Florin Chira setzt die Motorsäge an, es wird kurz laut, dann hallt ein Knacken über den Abhang. Ein langer Stamm fällt wie in Zeitlupe zu Boden. Und er ist nicht der einzige, der entlang dem Radweg zwischen Staad und Egg abgesägt werden muss.
Das Eschentriebsterben, verursacht durch einen Pilz, greift oberhalb der Hoheneggstraße um sich. Die Triebe sterben ab, die Wurzeln faulen und die Bäume könnten irgendwann unkontrolliert umfallen. Das muss Revierförsterin Irmgard Weishaupt verhindern.
So fällen Florin Chira und sein Bruder Vasile, die für ein externes Unternehmen arbeiten, im Auftrag des Kreisforstamts rund 50 Eschen im Alter von 40 bis 50 Jahren. „Die sind im besten Jugendalter und eigentlich noch nicht hiebreif“, erklärt die Försterin. „Aber wir sind für die Verkehrssicherung zuständig.“

Wege für Bürger sicher zu machen, ist aber nur eine ihrer Aufgaben. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Holzernte. „Die machen wir am liebsten im Winter, außerhalb der Brut- und Vegetationszeit, um Tiere und Pflanzen nicht zu stören“, erklärt die 54-Jährige. Aus demselben Grund sind auch die Technischen Betriebe und weitere Unternehmen momentan überall in der Stadt dabei, Bäume zu stutzen.

Irmgard Weishaupt ist bewusst, dass viele Bürger sehr an den Bäumen hängen. „Das ist eine emotionale Sache. Gerade im städtischen Bereich gilt der Wald als Erholungsgebiet. Da tut es weh, wenn ein geliebter Baum fällt“, sagt die Revierförsterin. „Aber wir brauchen ja auch den wertvollen Rohstoff Holz.“
Deutschland sei führend beim Thema Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft. „Wenn wir bei uns weniger Holz ernten, müssen wir importieren und haben dann kaum Einfluss auf den Umgang anderer Länder mit ihrer Natur.“ Die Kunst der Förster sei es, den Wald so zu nutzen, dass das Ökosystem nicht kaputt geht.
Klimawandel, Pilze und Borkenkäfer lassen Wälder sterben
Dazu wird alle zehn Jahre eine Art Inventarliste der Wälder erstellt. Es wird erfasst, welche Baumarten in welcher Menge in einem Gebiet vorhanden sind und in welcher Verfassung sie sich befinden. „Daran wird errechnet, wie viele Festmeter Holz ich entnehmen darf, ohne dem Wald zu schaden“, erläutert Irmgard Weishaupt. Für Konstanz wird diese Liste im kommenden Jahr wieder erstellt.
Die Försterin betont aber auch: „Dieses Vorgehen ist der Idealfall. Dabei sind der Klimawandel, Pilze und Borkenkäfer noch nicht berücksichtigt.“ Denn der Zustand auch der Konstanzer Bäume macht Irmgard Weishaupt Sorgen.
„Hier brechen ganze Bestände zusammen. Das Waldbild mit dichter Bewachsung und mächtigen Kronen wird es in 50 bis 100 Jahren nicht mehr geben“, sagt sie. „Wir Förster kämpfen seit über 20 Jahren damit, aber inzwischen merken auch die Laien, dass sich was verändert.“ Ihr selbst gehe es trotz aller Expertise auch nicht anders: „Das Gefühl, im Wald gut beschirmt zu sein, geht in meinem Bestand allmählich verloren.“

Obwohl die Försterin, Waldarbeiter und extern beauftragte Firmen jedes Jahr viele Bäume fällen müssen, ist Irmgard Weishaupt eine Botschaft ganz wichtig: „Wir sind keine Baummörder oder die Bösen, im Gegenteil: Wir sorgen mit viel Herzblut dafür, dass es den Wäldern langfristig gut geht.“