Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate schränkt die Stadt Konstanz die Nutzung eines Gebäudes ein, weil sie den Brandschutz dort nicht mehr gewährleisten kann. Dieses Mal ist es der historische Pulverturm am Rheinsteig. Das mittelalterliche Gebäude gehört der Stadt und soll seit Jahren einen zweiten Fluchtweg bekommen, denn die Treppe nach oben ist schmal und steil. Doch statt diesen zu bauen, sperren die Behörden der Narrengesellschaft Niederburg wichtige Räumlichkeiten ab.

Die Stadt Konstanz erklärte auf Anfrage des SÜDKURIER zu dem Vorgang, es gehe „nicht um den gesamten Turm, sondern um das obere Stockwerk und den dort fehlenden zweiten Flucht- und Rettungsweg“. Hierzu stehe die Verwaltung im Austausch mit dem Verein, der den Turm nutzt. „Die Abstimmungen laufen noch“, hieß es dazu weiter.
Detaillierte Informationen zu dem Vorgang konnte die Stadtverwaltung zunächst nicht geben und will sich in den nächsten Tagen dazu erklären. Unter anderem wollte der SÜDKURIER wissen, darum die Mängel ausgerechnet jetzt festgestellt wurden, warum die Stadt das Problem an ihrem Gebäude über Jahre hinweg nicht gelöst hat und wie sie die Niederburg nun in dieser plötzlichen Problemlage zu unterstützen gedenkt.
Bei der Niederburg ringt man um Worte
Achim Schien, Vizepräsident der Niederburg, ringt unterdessen um besonnene Worte. Seit 30 Jahren füllt die Narrengesellschaft das denkmalgeschützte Gebäude mit Leben und bezahlt der Stadt dafür Miete. Die Narren nutzen den Turm für Besprechungen, für die Vorbereitung der närrischen Veranstaltungen und zum Feiern.
Dafür sind vor allem die Bar im ersten und das gemütliche Stüble im zweiten Stock wichtig. Oder besser: Waren wichtig, denn der oberste Stock bleibt bis auf Weiteres zu. Beim ersten Stock ist es noch unklar, doch auch hier drohte zunächst ebenfalls eine Sperrung.
Keine Feste im Turm bedeutet kein Geld fürs Brauchtum
Der Pulverturm, so Achim Schien weiter, ist aber auch für die Finanzierung der Fasnacht wichtig. Die Niederburg hat bisher die Räume gelegentlich für Feiern vergeben. Auch das fällt gewissermaßen über Nacht weg: „Die finanziellen Einbußen, gerade in der Weihnachtszeit, sind enorm“, erklärt Schien auf Anfrage des SÜDKURIER: „Durch die Vermietung werden zahlreiche Veranstaltungen wie etwa Fasnachtsauftakt und Hemdglonkerumzug gegenfinanziert.“
Besonders bitter: Jüngst erst hat die Stadt den Mietkostenzuschuss im Zuge des allgemeinen Sparprogramms um fünf Prozent gekürzt. Da wäre jeder zusätzlich erwirtschaftete Euro wichtig gewesen. Stattdessen kommt jetzt womöglich gar nichts in die Kasse. Auch von einem finanziellen Polster fürs Geburtstagsfest – die Niederburg wird nächstes Jahr 140 Jahre alt – können die Narren nur noch träumen.

Die Narren fordern: Die Stadt soll ihre eigenen Pläne endlich umsetzen
Die Niederburg fordert von der Stadt nun, dass sie sich als Eigentümerin des Pulverturms um die Sicherheit des Gebäudes und seiner Nutzer kümmert. Denn Pläne für einen zweiten Fluchtweg mit einer Außentreppe liegen seit Jahren in der Schublade.
Achim Schien erklärt dazu: „Wir erwarten, dass die gültige Baugenehmigung unverzüglich umgesetzt wird“ – oder dass notfalls „mit einer Behelfslösung der Betrieb fortgesetzt werden kann, damit die weitere ehrenamtliche Vereinsarbeit nicht ins Stocken gerät.“ Besonders hoffnungsvoll ist die Narrengesellschaft allerdings nicht.

Auf die Frage des SÜDKURIER, was die Niederburg selbst dafür getan hat, damit der von ihr genutzte Pulverturm auf einen guten Sicherheitsstand gebracht wird, verweist der Vizepräsident nur knapp an die Stadt als zuständige Eigentümerin: „Wir waren mit den Verantwortlichen im Hochbauamt in fortwährendem Austausch, um die Außentreppe zu erhalten. Bisher sind wir vorwiegend vertröstet worden.“