Nur ungern erinnern sich die Lehrer Lisa Winter und Marcus Göbeler zurück an jenen Tag, an dem sie erfahren haben, dass von nun an die Schulen auf unbestimmte Zeit geschlossen sein werden. Wegen eines Virus, das uns noch heute täglich begleitet. „Ich dachte damals, wir machen das jetzt ein paar Wochen. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass uns das so lange begleiten wird“, erinnert sich Lisa Winter zurück.

Nicht damit gerechnet, dass Fernunterricht so lange Alltag werden würde

Auch Marcus Göbeler hat die Tage vor dem ersten Lockdown noch gut in Erinnerung. Er habe damals seinen Geburtstag im Kollegium gefeiert. Weil schon klar war, dass Corona unter uns weilt, sei der Geburtstag nach draußen verlegt worden. Auch er dachte: „Wir ziehen das jetzt die restlichen Wochen bis zu den Ferien durch, danach geht es normal weiter.“ Dass sie mit dieser Einschätzung falsch lagen, sollten sie noch erfahren.

Was folgte, waren Wochen des Fernunterrichts. Wochen, die anfangs mehr schlecht als recht funktionierten, denn niemand war drauf vorbereitet, von nun an auf digitale Angebote umzusteigen, das gibt Marcus Göbeler offen zu.

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Doch die Schuld sieht er nicht nur bei der unausgereiften digitalen Bildung der Lehrer, sondern auch bei der Landespolitik. Er ärgert sich darüber, dass das Land bei der Digitalisierung der Schulen bisher geschlafen hat, was nun auf dem Rücken der Schüler ausgetragen wird. „Es hätte alles viel früher passieren müssen, jetzt ist es zu spät“, findet er.

Online-Unterricht funktioniert nur bedingt

Denn Tage, wie den nach den verlängerten Weihnachtsferien, als die Unterrichtsplattform Moodle überhaupt nicht funktionierte, dürfe es nicht geben, wenn die meisten Schüler aus der Ferne unterrichtet werden sollen. Auch jetzt noch gebe es im Fernunterricht „einen Haufen Probleme“ so Göbeler.

Internetverbindung, unausgereifte Unterrichtsplattformen, hängende Endgeräte – überall zwicke es. Doch er sagt auch, dass der Fernunterricht inzwischen deutlich besser funktioniere als noch im Frühjahr. Sowohl Lehrer als auch Schüler hätten aus den Erfahrungen des ersten Lockdowns gelernt. Seine Bilanz: „Man kann damit arbeiten, perfekt ist es allerdings nicht.“

Das Klassenzimmer bleibt (fast) leer

Die Arbeitsabläufe seien inzwischen denen des Präsenzunterrichts angenähert und doch ist alles anders als sonst. Auf die Unterrichtsvorbereitung folgt für Göbeler die erste Video-Konferenz des Tages. Darin wird mit den Schülern das Thema des Unterrichts besprochen, Fragen geklärt. Dann arbeiten die Schüler selbstständig weiter. Am Ende werden Ergebnisse vorgestellt, verglichen und diskutiert. Fast so als wären sie in der Schule, doch sie sind es nicht. Und das merken auch Göbeler und Winter.

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Denn Göbeler arbeitet von seinem Pult in der Schule aus. Doch hebt er den Blick von seinem Arbeitsplatz, sitzen vor ihm keine Schüler. Es ist ungewöhnlich still und einsam im Klassenzimmer. Deswegen sagt er: „Ich vermisse die Kinder.“ Aber auch die Kollegen. Denn leer ist auch das Lehrerzimmer. Viele Lehrer bleiben zuhause. Dadurch fehle der gemeinsame Austausch, der sonst als Anregung diene.

„Ich brauche die Schule“

Lisa Winter sieht das ähnlich, auch wenn sie nicht nur in der Ferne unterrichtet. Denn zwei Stunden am Tag kommen die Schüler der Abschlussjahrgänge, die sie unterrichtet, in die Schule, um sich auf ihre Prüfungen vorzubereiten. Darüber ist sie sehr froh. Sie sagt: „Ich brauche die Schule.“ Doch die meiste Zeit unterrichtet auch sie online. Trotz der Distanz versuche sie für ihre Schüler da zu sein.

Allerdings fehlt auch ihr etwas ganz Entscheidendes: Die Nähe zu den Schülern und der Trubel im Schulhaus. Das, wofür ein Schulhaus eigentlich gebaut wurde: Um sich gemeinsam auszutauschen, einander zu unterstützen.

Eltern sind große Unterstützung

Denn gerade die Kommunikation miteinander sei durch die Verlegung des Unterrichts ins Digitale in massivem Maße beeinträchtigt. Deswegen hat Winter auch großen Respekt vor Eltern, die die Lehrer da unterstützen, wo den Lehrkräften aus der Ferne die Hände gebunden sind. Sie sagt: „Ohne die Eltern würden wir das alles gar nicht schaffen.“ Dass Eltern Lehrer ersetzen müssen wolle sie allerdings nicht. Auch ihre Schüler lobt Winter. Denn viele seien auch im Fernunterricht sehr diszipliniert und hätten viel dazu gelernt.

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Doch auch wenn beide inzwischen gelernt haben, mit der derzeitigen Situation umzugehen, ist es kein Zustand, den sie gerne beibehalten würden. Denn beide wissen: Fernunterricht kann den regulären Schulalltag nicht ersetzen.