Hans-Peter Kratzer sitzt auf einem Sonnenstuhl im Garten seines Hauses in Dettingen und blickt in die Ferne. Der HP, wie er nur genannt wird, wirkt glücklich und aufgeräumt. „Mir geht es hervorragend“, sagt der langjährige Wirt des Weinteufele in der Konradigasse, der zusammen mit seiner Frau Conny führte er das urige Lokal knapp elf Jahre führte.

Hans-Peter Kratzer, der HP, genießt die wärmende Herbstsonne auf seiner Terrasse. Müßiggang ist jedoch nicht seine Sache: Der Garten ...
Hans-Peter Kratzer, der HP, genießt die wärmende Herbstsonne auf seiner Terrasse. Müßiggang ist jedoch nicht seine Sache: Der Garten will gepflegt und Freunde getroffen werden. Seine Frau Conny arbeitet im Restaurant Lände in Staad. | Bild: Schuler, Andreas

„Die Entscheidung aufzuhören war genau richtig.“ Im Mai war Schluss mit dem Dasein als Wirtepaar. „Ich werde bald 73 Jahre alt“, erzählt er, „da muss ich mir das nicht mehr antun. Aber ich bin komplett im Reinen und habe mit dem Teufele abgeschlossen.“

Eine angekündigte Pachterhöhung von 15 Prozent, nicht mehr so locker sitzendes Geld bei Gästen nach der kräftezehrenden Pandemie sowie unnötige Unstimmigkeiten mit Nachbarn oder der Stadt sorgten dafür, dass die Kratzers kündigten – sehr zum Bedauern der zahlreichen Stammgäste. Das Inventar aus dieser Zeit haben sie bei einem Garagen-Flohmarkt verkauft.

Conny und Hans-Peter Kratzer vor dem Weinteufele. Fast elf Jahre begrüßten sie hier mit ihrer sympathischen und humorvollen Art ihre Gäste.
Conny und Hans-Peter Kratzer vor dem Weinteufele. Fast elf Jahre begrüßten sie hier mit ihrer sympathischen und humorvollen Art ihre Gäste. | Bild: Scherrer, Aurelia

Trotzdem: Voller Dankbarkeit blickt Hans-Peter Kratzer, der hinter der Theke gerne die Leute unterhielt mit seinem ureigenen Konstanzer Humor und seiner beeindruckenden Schlagfertigkeit, auf die Zeit zurück: „Wir haben so viele tolle Menschen kennengelernt, zu denen wir immer noch Verbindungen haben.“ Noch heute treffen sie Weggefährten aus dieser Zeit, „und dann schwadronieren wir in der Lände in Staad oder im Kreuz in Dettingen über die gute Zeit, die wir miteinander hatten“.

Conny Kratzer ist erst 55 Jahre alt, also rund 18 Jahre jünger als ihr Mann. „Sie arbeitet mittlerweile in der Lände zwei bis drei Tage die Woche“, sagt ihr Mann. „Über Weihnachten und Silvester gehen wir auf die Insel Teneriffa und lassen es gut gehen.“

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Bevor das Ehepaar die Weinstube übernahm, arbeitete Hans-Peter Kratzer für diverse globale Firmen als Ingenieur im Vertrieb unter anderem in Asien, in Konstanz führte er ein Geschäft. Als Ratsherr der Alt-Konstanzer Hansele rief der Ur-Konstanzer jahrelang die Fasnacht aus.

Seit 1999 wohnt das Paar im Eigenheim in Dettingen. „Hier gibt es immer etwas zu tun und jetzt habe ich die Zeit dazu“, sagt HP und greift lachend zur Säge. Eine hartnäckige Wurzel muss entfernt werden. „Und dann möchte ich die Hecke schneiden. Langweilig wird‘s mir also nicht.“

Mit dem Wohnmobil in die weite Welt

Ortswechsel. Der Anruf erreicht Joachim Gretzmeier in Montenegro, wo er mit seiner Frau im Wohnmobil unterwegs ist. Überhaupt ist die fahrbare Wohnung so etwas wie die zweite Heimat des Ehepaars geworden – Frankreich, Italien, Spanien, Kroatien oder jetzt Montenegro, die beiden genießen die gemeinsame Zeit und die Tatsache, dass sie selbst bestimmt leben und andere Länder besuchen können.

Marion und Joachim Gretzmeier vor ihrem Wohnmobil in Montenegro.
Marion und Joachim Gretzmeier vor ihrem Wohnmobil in Montenegro. | Bild: Familie Gretzmeier

Nach 20 Jahren Versicherungsaußendienst und 20 Jahren Gastronomie hat sich der heute 61-Jährige zum 1. Januar 2023 zur Ruhe gesetzt. Er war Geschäftsführer im Pfohl, im Ziegelhof am Gottmannplatz, in der Steinernen Kugel, im Weinglöckle sowie im Clubhaus Lände, dazu gehörte ihm eine Wein- und Getränkehandlung.

