Maskenpflicht? Quarantäne? In der Schweiz ist all das längst passé. Und auch in Deutschland wird ab Sonntag, 3. April, die Maskenpflicht entfallen – trotz hoher Inzidenzen. Diese Ankündigung sorgt in den von den Auswirkungen der Pandemie stark betroffenen Branchen, wie Handel und Gastronomie, für Erleichterung. Sie hoffen, dass die Kunden dies- und vor allem jenseits der Grenze wieder zurückkehren.
Kommen die Schweizer Kunden zurück?
„Die Schweiz hat seit Wochen die Hüllen fallen lassen. Wie sich die Schweizer Kunden ab Montag verhalten werden, das werden wir sehen. Aber ich denke, sie werden zurückkommen“, sagt Beate Behrens, Leiterin der Wirtschaftsförderung der Stadt Konstanz. Bereits in den vergangenen Wochen sei die Kundenfrequenz in der Innenstadt angezogen.

Das sei auch dringend erforderlich, denn: „Es wird Zeit, dass der Handel wieder richtig in Fluss kommt; er braucht die Kaufkraft dringend“, schließlich seien die finanziellen Einbußen in den vergangenen zwei Pandemie-Jahren sehr hoch, so Behrens. Das Kundenverhalten habe sich in dieser Zeit geändert. Insbesondere die beiden vergangenen „Weihnachtsgeschäfte haben sich nahezu in den Online-Handel verlagert“, zu Lasten des stationären Handels.
Die Gastronomie habe unter den noch verschärfteren Reglungen gelitten, was wiederum der Einzelhandel auch zu spüren bekommen habe. „Einzelhandel und Gastronomie sind ein sich wechselseitig nährendes System. Gemeinsam tragen sie dazu bei, dass sich die Menschen gerne in der Innenstadt aufhalten“, stellt Beate Behrens fest. Sie begrüßt das Ende der Maskenpflicht, schließlich „sehnt sich jeder nach einem Stück Normalität“.
Mit Blick auf die hohen Inzidenzen mahnt sie aber gleichwohl: „Man wird gut daran tun, an einigen Stellen die Maske zu tragen, denn die Pandemie ist noch nicht vorbei.“ Sie weist auf das Vorgehen in Wien hin. Nachdem die Stadt zunächst alle Maßnahmen gelockert hatte, haben die Entscheidungsträger aufgrund der hohen Inzidenzen die Lockerungen wieder zurückgenommen. Daran will die Wirtschaftsförderin gar nicht denken, denn: „Ein neuer Lockdown wäre wirtschaftlich extrem unglücklich. Das würde weitere Existenzen kosten.“
Jetzt ist Eigenverantwortung gefragt
„Es ist ein komisches Gefühl: Wir haben die höchsten Inzidenzen und die Maskenpflicht fällt“, sagt Tino Schumann, Vorsitzender des Konstanzer Wirtekreises gegenüber dem SÜDKURIER. Logisch findet er diese politische Entscheidung zwar nicht, aber erforderlich, denn es sei Zeit, zu einer gewissen Normalität zurückzukehren. „Wir müssen anfangen, damit umzugehen und damit zu leben“, denn das Virus werde schließlich weiter existieren.

„Jetzt ist Eigenverantwortung gefragt“, stellt Tino Schumann fest und er fügt bezüglich der Restaurants an: „Wenn jemand eine Maske trägt, dann wird das jeder Gastronom verstehen.“ Auch den Mitarbeitern würden die Betriebe es sicherlich freistellen, sich derart zu schützen. Zudem wünscht er sich einen vorurteilsfreien Umgang mit diesen individuellen Entscheidungen. Was Tino Schumann ebenfalls wichtig ist: „Corona darf nicht zum Stigma werden.“
Auch wenn in der Konstanzer Innenstadt die Frequenz etwas zugenommen habe, so sei eine gewisse Zurückhaltung immer noch deutlich spürbar. „Ich denke, es braucht noch einen Monat, bis ein bisschen Normalität einkehrt“, so Schumann. Natürlich freuten sich jetzt alle auf Gäste aus der Schweiz und dem Umland, denn „von den Konstanzern allein kann hier keiner leben. Wir brauchen beide: Einheimische und Gäste.“ Manche Bürger beklagten einen „Overtourism“; von dem könne keineswegs die Rede sein.
Und zum Verhältnis zur Schweiz sagt Tino Schumann: Konstanz und Kreuzlingen seien schon aus der Historie heraus eine gemeinsame Stadt. Während der Pandemie-bedingten Grenzschließung im Jahr 2020 hätten viele erst einmal gemerkt, wie selbstverständlich und gut man miteinander lebe und wie sehr man die Schweizer plötzlich vermisst habe. Konstanz und Kreuzlingen: „Gemeinsam sind wir eine Großstadt. Gemeinsam machen wir so manches, wie zum Beispiel den Flohmarkt; der Konsum gehört auch dazu“, findet Tino Schumann.
Ähnliche Regeln beidseits der Grenze
Grundsätzlich findet Daniel Hölzle, Vorsitzender der Händlervereinigung Treffpunkt Konstanz, den Wegfall der Maskenpflicht gut, „weil es die Eigenverantwortung der Menschen weckt“. Diese Selbstverantwortung habe gefehlt. Jeder habe nun die Möglichkeit, für sich selbst zu entscheiden, was für ihn richtig sei, „aber es gibt keinen Zwang mehr“.

Vor allem sei die Harmonisierung der Regelung beidseits der Grenze hilfreich, denn die unterschiedliche Handhabung hätte für Unsicherheit gesorgt. Dies habe viele davon abgehalten, über die Grenze zu gehen, dabei sei doch gerade „das selbstverständliche Bewegen zwischen beiden Ländern etwas Positives“, sagt Daniel Hölzle als Konstanzer.
„Wir sind froh über diese Harmonisierung, denn der Handel braucht ganz dringend Kundschaft“, stellt er fest. „Wir brauchen unbedingt die Wende“, schließlich sei es mittlerweile offensichtlich, dass einige Betriebe um ihre Existenz kämpften und andere diesen Kampf zwischenzeitlich schon verloren hätten.
„Wir freuen uns über jeden Gast, schließlich ist Konstanz Oberzentrum und somit für den gesamten Umkreis da“, so Hölzle. Wenn Kaufkraft fehle, litten alle Branchen darunter, nicht nur Handel und Gastronomie, und damit letztlich die Stadt in ihrer Gesamtheit. Oder, wie Daniel Hölzle an einem Beispiel verdeutlicht: „Wie wollen wir sonst ein Theater, eine Philharmonie oder ein Schwaketenbad finanzieren?“