Ob etwas als günstig oder teuer empfunden wird, ist Ansichtssache. Das hängt vom eigenen Geldbeutel ab, vom Preis vergleichbarer Dinge und vom Gefühl, wie viel einem das Objekt der Begierde wert ist.

So überrascht es nicht, dass die Meinungen darüber, ob die Flächen im geplanten Stadtteil Hafner günstig oder teuer sind, auseinandergehen. Während Projektleiter Lukas Esper sagt, die Preise seien „für Konstanzer Verhältnisse fair“, gibt es auch andere Stimmen aus der Bürgerschaft.

So kommentiert eine Leserin auf Facebook: „100 Quadratmeter Grundstück? Für eine Familie? Mit Garten? Das ist eher ein besserer Schrebergarten als ein Lebensmittelpunkt! 600.000 Euro für ein Reihenhaus in einem stadteigenen Projekt? Trotz Bodenpreisdeckelung? Das zeigt, wie weit sich die Planer von der Realität der Menschen entfernt haben.“

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Ein Blick in Immobilienportale zeigt: Es geht durchaus teurer. So wird auf Bodenseeimmo eine 64-Quadratmeter-Wohnung mit drei Zimmern in Wollmatingen für 540.000 Euro zum Kauf angeboten. Das sind 8364 Euro pro Quadratmeter. Ähnliche Beispiele gibt es genug.

Dennoch ist ein Vergleich schwer. Denn abgesehen davon, dass Immobilienpreise von der Nachfrage, der wirtschaftlichen Situation, der Lage und dem Zustand der Objekte abhängen, ist auch zu berücksichtigen, dass die Flächen am Hafner dichter bebaut werden dürfen als anderswo. „Der hohe Ausnutzungsgrad der Grundstücke senkt den Flächenbedarf und die Grundstücksgrößen – und damit auch die absoluten Grundstückskosten“, schreibt die Stadt.

Wo im geplanten Stadtviertel Reihenhäuser, Geschosswohnungsbau, Hochgaragen und Einrichtungen wie Schulen, Kitas oder Pflegeheim geplant ...
Wo im geplanten Stadtviertel Reihenhäuser, Geschosswohnungsbau, Hochgaragen und Einrichtungen wie Schulen, Kitas oder Pflegeheim geplant sind, ist auf einem Modell zu sehen. | Bild: Hanser, Oliver

Lob vom Mieterbund: viel neuer Wohnraum ohne Spekulation

Winfried Kropp, Vorsitzender des Mieterbunds Bodensee, kennt die leidenschaftlich geführten Diskussionen ums Wohnen in Konstanz. „Die möglichen Preise für Grundstücke im Hafner haben teilweise für Aufregung gesorgt“, so Kropp. Dennoch hält er die Stadtentwicklungsmaßnahme für sinnvoll.

„Das Großprojekt ist für eine mittelgroße Stadt wie Konstanz eine hervorragende Leistung“, sagt der Wohn-Experte und ergänzt: „Dennoch ist der Konflikt, einerseits bezahlbaren Wohnraum schaffen zu wollen und andererseits mit den Grundstückserlösen auch deren Entwicklungskosten und die gesamte öffentliche und soziale Infrastruktur des neuen Viertels finanzieren zu müssen, nicht aufzulösen.“

„Das Großprojekt ist für eine mittelgroße Stadt wie Konstanz eine hervorragende Leistung“, sagt Winfried Kropp, Vorsitzender des ...
„Das Großprojekt ist für eine mittelgroße Stadt wie Konstanz eine hervorragende Leistung“, sagt Winfried Kropp, Vorsitzender des Mieterbunds Bodensee. | Bild: Guido Kasper

Trotzdem hält er die prognostizierten Grundstückspreise für günstig: „Sie liegen teilweise deutlich unter den in Konstanz für Wohngebiete üblichen Preisen.“ Wichtig sei allerdings, dass bei Geschosswohnungsbau vorrangig Bauträger zum Zug kommen, die dauerhaft günstigen Wohnraum anbieten, auch nach Ablauf der Bindungsfrist. „So kann nördlich Hafner für mehrere tausend Menschen aus allen Bevölkerungsschichten neuer Wohnraum entstehen.“

