Es war ein vielsagender Blick, der den weiteren Verlauf des Verfahrens wegen mehrfacher Vergewaltigung vor dem Landgericht Konstanz besiegelte. Es war der Blick, den die Ex-Frau, das mutmaßliche Opfer, ihrem Ex-Mann, dem Angeklagten, zuwarf, bevor sie dem Gericht eröffnete, dass sie keine Aussage machen wolle.

Mangels Zeugen der mutmaßlichen Taten, ohne weitere Beweismittel oder sonstigen Indizien fand das Verfahren wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung ein frühzeitiges Ende. Dabei las sich die Anklageschrift wie der Albtraum eines jeden Opfers von Sexualverbrechen.

Vorwurf der mehrfachen Vergewaltigung

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, seine Ex-Frau mehrfach vergewaltigt zu haben. Das erste Mal soll dies im Zeitraum zwischen Januar und August 2014 passiert sein, damals waren der Angeklagte und seine Ex-Frau noch verheiratet. Der 48-Jährige soll mit seiner Frau zu diesem Zeitpunkt gegen ihren erkennbaren Willen Geschlechtsverkehr ohne Verhütung gehabt haben. Er soll dabei ihre Gegenwehr unterbunden und sie gewürgt sowie gebissen haben. Seine Frau habe ihn mehrmals gebeten, aufzuhören.

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Einige Jahre später trennte sich das Paar, das zu diesem Zeitpunkt noch an einem anderen Ort in Deutschland lebte. Dem Angeklagten, der mittlerweile in Konstanz wohnt, wurde außerdem vorgeworfen, seine Ex-Frau nach der Trennung noch zwei weitere Male vergewaltigt zu haben. Als sie schrie und sich werte, soll er ihr den Mund zugehalten und ihre Bluse zerrissen haben. Beim zweiten Mal soll er sie ins Schlafzimmer gedrängt, ihr Kleid hochgeschoben und sie gewürgt haben.

Bei beiden mutmaßlichen Vergewaltigungen soll er den Akt ohne Verhütung bis zum Samenerguss vollzogen haben. Seine ehemalige Partnerin soll in beiden Fällen durch die Vergewaltigungen ungewollt schwanger geworden sein. Beide Male soll sie sich zum Schwangerschaftsabbruch entschieden haben. Dem 48-Jährigen wurde deshalb Vergewaltigung in drei Fällen vorgeworfen.

Bereits wegen Betrugs verurteilt

Das ehemalige Ehepaar hatte im Jahr 2008 geheiratet und sei im Lauf des Jahres 2014 gemeinsam an den Bodensee gekommen. Zuvor lebten die beiden mit ihren zwei Kindern in Nordrhein-Westfalen, ein drittes Kind wurde in Konstanz geboren. Seit 2017 lebte das Paar getrennt, die Scheidung folgte im November 2019. Zwischen Mai 2019 und Januar 2020 saß der 48-Jährige wegen Betruges in Haft, eine der mutmaßlichen Vergewaltigungen soll sich während eines Freigangs ereignet haben.

Inzwischen schlägt sich der Angeklagte mit Gelegenheitsjobs durch, fährt Taxi, liefert Essen aus. Er war darüber hinaus bereits selbstständig, führte eine Bar und einen Imbiss. Seine Schulden beziffert er auf ungefähr 11.000 Euro. Die Miete für seine Wohnung in der Konzilstadt bezahlt das Amt, ebenso momentan den Unterhalt für seine drei Kinder, die bei der Mutter leben.

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Der 48-Jährige bestritt während der Verhandlung vor dem Landgericht Konstanz sämtliche, in der Anklage aufgeführten Taten und sagte, der Geschlechtsverkehr zwischen seiner früheren Partnerin und ihm sei zu jedem Zeitpunkt auf freiwilliger Basis erfolgt. Auch die Bedrohungen, die die Ex-Frau ebenfalls bei der Polizei zur Anzeige brachte, gegenüber ihr und ihrem neuen Freund stritt er vor Gericht ab. Dass er ihre Wohnung überwacht haben soll, sei ebenfalls falsch. Von den Abtreibungen seiner Ex-Frau will er erst durch seinen Anwalt erfahren haben. Zudem sagte der Angeklagte aus, dass es seit dem Jahr 2017 keinen sexuellen Kontakt mehr zwischen den beiden gegeben haben soll.

Ex-Frau verweigerte die Aussage

Als die Ex-Frau des Angeklagten als Zeugin auf dem Vernehmungsstuhl Platz nahm, bekam das Verfahren die entscheidende Wendung. So konnte die 37-Jährige als ehemalige Frau des Angeklagten die Aussage verweigern. Sie warf dem Angeklagten einen bedeutsamen Blick zu, bevor sie angab, keine Angaben machen zu wollen. Sie habe sogar die Anzeige bei der Polizei noch zurückziehen wollen, dies sei ihr jedoch verwehrt geblieben, sagte sie. Als Grund für ihre Nichtaussage gab sie an: „Wegen meinen Kindern.“

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Das Gericht beriet sich daraufhin, die Wahrscheinlichkeit eines Freispruchs für den Angeklagten war gegeben. Weitere Personen konnten nicht zur Klärung herangezogen werden: Die Schwester der 37-Jährigen konnte nicht zum Prozess erscheinen, auch andere Zeugen hätten wohl nicht zur Urteilsfindung beitragen können und wurden deshalb nicht befragt.

Mangels weiterer Beweise schien die Grundlage für ein Urteil laut dem Gericht entzogen. Der Staatsanwalt fasste es zusammen: „Die drei Taten fußen auf der Anzeige der Ex-Frau. Und die Ex-Frau wollte keine Angaben machen.“ Dadurch waren dem Angeklagten die mutmaßlichen Taten nicht nachweisbar, er selbst bestritt sie. Der Angeklagte sei freizusprechen. Der Verteidiger schloss sich dem Fazit der Staatsanwaltschaft an.

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Im Name des Volkes erging dadurch folgendes Urteil: Der Angeklagte wurde freigesprochen, die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Laut dem Gericht habe es keine Urteilgrundlage gegeben, da sich die Hauptzeugin nicht äußerte. Ihre Detailaussagen würden fehlen, somit könne man nicht zu einer Verurteilung kommen.

Der Richter gab jedoch dem 48-Jährigen noch einige Worte mit auf den Weg in die Freiheit. Er machte dem Mann deutlich, dass es sich bei dem Urteil nicht um einen Freibrief handle. Der Angeklagte solle seine Ex-Frau und deren neuen Partner zufrieden lassen und die Trennung akzeptieren – auch um seiner Kinder Willen. Damit war die Sitzung beendet, das Urteil ist rechtskräftig. Was zwischen den beiden ehemaligen Eheleuten wirklich geschah, bleibt im Dunkeln.