Rheinfelden Die Pläne für den Abriss des ehemaligen Krankenhausgebäudes sind in den vergangenen Tagen in Rheinfelden sowohl auf Zustimmung als auch auf deutliche Kritik gestoßen. Wie berichtet, wird die städtische Wohnbaugesellschaft das Grundstück von der Kliniken GmbH kaufen, um dort ein Wohnquartier zu entwickeln. Dreh- und Angelpunkt der Entscheidung ist eine Machbarkeitsstudie, die Sanierungs- und Umnutzungskosten in Höhe von 68¦Millionen Euro für das Gebäude ergeben hat. In einer Pressemitteilung bezieht die Stadtverwaltung nun Stellung zu der Kritik und nennt weitere Details aus dem Gutachten.

  • So wurden die 68 Millionen Euro berechnet: Nach einer umfassenden Analyse der Bausubstanz sowie der technischen Infrastruktur komme das Gutachten zu dem Schluss, dass für eine mögliche Nachnutzung des Gebäudes als MVZ eine Oberflächensanierung nicht ausreichend sei, sondern eine Kernsanierung erforderlich wäre, heißt es in der Stellungnahme. Als Gründe führe das Gutachten unter anderem die marode Bausubstanz, die Beseitigung schadstoffbelasteter Baustoffe, aufwendige Sanierungsmaßnahmen sowie zwingend vorgeschriebene neue Konzepte für Energie und Brandschutz auf.

Alle Maßnahmen zusammen beliefen sich auf ein geschätztes Gesamtinvestitionsvolumen von 68¦Millionen Euro. Die Summe enthalte alle relevanten Kosten. Neben den Umbau- und Sanierungskosten und dem Grundstückserwerb würden in die Berechnung unter anderem auch die Kosten für einen Teilabbruch und Entkernung, die energetische Sanierung und die Wiederherstellung der Außenanlagen sowie Planungs- und Gutachterkosten, die Kosten für die Finanzierung sowie ein Risikozuschlag einfließen.

So müssten beispielsweise Abbruchkosten (ohne Schadstoffe) in Höhe von rund 2,5¦Millionen Euro auch im Falle einer Nachnutzung angesetzt werden. „Das Krankenhaus müsste auch bei einer Nachnutzung auf den Rohbau zurückgeführt werden, so dass alle Baustoffe wie bei einem Totalabriss beseitigt werden müssen“, heißt es in der Stellungnahme. Die Erneuerung der technischen Anlagen, die größtenteils das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreicht hätten, wird mit rund 15¦Millionen Euro angegeben, und die Kosten für den Umbau werden auf rund 25¦Millionen Euro beziffert.

Hier schlage sich das Thema der Schadstoffbelastung nieder. Der Gutachter schätze aufgrund des Baujahrs die Wahrscheinlichkeit für schadstoffhaltige Materialien als sehr hoch ein, da die Zeit der Errichtung sowie die Zeit in der Maßnahmen am Gebäude durchgeführt wurden in die Zeitspanne der Hochkonjunktur der Gebäudeschadstoffe fielen, schreibt die Stadtverwaltung. Sämtliche Kosten seien auf Basis einer Vor-Ort-Begehung zur Einschätzung des Gebäudezustands sowie Vergleichsprojekten, Kostendatenbanken und Erfahrungswerten ermittelt worden. Anschließend sei eine Anpassung und Hochrechnung auf die Gebäudefläche und das Gebäudevolumen erfolgt.

  • Defizit bei einer Nachnutzung: „Grundsätzlich gilt bei einem solchen Vorhaben, dass es nur seriös umsetzbar ist, wenn es sich wirtschaftlich rechnet, das heißt, wenn sich die Investitionskosten refinanzieren lassen“, wird Oberbürgermeister Klaus Eberhardt in der Mitteilung zitiert. Zur Ermittlung der Ertragspotenziale seien die – im Anschluss an die Revitalisierung – vermietbaren Flächen mit den dazugehörigen Marktmieten bewertet worden. Im Falle des ehemaligen Krankenhausgebäudes könnten laut Gutachten von den insgesamt 13.450¦Quadratmetern nur rund 5.000 effektiv genutzt werden, schreibt die Stadt. Große Teile des Objektes seien Verkehrs- oder Technikflächen, die zwar saniert werden müssen, im Anschluss aber nicht ertragswirksam vermietet werden könnten.

