Jugendliche, die sich Samstag für Samstag in den Lärm und Gestank stellen, um den Verkehr zu regeln: Dieses Konzept ist in Teilen des Gemeinderats schon lange umstritten. Dass es im vergangenen Jahr auch noch deutlich teurer wurde als geplant, verärgerte die Stadträte in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses Mitte Januar.

Statt wie vorgesehen 130.000 Euro musste die Stadt zusätzliche 153.500 Euro allein für die Verkehrslenkung in der Altstadt ausgeben. Ein großer Batzen sei dabei an die Verkehrskadetten geflossen, sagte der städtische Verkehrsplaner Stephan Fischer.

Dabei drängt sich eine Frage auf: Wenn die Jugendlichen ihren Dienst am Autofahrer ehrenamtlich verrichten und nicht mehr bekommen als ein Taschengeld: Wofür wird eine solch hohe Summe benötigt? Die städtische Pressestelle gibt auf SÜDKURIER-Nachfragen Auskunft.

Die Einsätze der Verkehrskadetten während der Bauphase am Bahnhofplatz werden jede Woche unter der Leitung des Verwaltungsdezernenten ...
Die Einsätze der Verkehrskadetten während der Bauphase am Bahnhofplatz werden jede Woche unter der Leitung des Verwaltungsdezernenten Joachim Helff mit dem Tiefbauamt, der Verkehrsbehörde, dem Busbetrieb der Stadtwerke, Polizei, Marketing und Tourismus Konstanz GmbH sowie dem Verkehrsplanungsbüro Schlatter besprochen. | Bild: Kirsten Astor

1. Woran liegt es, dass die Stadt für die Verkehrsplanung 2024 (Kadetten und Verkehrskonzepte) zusammengerechnet 170.000 Euro mehr ausgeben musste als geplant?

Das Budget im städtischen Haushalt für das manuelle Verkehrsmanagement lag 2022 und 2023 bei 60.000 Euro, schreibt die Stadt. 2023 seien aber wegen der Arbeiten am Bahnhofplatz 130.000 Euro benötigt worden, das Budget wurde für 2024 deshalb auf diesen Betrag aufgestockt.

Aber: „Der Regelungsaufwand durch Verkehrskadetten war 2024 aufgrund der fortschreitenden Arbeiten am Bahnhofplatz und des damit verbundenen Steuerungsaufwandes an Spitzentagen deutlich höher als 2023“, teilt die Pressestelle mit. Die Baustelle für das C-Konzept ist demnach verantwortlich für die Mehrkosten. Der Umfang sei vorher nicht kalkulierbar gewesen.

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2. Wohin floss das Geld für die Verkehrslenkung genau?

Bis 31. Dezember 2024 wurden laut Stadt auf der Kostenstelle „Manuelles Verkehrsmanagement“ rund 283.500 Euro gebucht. Davon gingen 28.400 Euro auf das Konto des Konstanzer Verkehrsplanungsbüros Schlatter. Das Büro übernahm vor Ort die Organisation des manuellen Verkehrsmanagements an etwa 60 Hochlasttagen. 20.300 Euro kostete die Miete der LED-Tafeln, die Autofahrern anzeigen, wo wie viele Stellplätze frei sind – einschließlich der Solar-Module, die sie zum Leuchten bringen.

Rund 15.100 Euro musste die Stadt an die Technischen Betriebe Konstanz bezahlen, darunter für die Vermietung sogenannter Absperrwarnanhänger, für Beschilderungen und für das Einrichten von Busstellplätzen auf Klein Venedig. Denn während der Bauphase rund um den Bahnhof entfallen dort die Pausenplätze für Regiobusse.

