Es ist ein echtes Spektakel, das sich über dem Konstanzer Münsterplatz abspielt. Immer wieder bleiben Passanten stehen, staunen, zücken ihre Handys und machen Fotos.

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Derzeit zieht das Konstanzer Wahrzeichen noch mehr Blicke auf sich, als es ohnehin schon tut. In rund 78 Metern Höhe, ganz oben auf dem Münsterturm, mit einer Aussicht über den Bodensee und bis in den Hegau, laufen derzeit Reinigungsarbeiten.

78 Meter ist der Münsterturm hoch.
78 Meter ist der Münsterturm hoch. | Bild: Jannik Höntsch

Gesichert an zentimeterdicken Seilen und unzähligen Haken spritzt Moritz Stöckle in schwindelerregender Höhe mit einem Hochdruckreiniger die Fenster ab. Die Industriekletterei ist sein Beruf, solche Höhen sein Alltag.

193 Stufen über dem Münsterplatz empfängt er den SÜDKURIER. Er wirkt routiniert, als würde ihn so schnell nichts aus der Ruhe bringen.

Der Ausblick vom Münsterturm lohnt sich.
Der Ausblick vom Münsterturm lohnt sich. | Bild: Jannik Höntsch

Doch als er anfängt, von seinem Beruf und seiner mittlerweile 20-jährigen Erfahrung darin zu sprechen, formt sich ein fast kindliches Lächeln auf seinem Gesicht. „An so einem prestigeträchtigen Gebäude zu arbeiten, ist einfach mega“, schwärmt er.

Moritz Stöckle ist 42 Jahre alt, gebürtiger Leonberger, der seit 20 Jahren in Konstanz wohnt. Eigentlich hat er sich als Kind immer für Schiffe interessiert – sein Opa und sein Onkel waren beide Seefahrer.

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Doch als er 1998 die Reichstagsverhüllung von Christo und Jeanne-Claude sah, schwenkte er um. „Seitdem wollte ich das hier machen“, erklärt er und schweift mit seinem Blick zu seinem Equipment. Es ist „die Action“, wie er sagt, die er an seinem Beruf so liebt.

Mit seinem Kollegen Pascal Harlaut bei der Arbeit.
Mit seinem Kollegen Pascal Harlaut bei der Arbeit. | Bild: Pascal Harlaut

Seit 2001 hat er seinen Höhenarbeiterschein, im gleichen Jahr machte er sich mit seiner Industriekletterfirma, die er mit seiner Frau betreibt, selbstständig. Über zehn Jahre bereiste er deshalb die ganze Welt.

Nach Asien, Australien oder an die Nordsee – meist, um an Ölplattformen zu arbeiten. Wie einmal im indischen Ozean, als seine Kollegen und er in knapp 140 Metern Höhe eine tonnenschwere neue Plattform anbrachten.

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„Da hatten wir Nachtschicht und das Boot hat gewackelt. Ein geiler Job“, beschreibt er den Auftrag. Generell hat man das Gefühl, sein Beruf sei mehr als das: eine Berufung, wenn er so vom ungeheuren Teamgeist und Vertrauen spricht: „Wie mein Kollege die Haken bei mir festmacht, kann ich meist gar nicht kontrollieren – ich muss ihm da blind vertrauen.“

Unten vor dem Münster wird vor herabfallenden Gegenständen gewarnt.
Unten vor dem Münster wird vor herabfallenden Gegenständen gewarnt. | Bild: Jannik Höntsch

Oder aber wenn er von den atemberaubenden Höhen spricht, in denen Stöckle arbeitet: „Das unnatürliche Gefühl bleibt immer, das ist auch wichtig. Man lernt einfach nur, damit umzugehen.“

Doch am Konstanzer Münster – so scheint es – schwenkt dieses Gefühl bei ihm eher in Euphorie um. „Wie viele können von sich schon behaupten, auf der Spitze des Münsters gewesen zu sein?“, fragt er und grinst.

Moritz Stöckle beim Reinigen der Fenster mit einem Hochdruckreiniger.
Moritz Stöckle beim Reinigen der Fenster mit einem Hochdruckreiniger. | Bild: Jannik Höntsch

Noch bis Dienstagmittag werden Stöckle und sein Team mit der Reinigung der Fassade des Konstanzer Münsters beschäftigt sein.