Die Stadt Konstanz schlägt für ihre 22 Schulen und 54 Kitas bei der Ermittlung von Corona-Infizierten einen neuen Weg ein. Getestet wird ab kommender Woche nicht mehr mit den bisherigen Antigen-Schnelltests, die Schüler sich in die Nase stecken müssen, sondern mittels PCR-Lollitests in sogenannten Pools. Stadtverwaltung, Schulen, Mediziner und Eltern versprechen sich davon einige Vorteile.
Das Verfahren
Die Kinder und Jugendlichen testen sich nicht mehr zu Hause, sondern nur noch in den Einrichtungen – und zwar mittels Lutschtest. Jeweils 15 Kinder oder Jugendliche bilden dabei einen Pool, das heißt, ihre Tests werden gemeinsam ausgewertet. Weist auch nur eines der Stäbchen Coronaviren auf, wird der gesamte Pool positiv, alle 15 betroffenen Kinder müssen einen PCR-Einzeltest hinterherschieben. Getestet wird dann nur noch zweimal wöchentlich – entweder Montag und Mittwoch oder Dienstag und Donnerstag.
Für die Kitakinder ist das Testen weiterhin freiwillig, für Schüler verpflichtend. Derzeit holen die Schulen bei den Familien die Einverständniserklärung ein. Wer sie nicht unterschreibt, muss auf andere Weise einen Test vorweisen (etwa von einer zertifizierten Teststelle oder einem Arzt). Die ersten Einrichtungen starten mit den PCR-Pool-Tests am kommenden Montag, 18. Oktober. Um die komplizierte Logistik langsam hochzufahren, beginnen nicht alle 75 Schulen und Kitas gleichzeitig. Nach den Herbstferien soll das neue Verfahren überall angewandt werden.
Die Vorteile
Bei einer Pressekonferenz unterstrich Bürgermeister Andreas Osner: „Wir erwarten genauere Ergebnisse und eine höhere Geschwindigkeit beim Erfassen positiver Fälle, da die PCR-Tests zuverlässiger sind und früher anschlagen. Wir hoffen auch auf eine höhere Akzeptanz bei Kindern und Eltern, weil Lollitests weniger unangenehm sind als Nasentests.“ Osner sieht einen weiteren Pluspunkt: „Bisher war beim Testen im Klassenverband sofort für jeden sichtbar, welcher Schüler positiv ist. Das führte oft zu Tränen. Beim Pooltest erhalten die Familien ihr Ergebnis privat, im geschützten Rahmen.“

Schulamtsleiter Frank Schädler erläuterte die komplexe Transport- und Datenlogistik, da rund 8000 Konstanzer Schüler und 2500 Kitakinder plus einige Lehrer und Erzieher getestet werden müssen. Der Planungsaufwand lohne sich aber. „Andere Städte wollen sich unserem System anschließen“, so Schädler.
Aus medizinischer Sicht ergänzte Hannes Winterer vom Gesundheitsamt im Landratsamt Konstanz: „Beim Antigen-Schnelltest war zwar das Ergebnis sofort sichtbar, aber dieser Test lieferte viele falsch positive Ergebnisse. Das ist bei PCR nicht der Fall. Außerdem erkennen PCR-Tests schon eine sehr geringe Viruslast. So lassen sich Infektionsketten noch früher durchbrechen.“
So funktioniert der Lolli-PCR-Pool-Test
Dass weiterhin getestet werden muss, neben Lüften und dem punktuellen Einsatz von Luftreinigungsgeräten, steht für den Mediziner außer Frage: „Wir können die Kinder und Jugendlichen nicht dem vollen Risiko aussetzen. Man weiß noch nicht viel über Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung bei Kindern.“ Genauso sieht es Johannes Zander vom Labor Dr. Brunner: „Die PCR-Tests sind ein wichtiger Beitrag zu niedrigen Inzidenzen, vor allem, da ab kommender Woche die Maskenpflicht an Schulen nicht mehr gilt.“ Die bisherigen Antigentests hätten nur „die Spitze des Eisbergs“ an Infizierten aufgespürt.
Die Geschäftsführenden Schulleiter von Konstanz begrüßen das neue Verfahren ebenso. Frank Raddatz, Geschäftsführender Schulleiter aller Schulen außer Gymnasien, betonte: „Wir haben künftig wieder mehr Zeit für Unterricht. Eine Kollegin mit einem einstündigen Fach hat bei uns seit Wochen nicht mehr unterrichtet, weil in ihrer Stunde die Schnelltests erledigt werden mussten.“

Außerdem werde ein riesiger Berg an Abfall vermieden. Für die Eltern sagte Johanna Vogt, Vorsitzende des Konstanzer Gesamtelternbeirats Schule: „Der GEB begrüßt das Pool-Verfahren, aber es gibt nach wie vor kritische Eltern. Daher ist es gut, dass der Test verpflichtend ist. Nur so bleibt die Schule ein sicherer Ort.“
Die Kindertagesstätten
Joachim Krieg vom Sozial- und Jugendamt hofft auf rege Beteiligung der Familien an den Pooltests: „Die Kleinsten sind eine verletzliche Gruppe, denen zuletzt eine Impfung angeboten wird. In Kitas besteht zudem viel körperliche Nähe. Das Testen ist wichtig, damit wir die Einrichtungen geöffnet lassen können.“ Bisher hätten sich über die Hälfte aller Familien für die Teilnahme am Testverfahren entschieden, in manchen Einrichtungen sogar fast alle.

Dennoch weiß Heike Kempe vom Vorstand des Kita-Gesamtelternbeirats: „Eltern kleiner Kinder sind sehr gespalten in der Frage, ob getestet werden soll oder nicht. Daher ist es gut, dass es für uns freiwillig bleibt. Wir werden aber auf jeden Fall Werbung für die Pooltests machen, denn die Corona-Verordnung erlaubt erste Öffnungsschritte für die Kitas. Das Testen bietet eine Sicherheit.“ Andreas Osner appelliert an die Eltern: „Unterschreiben Sie die Einverständniserklärung und testen Sie auch kleine Kinder! Das ist eine moralische Verpflichtung an uns alle.“