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Weitere 12.400 Euro erhielt im vergangenen Jahr ein Security-Dienst, der an verkehrsreichen Tagen die Zufahrt zu den Parkhäusern regelt. Warum dies nicht die deutlich günstigeren Verkehrskadetten übernehmen können, beantwortet die Stadt so: „An einigen Hochlasttagen steht keine ausreichende Zahl an Verkehrskadetten zur Verfügung. Darüber hinaus kommt der Security-Dienst mit einer Person aus, die Verkehrskadetten müssen aus rechtlichen Gründen immer zu zweit sein.“

Und mit 207.300 Euro entfiel der größte Posten auf die Dienste der Verkehrskadetten. Die Frage, wie viele Euro pro Stunde diese Ehrenamtlichen als Aufwandsentschädigung erhalten, beantwortet die Pressestelle nicht, sondern bleibt im Ungefähren: „Der Betrag, den die Stadt pro Person bezahlt, ist nicht identisch mit der Aufwandsentschädigung, die eine Person für ihren Dienst bekommt; dies ist abhängig von deren Ausbildung.“

(Archivbild) Einsatzleiter Lars Baron (rechts) und Tim Mart regeln den Verkehr vor dem Lago in Konstanz.
(Archivbild) Einsatzleiter Lars Baron (rechts) und Tim Mart regeln den Verkehr vor dem Lago in Konstanz. | Bild: Hanser, Oliver

Nach SÜDKURIER-Informationen bekommt ein Verkehrskadett je nach Erfahrung grob zwischen fünf und sieben Euro die Stunde. Die Stadt ergänzt: „In den Kosten für die Verkehrskadetten sind auch Einsatzmaterial, Fahrzeuge, Verpflegung und anderes enthalten.“ Eine Summe wird nicht genannt.

3. Wird für 2025 von vornherein mehr Geld für die Verkehrslenkung eingeplant?

Dazu schreibt die Stadt: „Die Verwaltung wird dem Gemeinderat vorschlagen, für dieses Jahr 300.000 Euro bereitzustellen, da die Bauarbeiten rund um den Bahnhof bis zur Tourismus-Saison noch nicht abgeschlossen sein werden.“

4. Wird der Einsatz der Verkehrskadetten doch noch einmal diskutiert?

Davon geht die Verwaltung nicht aus: „Die Stadt ist verantwortlich für die Rettungssicherheit und möchte weiterhin einen weitgehend pünktlichen Busverkehr gewährleisten. Weder Handel noch die Bürgerinnen und Bürger würden verstehen, wenn die Stadt die entstehenden Verkehrsstaus ignorieren würde. Darüber hinaus könnte sie im Schadensfall, wenn Rettungsdienste nicht durchkommen, haftbar gemacht werden.“

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5. Ist die Einführung eines digitalen Leitsystems nach wie vor für 2027 geplant?

Grundsätzlich ja, teilt die Pressestelle mit und schränkt ein: „Sofern der Gemeinderat im Doppelhaushalt 2027/28 die erforderlichen Investitionsmittel zur Verfügung stellt.“ Die Entwurfsplanung für ein digitales Verkehrsmanagement sei in Arbeit und werde einschließlich Kostenberechnung voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres abgeschlossen.

Anfang 2026 könnten die Stadträte im Technischen und Umweltausschuss dann den Projektbeschluss fassen. Die Baumaßnahmen für das digitale Verkehrsmanagement könnten frühestens 2027 beginnen.

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Und was passiert, wenn der Bahnhofplatz fertig gebaut und die Durchfahrtssperre für Autos errichtet ist? Oberbürgermeister Uli Burchardt zeigte sich im Ausschuss überzeugt davon, dass die Lage sich dann verbessert. Mit dem neuen Verkehrskonzept werde sich der Verkehr am Bahnhof um 10.000 Autos pro Tag verringern.

„Altbackenes Verkehrsmanagement“

SÜDKURIER-Leser Christoph Menger-Skowronek hält das für „reines Wunschdenken“, wie derzeit bei der baubedingten Sperrung des Bahnhofplatzes zu beobachten sei. „Die Zufahrt zum Lago-Parkhaus und zum Parkplatz in der Hafenstraße wirke wie eine Mausefalle“, schreibt Menger-Skowronek. „Es liegt auf der Hand, dass das in Spitzenzeiten nicht funktionieren kann.“

Deshalb könne – bis zu einer besseren Lösung – nicht auf die Verkehrskadetten verzichtet werden. „Auch wenn diese altbackene Art des Verkehrsmanagements aus der Zeit gefallen scheint und viel Geld kostet“, ergänzt der Leser. Von vielen Seiten erhalten die Jugendlichen aber auch großes Lob für ihren Einsatz.