Gestatten Sie mir, mich vorzustellen. Gestatten Sie mir, Ihnen diese Glosse zur Lektüre zu empfehlen. Gestatten Sie mir, gnädige Frau, Sie um den nächsten Tanz zu bitten? Gestatten ist ein wunderbares Wort und bedeutet nichts anderes, als in förmlicher und höflicher Weise sich eine Freiheit zu nehmen oder einzuwilligen, dass jemand etwas tut oder eben auch lässt.
Wobei wir gleich beim Thema wären. In der Brauneggerstraße hängen an einigen der großen Wohnhäuser gegenüber dem Ellenrieder-Gymnasium Schilder, auf denen steht geschrieben: „Das Anlehnen und Abstellen von Zweirädern ist in diesem Bereich nicht gestattet.“ So weit, so schlecht. Denn was steht direkt neben den Schildern – neben jedem einzelnen? Fahrräder!
Die Besitzer dieser Zweiräder kümmern sich nicht um den Wunsch der Haus- bzw. Wohnungsbesitzer. Konsequent wären die Radler gewesen, wenn sie ihrerseits Schilder an den Lenker gehängt hätten, zum Beispiel mit dieser Aussage: „Gestatten Sie mir, dass ich mich nicht an diese Vorgabe halte.“
Der Grundsatz der Privatautonomie
Ein Verbot ist diese Aufforderung auf den Schildern nicht wirklich. Grundsätzlich ist zunächst einmal alles erlaubt, was nicht verboten ist. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Privatautonomie. Im Strafrecht muss die Tat explizit verboten sein. Ohne konkretes Gesetz keine Strafe.
Nicht gestattet heißt lediglich, dass eine Handlung oder ein Vorgang nicht aktiv erlaubt ist. Wenn etwas nicht gestattet ist, kommt es zwar einem Verbot gleich, für das es aber keine gesetzliche Regelung gibt. Der Gast in einem Restaurant darf allerdings trotzdem nicht sein mitgebrachtes Bier trinken, wenn an der Wand der Hinweis hängt: „Der Verzehr mitgebrachter Speisen und Getränke ist nicht gestattet.“ Dann kommt das Hausrecht zum Tragen, und der Besitzer darf den Gast an die frische Luft setzen. Klingt kompliziert, ist es auch.
Ein Bewohner eines der Häuser, der justament in dem Moment vorbeikam, als der SÜDKURIER-Redakteur das Schild fotografierte, brachte es so auf den Punkt: „Bevor man die Fahrradfahrer kritisiert, sollte man sich lieber mal fragen, was diese dummen Schilder sollen.“ Diese Frage sollte wirklich gestattet sein.