Für dieses übergeordnete Ziel hält er den Eingriff in den Wohnungsmarkt für gerechtfertigt. Denn das Modell der Stadtentwicklungsmaßnahme gemäß Paragraf 165 Baugesetzbuch biete die Grundlage für eine sozial orientierte Umsetzung größerer Neubaugebiete ohne Spekulation. Dagegen schnellen Bodenpreise normalerweise in die Höhe, sobald Gemeinden einen Bebauungsplan aufstellen.

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„Aus günstigen Gartengrundstücken wird teures Bauerwartungsland. Quasi über Nacht vervielfältigt sich der Wert der Grundstücke“, sagt Winfried Kropp. „Diese extremen Preissteigerungen sind ein wesentlicher Grund, warum Wohnen immer teurer wird.“ Mit Instrumenten wie Grunderwerbsmodellen wollen Kommunen dies unter Kontrolle bringen.

Genau das ärgert viele Grundstücksbesitzer. Während sie von „faktischer Enteignung“ und „Spekulation durch die Stadt Konstanz“ sprechen, sagt Kropp: „Grundgedanke ist, dass die Kosten für die Entwicklung des neuen Stadtteils durch die Differenz des Grundstückspreises für das ehemalige Gartenland und den Verkaufspreis für voll entwickeltes Bauland finanziert werden.“

Das sei ein soziales Prinzip, denn „ohne die Beschlüsse zur Stadtentwicklung wären die landwirtschaftlichen Flächen nie zu höherwertigem Bauland geworden“.

(Archivfoto) Grundstücksbesitzer wie Patric Gibey sind empört, dass sie ihre Kleingärten zu Gunsten von Wohnhäusern im Projekt Hafner ...
(Archivfoto) Grundstücksbesitzer wie Patric Gibey sind empört, dass sie ihre Kleingärten zu Gunsten von Wohnhäusern im Projekt Hafner opfern sollen und dafür aus ihrer Sicht zu wenig Geld bekommen. Hier steht Gibey zwischen den Obstbäumen, die er von seinen Eltern geerbt hat. | Bild: Kirsten Astor

Im Vergleich mit überteuerten Flächen hat die Stadt faire Preise

Matthias Schaubel, Anwalt und Vorstand von Haus und Grund Konstanz, hält das Neubauprojekt Hafner für notwendig, sieht aber die Grundstückspreise „sicherlich an einem oberen Rand“.

„Wenn man sie mit Grundstücken vergleicht, die sonst in Konstanz verkauft werden, hat die Stadt zwar mit ihrer Aussage der fairen Preise recht“, sagt der Experte. „Aber nur deshalb, weil Flächen hier aufgrund der Nachfrage überteuert verkauft werden.“

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Ähnlich verhalte es sich mit den Gebäuden: 600.000 Euro für ein kleines Häuschen – „das ist schon ein Wort“, sagt Matthias Schaubel. Aber im Vergleich zu gebrauchten Gebäuden, die in Konstanz für Summen zwischen 3500 und 5500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche zu haben sind, seien die kalkulierten Preise am Hafner wiederum in Ordnung.

Es ist eben alles eine Frage der Perspektive. So sagt Matthias Schaubel: „In Eigeltingen kosten Grundstücke 270 Euro pro Quadratmeter. Aber das kann man nicht vergleichen.“

„600.000 Euro für ein kleines Häuschen, das ist schon ein Wort“, sagt Matthias Schaubel, Vorstand von Haus und Grund Konstanz.
„600.000 Euro für ein kleines Häuschen, das ist schon ein Wort“, sagt Matthias Schaubel, Vorstand von Haus und Grund Konstanz. | Bild: Julius Bretzel | SK-Archiv