Als Aydogan Kir am vergangenen Mittwochabend das Bodenseestadion betritt, ist er fassungslos. Die Aufräumaktionen nach dem Campus Festival laufen zu dieser Zeit zwar auf Hochtouren, doch klar ist schon jetzt: Der Rasen des Konstanzer Stadions ist kaputt, an Sport treiben ist hier aktuell nicht zu denken. Plastikflaschen und Zigarettenschachteln liegen noch auf der einst wohlgepflegten Grünfläche. Der Rasen nun teilweise meterweit abgetragen.

Kir schüttelt den Kopf. Wortlos zückt er sein Handy, geht ein paar Schritte über den Rasen und filmt den Platz für die WhatsApp-Gruppe der ersten Mannschaft des Türkischen SV Konstanz, die er trainiert. „Jungs, das hier war einmal unser schöner Fußballplatz. Freitagabend Training hier, ihr könnt Flaschen einsammeln“, kommentiert Kir sein Handyvideo mit ironischem Unterton. Doch Aufräumen wird nicht reichen, um den Platz, auf dem Mitte Mai noch über 20.000 Menschen gefeiert haben, wieder bespielbar zu machen.

Aydo Kir ist enttäuscht: Die Mannschaften können vorübergehend ihren Heimspielort nicht nutzen.
Aydo Kir ist enttäuscht: Die Mannschaften können vorübergehend ihren Heimspielort nicht nutzen. | Bild: Jannik Höntsch

Neuer Rasen soll noch diese Woche kommen

Laut Informationen der Konstanzer Pirates, dem American-Football-Team deren Pressesprecher Kir ist, wolle die Stadt ab Mittwoch, 25. Mai, einen ganz neuen Rasen verlegen. Die Pirates, die im Bodenseestadion sonst immer ihre Heimspiele austragen, müssen nun aller Voraussicht nach kurzfristig auf andere Plätze umziehen.

Die Schäden vor Ort ärgern besonders die Teammitglieder der Pirates. Erst im März hatten sie mit der ersten Mannschaft das Stadion eigenständig auf Vordermann gebracht – an drei Wochenenden. „Wir haben viele Teile gestrichen, Sitzflächen von Moos befreit, alte Bänke abgebaut und manche Stellen sogar neu verputzt. Jetzt sieht es wieder so aus – das ist echt ärgerlich“, erklärt Zeki Öztürk, der Trainer der Pirates.

Zeki Öztürk, Trainer der Konstanz Pirates
Zeki Öztürk, Trainer der Konstanz Pirates | Bild: Jannik Höntsch

Die Veranstalter des Campus Festivals können die Enttäuschung der Pirates verstehen, wie Xhavit Hyseni und Maximilian Schrumpf sagen. Sie hätten, betonten sie auf SÜDKURIER-Anfrage alle Auflagen der Stadt zum Umgang mit dem Rasen beachtet. Die Fläche sei demnach nicht voll abgedeckt gewesen, da man um die direkt bevorstehende Sanierung der Rasenfläche gewusst habe. Dennoch: „Die Pirates haben viel für das Stadion getan, da kann ich schon nachvollziehen, dass sie über die nun erforderliche Verlegung ihres Spiels traurig sind“, so Hyseni.

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Die Stadtverwaltung bittet um Nachsicht seitens der Sportler: Frank Schädler, Leiter des Amts für Sport und Bildung, verweist auf das generelle Risiko für den sportlichen Betrieb nach größeren Events im Bodenseestadion. „Sperrungen ergeben sich aus den jeweiligen Schäden am Sportrasen oder der Laufbahn. Sie sind grundsätzlich nicht kalkulierbar und auch nicht komplett vermeidbar“, erklärt er.

Als Betreiber des Stadions wolle die Stadt sowohl Events als auch sportliche Ereignisse realisieren. Zudem versucht der Amtsleiter zu vermitteln: „Nach einem Konzert besteht für die Sportler immer die Gefahr von längeren Sperrungen. Rein sportlich ist das aber nicht so problematisch, da Ersatzsportplätze angeboten werden können“, sagt Schädler.

Konstanzer Footballer sind enttäuscht

Die Footballer, allen voran Trainer Öztürk, sind dennoch enttäuscht. „Bei der Planung wurde nicht einmal nachgefragt, was das für Auswirkungen haben kann, wenn die ganzen Menschen auf dem Rasen feiern“, erklärt er.

Nun, mitten in der Saison kurzfristig auf andere Plätze auszuweichen, sei ärgerlich, vor allem finanziell. Vier Heimspiele mit normalerweise knapp 800 Zuschauern stünden den Pirates nämlich noch bevor. Dass die Pirates an anderen Standorten aber nicht selbst bewirten und generell weniger Zuschauer zulassen dürfen, reiße nach eigenen Angaben pro Heimspiel eine finanzielle Lücke in mittlerer fünfstelliger Höhe.

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Neuer Rasen muss erst noch anwachsen

Zudem sei auch die Kommunikation seitens der Stadt mit den Pirates im Vorfeld des Festivals mangelhaft gewesen. Erst am Freitag, wenige Stunden bevor das Festival startete, hätten sie per Mail Bescheid bekommen, dass sie ihr das für den 21. Mai geplante Heimspiel nicht im Bodenseestadion bestreiten könnten. „Das war einfach unglücklich kommuniziert“, erklärt Öztürk. „Das Waldheim oder die anderen Plätze sind doch keine Lösung. Die Stadt kann sich da jetzt nicht einfach aus der Affäre ziehen“, führt Öztürk aus.

Denn endgültig geklärt, ab wann die Pirates wieder im Bodenseestadion spielen können, ist es nicht. Vonseiten der Stadt heiße es laut der Pirates, dass sie das nächste Heimspiel am 28. Mai wieder wie gewohnt vor Ort absolvieren könnten. „Am 25. Mai wird aber der neue Rollrasen verlegt. Normalerweise dauert das zehn Tage, bis man darauf spielen kann. Das wird knapp“, befürchtet Öztürk.

Mehr als 20.000 Menschen waren Mitte Mai im Bodenseestadion. Das hinterlässt Spuren.
Mehr als 20.000 Menschen waren Mitte Mai im Bodenseestadion. Das hinterlässt Spuren. | Bild: Jannik Höntsch

Und dann stehen im Bodenseestadion noch die anderen Events diesen Sommer an, wie das GuteZeit-Festival in fünf Wochen, das Konzert der Toten Hosen oder das der Ärzte. Ob die Pirates dann mehr Sicherheit haben? „Wenn die anstehenden Events keine groben Schäden verursachen, können die Pirates im Stadion spielen. Bei Schäden muss kurzfristig auf andere Sportflächen ausgewichen werden. So läuft es bei der Nutzung des Stadions schon seit den 90er-Jahren“, erklärt Schädler.