Der Angeklagte hatte das letzte Wort. Hierfür brach Adrian P. erstmals sein Schweigen. „Es tut mir sehr, sehr leid, was ich getan habe. Es war nur ein Streit“, sagte er. Dies war das erste und einzige Mal, dass sich der 46-Jährige im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Konstanz äußerte. Seine Reue änderte nichts am Urteil, das am Montag, 31. Januar, verkündet wurde.
Für elf Jahre muss der Mann wegen Totschlags ins Gefängnis. Damit liegt das Urteil genau im Rahmen von zehn bis zwölf Jahren, die im Vorfeld zu erwarten waren. Der Prozess ist nun abgeschlossen, viele Fragen zum Tathergang blieben aber offen.
„Wir haben es hier nicht nur mit einem schweigenden Angeklagten zu tun, was die Sache nicht einfach macht“, erklärt der Vorsitzende Richter Arno Hornstein. „Es gibt zudem auch keine unmittelbaren Tatzeugen. Deshalb bleibt vieles nur Spekulation.“
Wie zum Beispiel das Motiv: Eifersucht und Rache für die Trennung des Paars zwei Wochen vor der Tat sind naheliegend, zweifelsfrei feststellen lässt sich dies jedoch nicht. „Vieles spricht dafür, dass es nur so gewesen sein kann“, sagt Hornstein. „Eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür reicht uns aber nicht für eine volle Überzeugung.“
Keine Beweise für einen Mord
Weil das Motiv nicht eindeutig wird, werden niedere Beweggründe als ein Mordmerkmal ausgeschlossen. Zudem lässt sich nicht zweifelsfrei ermitteln, ob Adrian P. mit einer klaren Tötungsabsicht den Wohnort von Geta E. aufgesucht hatte. „Der Angeklagte hat der Geschädigten nicht aufgelauert, sondern ging zunächst in ihre Wohnung, wo noch andere Menschen lebten. Das ist kein Ort für eine gezielte Tat“, erklärt der Richter.
Ob Adrian P. das Tatmesser bereits bei der ersten Konfrontation in der Wohnung mit sich geführt hatte, ist ebenfalls nicht erwiesen. Als Erntehelfer bewahrte der 46-Jährige seine Arbeitsmesser immer in seinem Auto auf. Aus all diesen Gründen wird die Tat vor Gericht als Totschlag gewertet – und nicht als Mord.
Dies wirkt sich im Strafmaß zugunsten des Angeklagten aus. Als erschwerend kam jedoch dazu, dass es nicht der erste Totschlag war, den Adrian P. beging. Bereits im Jahr 2014 hatte er in Rumänien einen Mann im Affekt niedergestochen. Er wurde dafür zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, allerdings bereits nach der Hälfte der Haftstrafe wieder freigelassen.
Im aktuellen Fall forderte die Staatsanwaltschaft 14 Jahre Haft. Rechtsanwalt Björn Bilidt in der Verteidigung jedoch nicht mehr als zehn. Über einen Punkt waren sich beide Seiten jedoch einig: Eine Sicherungsverwahrung nach der Haft sei nicht notwendig.
Die Grundlage dafür schuf das Gutachten des forensischen Psychologen Prof. Klaus Hoffmann. Er erkannte in Adrian P. einen Mann „mit zwei Gesichtern: Das eine zeigte einen fleißigen und zuverlässigen Arbeiter. Das andere Gesicht war aufbrausend bei Kleinigkeiten, affektiv, ihn musste man bremsen“. An den Tagen vor der Tat habe er Merkmale einer Depression gezeigt, eine verminderte Schuldfähigkeit als Folge dessen käme allerdings nicht infrage.
Nach Ansicht des Psychologen gehe vom Angeklagten zudem keine Gefahr für die Allgemeinheit aus, die eine Sicherungsverwahrung rechtfertigen würde. „Dafür müsste ein Hang zu Rechtsbrüchen sichtbar sein. Das ist in der Zeit zwischen den beiden Totschlägen nicht der Fall“, erklärte Hoffmann. Er erklärte, dass die Rückfallgefahr nach einem Totschlag sehr niedrig sei.
Anwalt legt Revision ein
Verteidiger Björn Bilidt zeigt sich dem SÜDKURIER gegenüber nach der Urteilsverkündung zufrieden. „Das liegt nicht weit weg von dem, was ich gefordert hatte“, sagt der Radolfzeller Anwalt. „Dennoch werden wir in der kommenden Woche das Urteil prüfen und in Revision gehen.“ Auch die Staatsanwaltschaft habe dies bereits signalisiert.
Dass der Angeklagte stets die Aussage verweigerte, stellt sich für ihn letztlich als Gewinn heraus. „Wenn er ausgesagt hätte, hätte er ein strafmilderndes Geständnis ablegen können“, sagt Bilidt. „In diesem Fall war es aber vollkommen richtig, dass er nichts erzählt hat. Für die Strafverteidigung ist es ganz wichtig, dass einige Dinge unklar bleiben.“
Die Antwort auf das „Warum?“ kann also weiterhin wohl nur Adrian P. selbst geben.