Wie aus einem Krimi liest sich die Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Konstanz und der Staatsanwaltschaft Konstanz. Vor einem Mehrfamilienhaus in der Mainaustraße im sonst so beschaulichen Konstanzer Stadtteil Egg sind mehrere Schüsse aus einer Schreckschusswaffe abgefeuert worden. Eine aus dem mitteldeutschen Raum stammende Familie habe eine in Egg wohnhafte Familie bedroht, heißt es in der Mitteilung. Der mögliche Grund könnte die Beziehung des 16-jährigen Sohns zu einem gleichaltrigen Mädchen gewesen sein.

„Bislang ist noch zu unausgegoren, was am Wochenende tatsächlich geschehen ist und ob die Forderung nach Geld mit Drohungen verknüpft waren“, sagt Andreas Mathy, Sprecher der Staatsanwaltschaft Konstanz, auf SÜDKURIER-Nachfrage. Er versichert aber: Eine Gefahr für die Egger Bürger habe nicht bestanden.

Das bestätigt auch Katrin Rosenthal, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz: „Eine Gefahr für die Bevölkerung bestand gemäß der polizeilich bekannten Fakten zu keinem Zeitpunkt.“ Vielmehr handle es sich um einen Streit zwischen zwei deutschen Familien. Und wie steht es um die betroffene Familie, die in Egg wohnt? „Die Opferfamilie wird von der Polizei betreut“, berichtet Rosenthal und fügt an: „Zu einsatztaktischen Erwägungen erteilt die Polizei keine Auskunft.“

Die Mainaustraße führt komplett durch den sonst so beschaulichen Konstanzer Stadtteil Egg.
Die Mainaustraße führt komplett durch den sonst so beschaulichen Konstanzer Stadtteil Egg. | Bild: Scherrer, Aurelia

Zum familiären Milieu lägen ihm noch keine gesicherten Erkenntnisse vor, so Mathy, der erklärt: „Die Tatverdächtigen stammen zum Teil aus dem hessischen Raum.“ Sie hätten von der Konstanzer Familie Geld gefordert. Ob diese Forderung in Zusammenhang mit einer Ehrverletzung steht? „Ob ich das konkretisieren kann, hängt von weiteren Informationen ab“, sagt Andreas Mathy. Die Polizeisprecherin erklärt hierzu: „Die Abklärungen zum Motiv sind Gegenstand eines laufenden Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Konstanz wegen des Verdachts der Erpressung.“

Was ist nach den Schüssen passiert?

„So wie ich es verstanden habe, haben Anwohner Notrufe abgesetzt“, berichtet Andreas Mathy gegenüber dem SÜDKURIER. Die Tatverdächtigen seien daraufhin geflohen. Laut Pressemitteilung sei sofort die Fahndung nach den Verdächtigen eingeleitet worden. Sie kamen dennoch bis kurz vor Stuttgart.

Verkehrspolizisten des Präsidiums Ludwigsburg hätten das Fluchtauto samt vier Personen auf der A81 kurz vor dem Schönbuchtunnel – nordöstlich von Herrenberg – feststellen können und kontrolliert. In dem Fahrzeug befanden sich Männer im Alter zwischen 24 und 38 Jahren.

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Warum sind die Verdächtigen auf freiem Fuß?

Warum hat die Polizei erst dort die Verdächtigen kontrollieren können? „Bis eine Fahndung anläuft, dauert es eine gewisse Zeit“, erläutert Mathy. Außerdem sei anfangs nie klar, in welche Richtung die Flucht gehe. „Es gibt kein Indiz für ein Polizeiversagen“, stellt Andreas Mathy klar.

„Gleich nach Bekanntwerden der Schussabgabe wurden entsprechende Fahndungsmaßnahmen eingeleitet“, erläutert Katrin Rosenthal. „Infolge des reibungslosen überregionalen Einsatzmanagements der Polizei konnten die Täter im Zuge der Sofortfahndung noch auf der Autobahn angehalten und vorläufig festgenommen werden.“

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Warum kamen die Tatverdächtigen nicht sofort in Untersuchungshaft, sondern befinden sich schon längst wieder auf freiem Fuß? Einen Verdacht gebe es, jedoch keinen dringenden Verdacht, der rechtlich eine solche Maßnahme rechtfertige, so der Erste Staatsanwalt.

„Eine Erpressung ist nach derzeitigem Kenntnisstand möglich, aber es ist noch nicht hinreichend sicher, dass es sich um einen Erpressungstatverdacht handelt“, erklärt er. Eine Wiederholungsgefahr wäre auch ein Haftgrund, dies würde jedoch einen dringenden Tatverdacht voraussetzen.

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Es sind keine verbotenen Waffen

Im Auto hatten die Tatverdächtigen einige Gegenstände dabei, die auch als Waffen eingesetzt werden könnten. Aber auch dies sei kein Grund gewesen, die Männer festzusetzen, denn: „Es handelt sich nicht um verbotene Waffen“, stellt Andreas Mathy fest.

Derzeit laufen die kriminalpolizeilichen Ermittlungen weiter auf Hochtouren, um die Details der Tat und deren Hintergründe zu klären. Denn noch sind viele Fragen nicht geklärt – unter anderem: Wieso wurde von der Konstanzer Familie Geld gefordert? Welches Motiv hatten die mutmaßlichen Täter? Und um welches familiäre Milieu handelt es sich? Dies und mehr beschäftigt nun die Polizei.