„Berücksichtigt man noch weitere Kostenpunkte wie nichtumlagefähige Betriebskosten, Instandhaltungskosten und weitere Bewirtschaftungskosten verbleibt ein Cashflow, der im aktuellen Marktumfeld nicht ausreichend ist, um ein marktübliches Darlehen für die Gesamtmaßnahme (Zins und Tilgung) zu tragen“, heißt es in dem Statement aus dem Rathaus. Nach Berechnungen des Gutachtens entstünde bei einer möglichen Nachnutzung ein jährliches Defizit von rund 1,6¦Millionen Euro.

  • Zur Investorengruppe: Nach der Schließung des Krankenhauses hatte eine Investorengruppe um Rolf Brugger und Rainer Späne den Kreiskliniken zwei Millionen Euro für das Gebäude und das Areal geboten. Sie hatten angekündigt, rund 30¦Millionen Euro investieren zu wollen, um das ehemalige Kreiskrankenhaus in ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) nebst weiterer Nutzungen umzuwandeln. Das Projekt war aber unter anderem an unterschiedlichen Vorstellungen beim Kaufpreis gescheitert. Im Juli hatte die Investorengruppe erneut ihr Interesse bekundet. „Auf welcher Datengrundlage und Kostenberechnung das Projekt der Investorengruppe basierte entzieht sich unserer Kenntnis“, wird der OB dazu in der Mitteilung zitiert: „Wir als Stadt haben uns um eine neutrale und belastbare Beurteilung eines Experten bemüht und müssen auf dieser Grundlage unsere Entscheidung treffen.“
  • Was hat das Gutachten gekostet? Die Machbarkeitsstudie wurde von der Alea Real GmbH erstellt. Die Immobilienberatungsfirma hat ihren Sitz in Freiburg. Die Studie hat nach Angaben der Stadtverwaltung etwa 20.000¦Euro gekostet. Diese Kosten werden von Stadt und Wohnbau jeweils zur Hälfte getragen, schreibt die Stadtverwaltung auf eine Anfrage dieser Zeitung weiter.
  • Warum veröffentlicht die Stadt das Gutachten nicht vollständig? Die Stadtverwaltung hat eine Anfrage dieser Zeitung auf vollständige Einsicht in das Gutachten abschlägig beschieden. Die Machbarkeitsstudie sei im Auftrag der Stadt erstellt worden und richte sich an die politischen Entscheidungsträger. Sie diene als fachliche Entscheidungsgrundlage innerhalb eines laufenden Verfahrens und Bieterprozesses. Die Studie enthalte interne Bewertungsansätze, Kostengerüste und vergleichende Marktdaten, die nicht für die öffentliche Weitergabe bestimmt seien. Eine Offenlage könne Rückschlüsse auf vertrauliche Geschäfts- und Marktinformationen ermöglichen und eine spätere Vermarktung negativ beeinflussen, schreibt die Stadtverwaltung.
  • Wann der Termin beim Notar? Nach Auskunft der Stadtverwaltung ist noch diese Woche ein Notartermin für den Grundstückskauf angesetzt. Über den Kaufpreis macht die Stadt keine Angaben. „Durch den Verkauf des Areals an die Wohnbau gehört nun das gesamte Gelände quasi der Stadt. Denn die Stadt hatte schon 2019 das Grundstück des ehemaligen Schwesternwohnheims von den Kreiskliniken gekauft“, heißt es in der Mitteilung. Damit könne man die Rahmenbedingungen für die Quartiersentwicklung selbst bestimmen. Mit den Verfahren würden sich die politischen Gremien in den kommenden Monaten auseinandersetzen.

„Ich möchte noch einmal betonen, dass in der Frage der Ausgestaltung des Quartiers noch keinerlei Entscheidungen getroffen wurden“, wird Oberbürgermeister Eberhardt zitiert. Und weiter: „Wir haben lange um die Zukunft des ehemaligen Krankenhauses gerungen und uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache.“

Eberhardt bringt auch seine Freude darüber zum Ausdruck, dass der Gesundheitsförderverein die Stadt beim Aufbau eines Gesundheitszentrums an der Römerstraße unterstützen will. Ebenso würden das einstimmige Votum des Aufsichtsrats der Wohnbau für beide Projekte zuversichtlich stimmen.