21 Ja, 16 Nein, und die Trennlinie verläuft akkurat zwischen dem sogenannten bürgerlichen Lager und der rot-grün-linken Mehrheit. Die Abstimmung über die E-Zone in der Konstanzer Innenstadt hat ein Schlaglicht auf die politische Verfasstheit des neu gewählten Gemeinderats geworfen. Nach erneut kontroverser Debatte kann die Verwaltung nun einen Antrag beim Land stellen, in ein entsprechendes Förderprogramm aufgenommen zu werden. CDU, FDP und Freie Wähler haben weiter die Sorge, dass auf die Stadt unkalkulierbare Kosten zukommen, auch im Zusammenhang mit dem Stephansplatz.

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E-Zone heißt unterdessen nicht, dass keine Verbrenner-Autos mehr in die Innenstadt fahren dürfen, das macht Oberbürgermeister Uli Burchardt gleich zu Beginn der Debatte klar: „Es geht nicht darum, irgendjemanden auszuschließen“, er halte das auch aus sozialen Gründen für falsch. Burchardt bestätigte aber, dass es das Ziel sei, lokal schadstoffarme E-Autos zu bevorzugen. Dies soll über das Thema Parkplätze erreicht werden – vier Prozent der Stellplätze will die Stadt mit Ladesäulen ausrüsten. Dort dürfen dann nur elektrisch betriebene Autos parken, und das auch nur während des Ladevorgangs.

Was bedeutet eine E-Zone genau?

Die Kulisse der Debatte ist der Klimanotstand und das in der Folge entwickelte Klimaschutzkonzept. Der OB erinnert daran, dass es bis 2035 eine Halbierung des Autoverkehrs in der Innenstadt vorsieht und dass dieser Rest zu zwei Dritteln mit E-Fahrzeugen abgewickelt werden soll. Lorenz Heublein vom Amt für Klimaschutz ergänzt dazu, dass Einfahrtverbote für Verbrenner derzeit weder rechtlich noch technisch durchsetzbar seien. Dennoch sei der Abschied vom Verbrenner als Ziel auch national gesetzt.

Grün-rot-links ist dafür, Bürgerliche weiter dagegen

Die Argumente und Haltungen sind im Ratssaal auch in dieser letzten Debatte klar verteilt. Grüne/FGL, Linke Liste, Junges Forum und SPD unterstützen die E-Zone und legen dar, dass es sich eigentlich um gar keine große Änderung handle, wenn zunächst 88 Parkplätze – gerade einmal vier Prozent des gesamten Bestandes – umgewandelt würden. „Die Ängste sind unbegründet“, sagt zum Beispiel der SPD-Fraktionschef Jürgen Ruff. Niklas Becker (FGL/Grüne) führt aus, 20 Prozent der Konstanzer Emissionen kämen aus dem Verkehr. Holger Reile findet die Skepsis gegenüber Förderprogrammen fehl am Platze, ohne Geld von Land und Bund könne die Stadt vieles gar nicht machen.

Bild 1: Vorrang für Elektrofahrzeuge: Konstanz will die E-Zone, aber die Skepsis bleibt groß
Bild: Schönlein, Ute

Ganz anders im Lager von CDU, Freien Wählern und FDP. Heike Rawitzer, Fraktionschefin der CDU, beginnt etwa zehn Sätze mit der Formulierung „Nicht glücklich ist“ und verdichtet das zu so viel Unwohlsein, dass die CDU unmöglich zustimmen könne. Daniel Hölzle sagt für die Freien Wähler, am Ziel von mehr Klimaschutz gebe es keinerlei Zweifel, die E-Zone leiste dafür aber keinen hinreichenden Beitrag. Achim Schächtle (FDP) warnt, die Lade-Parkplätze könnten weitgehend ungenutzt bleiben, sodass zu den Kosten auch Einnahmeausfälle bei den Parkhausbetreibern und der Stadt kämen.

Die Emotionen gehen zeitweise hoch im Ratssaal

Wie hoch die Emotionen bei dem Thema gehen, zeigt sich immer wieder. Moritz Schneider, neu fürs Junge Forum im Rat, moniert, dass „nicht sachgerechte Argumente angeführt werden“ und wirft der CDU, die vor der Sommerpause eine Vertagung der Entscheidung herbeigeführt hatte, einen politischen Trick vor. Lisa Kreitmeier (FGL/Grüne) bezeichnete die CDU-Forderung nach einer umfassenden Bedarfanalyse als den „größten Witz, und ich habe schon viel Unsinn gehört in dieser Diskussion.“

Marcus Nabholz (CDU) schilderte, wie er persönlich manchmal eine Viertelstunde auf der Suche nach einem Parkplatz durch die Innenstadt kurve und erklärt: „Die Leidtragenden der ganzen Aktion sind die Anwohner der Altstadt“. Roland Ballier (Freie Wähler) beklagt, dass die Vorlagen der Verwaltung nicht ausreichten, um Chancen und Risiken des Projekts seriös abschätzen zu können.

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Nicht für alle Beteiligten restlos geklärt bleibt unterdessen auch in dieser Debatte, ob es einen direkten Zusammenhang zur Neugestaltung des Stephansplatzes ohne Parkplätze gibt. Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn erinnert daran, dass hier die Grundsatzentscheidung ohnehin schon vor Jahren getroffen worden sei. Außerdem stünden die Chancen gut, über das Sanierungsgebiet Stadelhofen Landeszuschüsse für den klimafreundlichen Umbau des Platzes zu bekommen. Ob die Stadt die Kosten – es liegen erst grobe Schätzungen im Bereich von bis zu fünf Millionen Euro vor – im Fall einer Ablehnung auch in Zeiten knapper Kassen selbst aufbringen müsste, weil die E-Zone sie dazu verpflichtet, bleibe offen, so Heike Rawitzer (CDU).

OB wirbt: „Gut für die Zukunft der Stadt“

Am Ende ist die Mehrheit knapp, aber klar. Auch OB Burchardt hebt die Hand bei Ja – anders als die Fraktion seiner eigenen Partei, der CDU. Es sei „überzeugt, dass dieser Beschluss gut für die Zukunft der Stadt ist“, hatte er eingangs geworben. Darin hatte ihn auch Stadtwerke-Co-Geschäftsführer Gordon Appel bestätigt, der erklärte, die Zahl der nun geplanten E-Lade-Stellplätze sei „leicht über Bedarf, aber es soll ja auch ein Anreiz sein.“ Bis zum 15. September muss der Förderantrag nun der Landesregierung vorliegen. Ob auch das Land eine E-Zone in Konstanz gutheißt, ist noch unklar. Ob sie also tatsächlich kommt, wird nun in Stuttgart entschieden.