: „Die Mietpreisbremse hat leider zu viele Ausnahmen, so dass sie oft nicht wirkt. So werden beispielsweise Wohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 bezogen wurden, von ihr gar nicht erfasst.“ Die vier Studenten wohnen seit dem Jahr 2018 in der Wohnung der Doser und Partner GmbH.
Klar ist jedoch laut dem Mieterbund: In einem bestehenden Mietverhältnis gilt, dass eine Mieterhöhung maximal bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zulässig ist. Außerdem schützt eine sogenannte Kappungsgrenze vor zu großen Preissteigerungen. „In Konstanz gilt sogar eine verringerte, also strengere Kappungsgrenze, weil unser Wohnungsmarkt besonders angespannt ist“, so Kropp. „Danach dürfen Mieten innerhalb von drei Jahren maximal um 15 Prozent angehoben, selbst wenn die ortsübliche Vergleichsmiete höher läge.“
Im Fall der Markgrafenstraße wäre die Mieterhöhung in diesem Maße im bestehenden Mietverhältnis also rechtswidrig gewesen. Da der Vertrag jedoch als Neuvertrag geschlossen werden sollte, gab es für die Studenten wohl nur eine Konsequenz, die sie bereits gezogen haben: ausziehen.