So ganz aufgehört mit der Arbeit hat er trotzdem nicht: „Meine Frau Marion und ich haben ebenfalls seit 1. Januar 2023 ein Kleingewerbe angemeldet. Wir bieten kleinen Cateringservice für Geburtstage, Hochzeiten oder Firmenfeiern bis maximal 50 Personen an.“ Alle Geräte und Utensilien hat er noch aus der Zeit davor. Außerdem sind die beiden mit zwei Essensständen auf dem Staader Hafenfest aktiv.

(Archivbild) Joachim Gretzmeier vor dem Weinglöckle in der Konstanzer Inselgasse. 2019 hatte er es übernommen.
(Archivbild) Joachim Gretzmeier vor dem Weinglöckle in der Konstanzer Inselgasse. 2019 hatte er es übernommen. | Bild: Oliver Hanser | SK-Archiv

Doch ganz oben auf ihrer Liste steht das Reisen. „Wir haben uns ein Wohnmobil gekauft und wollen die nächsten Jahre ganz Europa bereisen. Seit Mitte August sind wir in Italien, Kroatien und Montenegro unterwegs.“ Im September mussten sie wieder in Konstanz sein, da warteten zwei Caterings. Danach wollen sie schauen, wo es im Winter hingeht. Über Weihnachten und Neujahr möchten sie jedenfalls wieder bei der Familie in Deutschland sein.

Vermisst er denn die tägliche Arbeit? „Nicht unbedingt“, lautet Joachim Gretzmeiers Antwort, „wir haben ja auch jetzt immer etwas zu tun. Aber das Zusammensein mit den Gästen und die Ansprache mit vielen lieben Menschen, die uns so viele Jahre begleitet haben, das fehlt uns schon.“ Unterm Strich kann er sagen: „Es geht uns gut. Wir denken und hoffen, dass wir alles richtig gemacht haben.“

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„Das Leben ist so schön“, findet Brandy

Das kann Herbert Brand, den alle nur Brandy rufen, auch von sich behaupten – der Anruf des SÜDKURIER erreicht ihn in Hamburg, die Schwiegermutter feiert Geburtstag. „Ich habe alles richtig gemacht. Zu 100 Prozent“, sagt er. „Wenn ich heute sehe, was in der Gastronomie passiert, dann bin ich froh und glücklich, dass ich den Absprung rechtzeitig geschafft habe.“

Ina und Herbert Brand am Nordkap. Sie lieben es zu reisen – und die Zeit nach der Pensionierung. Ina Brand war jahrelang Inhaberin des ...
Ina und Herbert Brand am Nordkap. Sie lieben es zu reisen – und die Zeit nach der Pensionierung. Ina Brand war jahrelang Inhaberin des Restaurants Suppengrün. | Bild: Familie Brand

Die Entwicklung bezeichnet er als „Katastrophe. Heute haben wir 60 bis 70 Prozent Köche aus dem Ausland – überhaupt nichts gegen sie, wir benötigen sie, um die Gastronomie am Leben zu halten und das sind gute Leute. Wir müssen den wunderbaren Beruf Koch auch für unsere jungen Leute attraktiver gestalten, mit besseren Arbeitszeiten und höherem Gehalt“.

Am 1. Juni 2023 war Schluss für ihn als Küchenchef der Schwedenschenke auf der Insel Mainau. „Die Zeit ist jetzt vorüber und ich kann im Rückblick sagen: Es war eine tolle Zeit, einfach fantastisch und ich bin sehr dankbar.“ Über 40 Jahre war er dort aktiv, arbeitete sich hoch bis zum Chef und leitete eine Küchenbrigade von 26 Menschen an. Seine Frau war viele Jahre Inhaberin des Konstanzer Restaurants Suppengrün.

(Archivbild) Herbert Brand vor der Schwedenschenke auf der Insel Mainau, die mehr als 40 Jahre lang seine berufliche Heimat darstellte.
(Archivbild) Herbert Brand vor der Schwedenschenke auf der Insel Mainau, die mehr als 40 Jahre lang seine berufliche Heimat darstellte. | Bild: Andi Schuler | SK-Archiv

Und was macht er heute? „Ich gehe angeln in Norwegen oder auf den See mit meinem Enkel. Für nächstes Jahr haben wir schon Norwegen und Dänemark gebucht – das ist meine Welt.“ Dem Bodensee-Kochverein stellt er regelmäßig und ehrenamtlich seine Erfahrung zur Verfügung. „Wo ich gebraucht werde, gehe ich hin“, sagt Brandy und lacht. „Ich bin jetzt eineinhalb Jahre pensioniert, und es ist ein Traum. Wirklich wahr. Das Leben ist so schön.“