Gegen 17 Uhr positioniert sich am Mittwoch, 11. Januar, eine etwa zehnköpfige Gruppe Klimaaktivsten des Bündnisses „Lützi bleibt“ vor der Sparkassenfiliale an der Marktstätte. Die Aktion findet am Rande der von Fridays For Future Konstanz veranstalteten Mahnwache für Lützerath statt.
Mit zwei großen Transparenten und einem Megafon fordern die „Lützi bleibt“-Aktivisten den Abbruch des Abrisses des Dorfes in Nordrhein-Westfalen und verweisen dabei auf eine Verbindung von Kohleabbau und Bankgeschäft. Die Eingangstür der Sparkassen rahmen sie mit Aufstellern des Buchstaben X ein, der zum Symbol des Protests wird.

Durch das Megafon klären sie über die Bedeutung des Protests auf und stimmen immer wieder Sprechchöre an. Die Wut der Aktivisten richtet sich dabei vor allem gegen den Energiekonzern RWE. Einer der Sprechchöre: „Gebt mir ein R. Gebt mir ein W. Gebt mir ein E. Was heißt das?“
Die Antwort der Aktivisten: „Scheiße!“ Ein weiterer lautet: „Kohlekonzerne baggern in der Ferne, zerstören unsere Umwelt nur für einen Batzen Geld.“ Einige Passanten kommen mit den Aktivisten ins Gespräch und bekommen Flyer über nachhaltige Geldanlagen.
Aktivist verteilt symbolisch Kohle auf dem Boden
Drei der Aktivsten betreten das Foyer der Sparkassen-Filiale und bringen an einer Wand ein Plakat an. Einer von ihnen erklärt durch das Megafon die Verbindung von Sparkasse und Lützerath. Er kippt anschließend einen Beutel Kohle im Foyer aus, als Symbol für die Tonnen des fossilen Energieträgers, die RWE unter dem Dorf abbaggern möchte.
Die Demonstranten kritisieren die Sparkassen-Finanzgruppe für klimaschädliche Investitionen über die Fondgesellschaft Deka-Bank. „Die Deka finanziert korrupte und umweltschädliche Unternehmen. Unternehmen, die Menschrechte verletzen oder solche, die Waffen produzieren“, erklärt die Gruppe „Lützi bleibt“ in einer Pressemitteilung im Nachgang der Aktion. Zwar würden viele Menschen schon sehr klimabewusst leben, blickten dabei aber nur selten auf ihre Finanzanlagen, teilt die Gruppe mit.
Sie verweisen dabei auf ein Gutachten des Fair Finance Guide. „Der Finanzsektor spielt eine Schlüsselrolle in der Finanzierung von klimaschädlicher Infrastruktur. Ohne deren Kapital stehen die Kohlebagger ganz schnell still“, wird eines der Mitglieder von „Lützi bleibt“ in der Pressemitteilung zitiert. Über die Dringlichkeit des Protests erklärt Anton Schwärzler, einer der Aktivisten, dem SÜDKURIER: „Wenn Lützerath fällt, kann Deutschland die Klimaziele in diesem Bereich nicht mehr erfüllen.“

Der Aktivist, der die Kohle im Foyer der Sparkasse auskippt, heißt Marcel. Seinen Nachnamen möchte er dem SÜDKURIER nicht nennen. „Es steht außer Frage, dass das Abbaggern von Lützerath nicht mit dem 1,5-Grad-Ziel zu vereinbaren ist“, sagt er. Er könne nicht verstehen, wie die Sparkasse mit den Einlagen ihrer Kunden in klimaschädliche Unternehmungen investiere und keine Verantwortung dafür übernehme.
Auf die Frage, ob er Konsequenzen durch die Aktion fürchte, erklärt er: „Ich habe keine Angst davor, dass die Polizei zu mir kommt. Ich habe nur Angst davor, dass ich kein Leben mehr auf diesem Planeten habe.“ Er spricht sich aber auch gegen gewaltvollen Protest aus. Die Geschichte zeige, dass man mit Gewalt seine Ziele nicht erreichen kann: „Es geht ja eigentlich darum, für alle ein friedliches und gutes Leben zu ermöglichen.“
Marcel rechnet vor, weshalb die Kohle unter Lützerath nicht benötigt werde: „Wir haben jetzt schon so viel Kohle erschlossen, etwa 230 Millionen Tonnen. Wenn wir die verbrennen, haben wir schon das 1,5-Grad-Ziel gerissen.“ Dennoch wolle die Regierung weitere Kohle abbaggern. Die Aktivisten von „Lützi bleibt“ berufen sich bei dieser Kalkulation auf eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
Was sagen Polizei und Sparkasse zu dem Vorfall
Katrin Rosenthal, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz, erklärt auf Anfrage, dass Polizeibeamte keinen Schaden durch das Auskippen der Kohle feststellen konnten. Die Sparkasse könne daher nur zivilrechtlich gegen die Aktivisten vorgehen.
Über eine solche Anzeige müsse man sich noch Gedanken machen, so Wolfgang Aich von der Pressestelle der Sparkasse Bodensee. Nach der Aktion am Mittwoch habe man sich zuerst vergewissert, ob Mitarbeiter oder Kunden zu Schaden gekommen seien. Dies war jedoch nicht der Fall. Aich zeigt sich von der Aktion vor allem verwundert. „Die Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit haben wir sehr wohl im Blick“, meint er. Die Sparkasse Bodensee sei in einem bundesweiten Nachhaltigkeitsranking der Sparkassen sogar auf Platz 5 von 207 teilnehmenden Banken gelandet.