Die Salzstangen stehen ansprechend angeordnet auf Beistelltischen, eine Limonade oder eine Rosé-Schorle dazu, je nach Einschätzung, wie lang der Abend werden könnte: Das Junge Forum Konstanz hat sich mit Muße auf seine Versammlung zur Bestimmung der Kandidaten für die Kommunalwahl eingerichtet.
Dass die Organisatoren sich so um das atmosphärische Wohlgefühl ihrer Mitglieder sorgen, lässt ahnen, dass das JFK es an diesem Abend ernst meint: Ernst mit einem gelingenden Start in den Kommunalwahlkampf und damit, dass hier alles nach basisdemokratischen Regeln zugeht. Es kann also länger werden. Wird es auch, als es gleich nach der ersten Vorstellung der Kandidatenliste zu ersten Anträgen kommt.

- Die beiden Kandidatinnen an der Spitze: Der Listenvorschlag, der zur Abstimmung steht, hat klare Akzente gesetzt: An der Spitze stehen zwei Frauen, die bislang kommunalpolitisch noch wenig in Erscheinung getreten sind: Swetlana Wiedenbeck und Agnieszka Vojta. Architektin Swetlana Wiedenbeck will Kinder und Familie in den Fokus ihrer Ratstätigkeit stellen, sollte sie gewählt werden.
„Ich möchte den Familien hier in Konstanz eine Stimme geben und glaube, dass ich dazu beitragen kann, weil ich im Bereich von Kita und Schule bereits engagiert bin“, sagt Wiedenbeck, die selbst zwei Kinder noch im Kindergartenalter hat.
Agnieszka Vojta wiederum sagt über sich selbst, dass sie als Referntin im International Office an der Uni in der akademischen Welt gut vernetzt sei, sich aber ebenso als Mutter zweier jugendlicher Kinder sich für die junge Generation einsetzen will. „Lösungs- und werteorientiert zusammenwachsen“, das ist ihr ein Anliegen. - Bekannte Gesichter aus dem Gemeinderat: Drei der vier jetzigen Stadträte des Jungen Forums folgen auf den Listenplätzen drei, Christine Finke, sechs mit Gabriele Weiner und sieben mit Matthías Schäfer. Das vierte Ratsmitglied, Verena Vögt, hat keine Ambitionen mehr auf eine weitere Amtszeit und kandidiert auf einem hinteren Listenplatz. Auch sonst ist die Liste das Ergebnis akribischer Abwägung und soziologisch ausgetüftelt.

- Änderungswünsche: Ganz ohne Änderung wollen einzelne Mitglieder das politische Strategiewerk dann doch nicht stehenlassen. Musa Cebe, Neumitglied beim JFK und auf Platz 26, soll mit Thorben Spindler tauschen (Platz 19). Begründung: Musa Cebe, der in der Nähe des Münsterplatzes einen vegetarischen Kebapstand betreibt, hat einen sehr hohen Bekanntheitsgrad und deshalb gute Chancen, gewählt zu werden. Die Listenplatzänderung ist Konsens unter den Mitgliedern.
Tobias Helfmann, der auf Listenplatz 33 rangiert, meldet sich und sagt, dass er seinen Platz gern mit Listenplatz 20 tauschen möchte, der von Katrin Zorn belegt ist. Das Ansinnen wird zwar von einigen Mitgliedern unterstützt, andere aber sind skeptisch. Christine Finke, die dafür bekannt ist, die Sache der Frauen zu vertreten, findet es nicht richtig, dass Helfmann einen weiter vorn liegenden Listenplatz auf Kosten einer Frau erhält – und sei es dieser Frau noch so gleichgültig, auf welchem Platz sie kandidiert.
Stefanie Degner, selbst Listenplatz 8, pflichtet Finke bei und argumentiert, dass die Liste nicht umsonst so angelegt wurde, wie sie jetzt präsentiert wird: „Hier haben sich Leute Gedanken gemacht, es liegt eine Strategie dahinter.“ Sie möchte, dass die Liste ab jetzt so erhalten bleibt. Für diesen Antrag stimmt die Mehrheit der Mitglieder.
Einen Listenplatztausch, den Versammlungsleiter Juri Buchmüller beantragt, gibt es schließlich doch noch: Peter Mellen, der über sich selbst sagt, dass sein Netzwerk in Konstanz nicht mehr so groß sei wie einst, räumt seinen Platz 24 zugunsten von Tobias Helfmann. Mellen lässt sich auf Platz 33 setzen. Als diese Feinheiten geklärt sind, geht es schnell: diszipliniert und zügig stimmen die JFK-Mitglieder über die bestehende Liste in Zehner-Blöcken ab: fast einstimmig, jeweils mit einer oder zwei Enthaltungen.

- Wofür steht das Junge Forum? Auch die Inhalte spielen an diesem Abend eine Rolle. Das Wahlprogramm befasst sich mit den Bereichen Wohnen, Verkehr, Kultur, Digitalisierung, Wirtschaft und mit der jungen Generation. Beim zentralen Thema Wohnen wünscht sich das JFK Ausbildungswohnheime und Betriebswohnungen – und fordert die Wobak und die Spitalstiftung und andere Akteure auf, „aus ihrer Komfortzone zu kommen“ und die dringend nötigen Wohnungen zu bauen.
Hoffnungen setzt das JFK darauf, dass der Fachkräftemangel, der sich in der Verwaltung abzeichnet, zum Teil durch digitale Dienste aufgefangen werden kann. So sollen alle öffentlichen Verkehrsmittel in einer Konstanz-App vernetzt werden. Sparmaßnahmen soll es – so sieht es das JFK – künftig auf keinen Fall bei der jungen Generation geben. Stattdessen seien Kita-Plätze auszubauen und die Qualität der Betreuung zu verbessern.
In der Kulturszene möchte das JFK die Mittel des Kulturfonds erhöhen und die freie Kultur besser fördern – für die Bürger soll es eine Konstanz-Karte geben, mit der sie Veranstaltungen ermäßigt besuchen können. Freiräume sind den JFK-Politikern wichtig: angesichts des Klimawandels verlagere sich Freizeit zunehmend nach draußen. Das JFK setzt sich weiterhin für die Abschaffung der Sperrstunde ein.
Nach einem längeren diskussionsfreudigen, aber harmonischen Wahlabend können sich die erfahrenen und die neueren Mitglieder des Jungen Forums entspannen. Die Inhalte sind gesetzt, die vorderen Listenplätze vieler Frauen erfolgreich verteidigt. Tobias Helfmann, jetzt auf Platz 24, hat nun bessere Chancen, die Angelegenheiten der Teilorte zu vertreten. Die Salzbrezeln sind nur noch in kümmerlichen Resten in den Gläsern übrig. Nun liegt es an den Kandidaten, sich den Wählern zu präsentieren und an den Wählern, über Inhalte und Personen zu entscheiden.